AUFSATZ EGV-SZ 1998                                                                             www.schoenbaechler.ch

Kontrolle, Vollstreckung und Vollzug von Verfügungen im Baurecht * +

Von lic. iur. Michael Hagenbuch, Rechtsanwalt, Schwyz

 

1. Einleitung

2. Baubewilligungsverfahren
     2.1.  Baubewilligungspflicht
     2.2.  Verfahren
     2.3.  Koordinationsgrundsatz
             2.3.1. Koordinationsbedarf
             2.3.2. Koordinationspflicht
             2.3.3. Koordination im Baubewilligungsverfahren
     2.4. Wirkungen der Baubewilligung

3. Baukontrolle, Baustopp und Nutzungs-
    verbot sowie nachträgliches Baubewilli-
    gungsverfahren

     3.1. Allgemeines
     3.2. Baukontrolle
            3.2.1. Kontrolle nach Erteilung und Konsumation
                      der Baubewilligung
            3.2.2. Überwachung der baurechtlichen         
                      Bewilligungspflicht
     3.3. Baustopp und Nutzungsverbot sowie
            nachträgliches Baubewilligungsverfahren
            3.3.1. Voraussetzungen
            3.3.2. Inhalt
            3.3.3. Nachträgliches Baubewilligungsverfahren
            3.3.4. Zuständigkeit
                      3.3.4.1. Nachträgliches Baubewilligungs-
                                   verfahren
                      3.3.4.2. Baustopp und Nutzungsverbot
     3.4. Verfahren und Rechtsschutz

4. Wiederinstandstellung
     4.1. Voraussetzungen
     4.2. Umfang der Wiederinstandstellung
     4.3. Zuständigkeit
     4.4. Rechtsschutz

5. Vollstreckung und Vollzug im Baurecht
     5.1. Grundsätze des Vollstreckungsrechts
            5.1.1. Allgemeines
            5.1.2. Im Baurecht
     5.2. Voraussetzungen
     5.3. Vollstreckungsmassnahmen
     5.4. Verfahren
            5.4.1. Selbständige und unselbständige Vollstrek-
                      kungsandrohungen und Vollstreckungs-
                      verfügungen
            5.4.2. Einzelne Zwangsmassnahmen
                      5.4.2.1. Verhältnismässigkeit
                      5.4.2.2. Ordnungsbusse
                      5.4.2.3. Anordnung von Ersatzvornahme und
                                   unmittelbarem Zwang
     5.5. Zuständigkeit
     5.6. Rechtsmittel
            5.6.1. Grundsatz
            5.6.2. Zuständigkeit
            5.6.3. Spezialfälle
     5.7. Kosten
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S. 201

  
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S. 210
 
 
 

S. 213

 

1. Einleitung

Verwaltungsrechtliche Rechte und Pflichten können sich unmittelbar aus einem Rechtssatz ergeben, ohne dass deren Konkretisierung durch eine Verfügung erforderlich wäre1. Meist entstehen solche Rechte oder Pflichten aber erst mittels einer Verfügung2. Verfügungen regeln Rechtsbeziehungen in verbindlicher und erzwingbarer Weise. Kraft ihrer Verfügungskompetenz haben die Behörden das Recht und die Pflicht zu kontrollieren, ob die Adressaten die in ihren Verfügungen getroffenen Anordnungen auch beachten und einhalten. Wenn dem Verfügungsadressaten ein Recht eingeräumt wurde, auf dessen Ausübung er verzichten kann, so muss die Behörde nur kontrollieren, ob er das eingeräumte Recht nicht überschreitet. Wurde er hingegen zu einer bestimmten Tätigkeit verpflichtet, so muss der Staat dafür sorgen, dass er die verlangte Handlung ausführt.

Die überwiegende Mehrheit der Verfügungsadressaten befolgt die von den Behörden getroffenen Anordnungen, ohne dass der Staat zum Mittel des Verwaltungszwanges greifen müsste. Erfüllt ein Verfügungsadressat jedoch die ihm auferlegten Pflichten nicht freiwillig von sich aus, so gebieten Rechtssicherheit und Gleichbehandlungsgebot, dass die Behörde die Erfüllung dieser Pflichten rasch und konsequent zwangsweise durchsetzt. Dies ist das beste Mittel, um potentielle Nachahmer davon abzuhalten, ihnen auferlegte Verpflichtungen zu missachten.

Die Einhaltung und Durchsetzung der massgebenden Vorschriften spielt auch im Baurecht eine zentrale Rolle. Da Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden dürfen3, muss die für die Bewilligungserteilung zuständige Behörde darüber wachen, dass diese Bewilligungspflicht von jedermann beachtet wird. Wurde eine bewilligungspflichtige Baute ohne die erforderliche Bewilligung oder in Abweichung von einer erteilten Bewilligung4 ausgeführt, so erlässt die zuständige Behörde zur Durchsetzung dieser gesetzlichen Pflicht einen Baustopp oder ein Nutzungsverbot und führt ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durch5. Ergibt sich im nachträglichen Baubewilligungsverfahren, dass die Baute gegen materielle Bauvorschriften verstösst, muss die Behörde die zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes erforderlichen Massnahmen anordnen6.

Die kommunalen und kantonalen Behörden taten sich in den letzten Jahren schwer mit der Durchsetzung dieser gesetzlichen Bewilligungspflicht sowie der nachträglichen Durchsetzung der materiellrechtlichen Bauvorschriften. Dies ist nicht verwunderlich, da es sich dabei um unangenehme und meist auch kostspielige Aufgaben handelt. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren die Bewilligung verweigert wird und eine Baute abgebrochen werden muss. Kontrovers beurteilt wurde in der Praxis zudem auch die Frage nach der Zuständigkeit für die Anordnung der weiteren Verfahrensschritte7, wenn ohne Baubewilligung oder in Abweichung von einer erteilten Baubewilligung gebaut wurde. Da nicht klar war, welche Behörde für die Anordnung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens und der erforderlichen Massnahmen für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes zuständig war, unterblieben diese notwendigen Schritte oftmals.

 

2. Baubewilligungsverfahren

Das normale Baubewilligungsverfahren (d.h. das Bewilligungsverfahren vor Baubeginn) gibt unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten meist keine grösseren Probleme auf. Auf eine ausführliche Darstellung dieses Verfahrens wird deshalb verzichtet8. Kurz eingegangen wird auf die Bewilligungspflicht von Bauten und Anlagen, den Koordinationsgrundsatz sowie die Rechtswirkungen einer Baubewilligung, weil diese Aspekte für die Verständlichkeit der folgenden Ausführungen notwendig sind. Diese Fragen spielen insbesondere bei der Baukontrolle, dem nachträglichen Baubewilligungsverfahren, der allfälligen Anordnung von Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes sowie der Vollstreckung eine zentrale Rolle.

 

2.1. Baubewilligungspflicht

Die Bewilligungspflicht für die Erstellung und Änderung von Bauten und Anlagen ergibt sich direkt aus Art. 22 RPG. Welche Bauten und Anlagen bewilligungspflichtig sind, lässt sich weder den Vorschriften des Bundes noch des Kantons direkt entnehmen9. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gelten als Bauten und Anlagen jedenfalls jene künstlich geschaffenen und auf Dauer angelegten Einrichtungen, die in bestimmter fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, die Vorstellung über die Nutzungsordnung zu beeinflussen, sei es, dass sie den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen. Die Baubewilligungspflicht soll der Behörde die Möglichkeit verschaffen, das Bauprojekt vor seiner Ausführung auf die Übereinstimmung mit der raumplanerischen Nutzungsordnung und der übrigen einschlägigen Gesetzgebung zu überprüfen10. Massstab dafür, ob eine Massnahme erheblich genug ist, um sie dem Baubewilligungsverfahren zu unterwerfen, ist daher, ob damit im Allgemeinen, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, so wichtige räumliche Folgen verbunden sind, dass ein Interesse der Öffentlichkeit oder der Nachbarn an einer vorgängigen Kontrolle besteht11.

Bauten und Anlagen12, für deren Erstellung oder Änderung andere Erlasse ein besonderes Bewilligungsverfahren vorsehen, bedürfen keiner Baubewilligung13. Gleiches gilt für provisorische Bauten, wenn sie während der Ausführung von Bauten als Bauinstallation benötigt werden14.

 

2.2. Verfahren

Die Kantone ordnen Zuständigkeiten und Verfahren für die Erteilung einer Baubewilligung15. Baubewilligungen können im Melde-, vereinfachten oder ordentlichen Verfahren erteilt werden16. Baubewilligungsbehörde ist entweder der Gemeinderat17 oder für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen das vom Regierungsrat bezeichnete Amt18.

Unabhängig davon, in welchem Verfahren die Baubewilligung erteilt werden soll, muss für jedes Bauvorhaben ein Baugesuch mit den erforderlichen Unterlagen eingereicht werden19. Im ordentlichen Verfahren wird das Gesuch publiziert und öffentlich aufgelegt, und es ist ein Baugespann zu erstellen20. Im vereinfachten Verfahren wird auf eine Auflage, Publikation und Profilierung verzichtet, indes werden die direkten Anstösser und die zuständigen Bewilligungsinstanzen des Kantons und des Bezirks schriftlich über solche Vorhaben informiert21. Im Meldeverfahren wird das Gesuch ohne Publikation und Auflage und ohne Anzeige an die Anstösser an die kantonale Baukontrolle weitergeleitet22.

Gegen ein Bauvorhaben kann innert 20 Tagen23 öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Einsprache erhoben werden24. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Einsprache auch nachher noch möglich25. Über das Baugesuch und über allfällige öffentlich-rechtliche Einsprachen muss die Bewilligungsbehörde gleichzeitig Beschluss fassen. Die Baubewilligung ist zusammen mit dem Einspracheentscheid allen Parteien gleichzeitig zuzustellen. Gegen Baubewilligung und Einspracheentscheid kann Beschwerde an den Regierungsrat erhoben werden26.

 

2.3. Koordinationsgrundsatz

2.3.1. Koordinationsbedarf

Die Ausführung von Bauvorhaben ist nicht nur Gegenstand der Bau- und Planungsgesetzgebung. Ihre Bewilligung hängt auch von ihrer Beurteilung durch Behörden ab, die auf Grund besonderer Gesetzgebung spezielle Gesichtspunkte zu prüfen haben, wie zum Beispiel Fragen des Umweltschutzes, der Walderhaltung, des Arbeitsrechts27. Solche baurechtlichen Spezialbewilligungen, welche die ordentliche Baubewilligung ergänzen, ergehen in einem separaten Verfahren, für welches eine eigens bezeichnete Behörde sachlich zuständig ist. Dabei ist das Bauvorhaben unter einem besonderen Teilaspekt meist technischer Natur zu prüfen28. Da die verschiedenen für ein Bauvorhaben erforderlichen Bewilligungsverfahren getrennt von den jeweils dafür zuständigen Behörden durchgeführt werden, müssen diese Verfahren sowohl in verfahrensrechtlicher Hinsicht als auch in Bezug auf das inhaltliche Ergebnis koordiniert werden.

2.3.2. Koordinationspflicht

Die vom Bundesgericht entwickelte Koordinationspflicht29 ist im Baubewilligungsverfahren von zentraler Bedeutung30. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung unterscheidet zwischen der materiellen und der formellen Koordination. Die materielle Koordination soll gewährleisten, dass die Rechtsanwendung inhaltlich abgestimmt erfolgt, wenn für die Verwirklichung eines Projektes verschiedene materiellrechtliche Vorschriften an-zuwenden sind und zwischen diesen Vorschriften ein derart enger Sachzusammenhang besteht, dass sie nicht getrennt und unabhängig voneinander angewendet werden dürfen31. Um die verschiedenen anwendbaren Rechtsnormen in einer gesamtheitlichen Betrachtung zu verbinden, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, welche entweder von einer einzigen Behörde vorgenommen wird oder von mehreren Verwaltungseinheiten im gegenseitigen Einvernehmen32. Sind in Anwendung verschiedener Gesetzesbestimmungen mehrere Entscheide notwendig, dürfen diese nicht widersprüchlich sein. Die inhaltliche Abstimmung in der Sache kann nur erreicht werden, wenn die verschiedenen, für die Projektverwirklichung erforderlichen Bewilligungsverfahren und Bewilligungsentscheide auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht abgestimmt, d.h. formell koordiniert werden. In einem Koordinationsverfahren hat die für die Koordination zuständige Behörde dafür zu sorgen, dass sich alle betroffenen Behörden aus ihrer Sicht bzw. unter den in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Aspekten zum geplanten Projekt äussern können.

Im Koordinationsverfahren sind zudem sich allenfalls widersprechende Interessen bzw. Entscheide einer umfassenden Interessenabwägung zuzuführen. Mehrere getrennt zu treffende Entscheide sind gleichzeitig zu eröffnen, am besten gesamthaft und zusammengefasst durch eine einzige Behörde. Die einheitlich und gleichzeitig zugestellten Bewilligungsentscheide müssen in einem einheitlichen Rechtsmittelverfahren angefochten werden können33.

Auf Grund ihrer Bedeutung wurden die Grundsätze der Koordination im Raumplanungsgesetz34 und im kantonalen Planungs- und Baugesetz35 bzw. der dazu gehörenden Vollzugsverordnung36 ausdrücklich gesetzlich verankert. Der Kanton Schwyz kannte zudem schon Vorschriften über die Koordination37, bevor das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung die Grundsätze zur Koordination entwickelt hatte.

2.3.3. Koordination im Baubewilligungsverfahren

In der Vollzugsverordnung zum Planungs- und Baugesetz hat der Regierungsrat die Einzelheiten der Koordination, die Verfahrensabläufe und die Fristen geregelt38.

Die zuständigen Behörden und Amtsstellen sind zur gegenseitigen Information und Koordination verpflichtet39. Im Meldeverfahren sind die der Gemeinde gemeldeten, geringfügigen Bauvorhaben umgehend der kantonalen Baukontrolle weiterzuleiten40. Im vereinfachten Verfahren zeigt die Bewilligungsbehörde das Gesuch den zuständigen Bewilligungsinstanzen des Kantons und des Bezirks an, bevor sie die Bewilligung erteilt41. Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, geschieht dies auch im vereinfachten Verfahren über die kantonale Baukontrolle. Im ordentlichen Verfahren leitet die Gemeinde innert zehn Tagen nach Abschluss der öffentlichen Auflage die vollständigen Gesuchsakten mit ihrem ersten Prüfbericht an die kantonale Baukontrolle weiter42. Die kantonale Baukontrolle sorgt für die beförderliche und koordinierte Zustellung und Behandlung des Baugesuches durch alle zuständigen Instanzen des Bundes, des Kantons sowie des Bezirks und stellt Stellungnahmen und Verfügungen kantonaler Instanzen und des Bezirks gesamthaft der Gemeinde zur Eröffnung an die Parteien zu43. Über Baugesuch und allfällige öffentlich-rechtliche Einsprachen ist gleichzeitig Beschluss zu fassen. Die Baubewilligungsverfügung ist zusammen mit dem Einspracheentscheid allen Parteien gleichzeitig zuzustellen44. Dadurch wird die formelle Koordination im Baubewilligungsverfahren sichergestellt.

Während des kantonalen Koordinationsverfahrens prüft die Bewilligungsbehörde der Gemeinde das Baugesuch auf die Einhaltung der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Planungs- und Bauvorschriften45. An wöchentlichen Koordinationssitzungen wird durch die zuständigen Instanzen beurteilt, ob ein Gesuch grundsätzlich weiter behandelt werden kann oder der Ergänzung bedarf. Die erforderlichen Verfügungen und Stellungnahmen sind innert 14 Tagen nach der Koordinationssitzung der kantonalen Baukontrolle unter Angabe der Gebühren und Kosten zuzustellen. Die kantonale Baukontrolle überprüft die inhaltliche Abstimmung der kantonalen Bewilligungen. Ergibt sich bei einem Bauvorhaben ein Widerspruch zwischen einzelnen Verfügungen oder Stellungnahmen, so erlässt das Justizdepartement einen Gesamtentscheid46. Mit diesem kantonalen Koordinationsverfahren wird die inhaltliche Abstimmung der verschiedenen erforderlichen Bewilligungen sichergestellt.

 

2.4. Wirkungen der Baubewilligung

Die Baubewilligung ist die behördliche Erklärung, dass dem projektierten Bau, für den ein Baugesuch eingereicht wurde, keine Hindernisse aus dem Planungs- und Baurecht entgegenstehen47. Die Baubewilligung gestattet dem Gesuchsteller, die Baute zu errichten, sie bestehen zu lassen sowie sie zu nutzen48.

Gebaut werden darf aber nur, was auch Gegenstand der Bewilligung war. Der Umfang der bewilligten Bauarbeiten ergibt sich einerseits aus dem Wortlaut der Verfügung, anderseits aus den bewilligten Plänen, welche Bestandteil der Baubewilligung sind und mit deren Dispositiv eine Einheit bilden. Der Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens wird durch das Baugesuch festgelegt. Deshalb ist darauf zu achten, dass die Baugesuchsunterlagen vollständig sind49 und den gesetzlichen Anforderungen genügen50. Andernfalls ist vorerst auf die öffentliche Auflage und Publikation des Baugesuchs zu verzichten und der Gesuchsteller aufzufordern, die fehlenden Unterlagen nachzureichen oder die mangelhaften Pläne zu korrigieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass einsprachebefugte Personen sich zu den für die Bewilligung massgebenden Plänen äussern können51. Die Bauausführung muss strikte nach den bewilligten Plänen erfolgen. Ein Abweichen von den bewilligten Plänen hat denn auch ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren zur Folge52. Mit den Bauarbeiten darf erst begonnen werden, wenn die Baubewilligung sowie der Einspracheentscheid rechtskräftig sind53.

 

3. Baukontrolle, Baustopp und Nutzungsverbot sowie nachträgliches Baubewilligungsverfahren

3.1. Allgemeines

Baustopp und Nutzungsverbot sowie das nachträgliche Baubewilligungsverfahren hängen sachlich eng zusammen. Sie setzen voraus, dass bei der Baukontrolle die formelle Rechtswidrigkeit54 einer Baute oder Anlage festgestellt wird. Baustopp und Nutzungsverbot ziehen immer ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren nach sich55. Ein Baustopp oder ein Nutzungsverbot kann nur so lange angeordnet werden, als die vermutlich rechtswidrigen Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen sind oder die mutmasslich rechtswidrige Nutzung noch andauert56. Sind die nicht bewilligten Bauarbeiten bereits abgeschlossen, so ist höchstens noch ein Nutzungsverbot zulässig. Aber auch in einem solchen Fall ist ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durchzuführen.

 

3.2. Baukontrolle

3.2.1. Kontrolle nach Erteilung und Konsumation der Baubewilligung

Art. 22 RPG verlangt – unausgesprochen, von seinem Zweck her aber notwendigerweise – nach Abschluss der Bauarbeiten eine behördliche Kontrolle der ausgeführten Bauten und Anlagen. Dabei ist zu prüfen, ob diese dem Gesetz und der rechtskräftigen Bewilligung entsprechen. Die Kontrolle wird als Bauabnahme ausgestaltet, und ihr positiver Ausgang ist Voraussetzung der Nutzung des Werks57.

Die Gemeinde führt vor Baubeginn eine Kontrolle des Schnurgerüstes sowie der Höhenfixpunkte und nach Bauvollendung die Abnahme der Baute oder Anlage durch. Bei der Bauabnahme prüft sie auch, ob die Bewilligungen kantonaler Instanzen eingehalten sind und meldet allfällige Abweichungen der zuständigen kantonalen Instanz58. Somit überprüft in erster Linie die Gemeinde die Einhaltung von Bewilligungen kantonaler Instanzen. Wo für die Kontrolle ein besonderes Sachwissen verlangt ist, über welches die Gemeinde unter Umständen gar nicht verfügt, erscheint aber ein Beizug der zuständigen kantonalen Instanz für die Baukontrolle angezeigt. Die zuständige kantonale Instanz darf Kraft ihrer Bewilligungskompetenz aber auch selbständig prüfen, ob die von ihr erteilte Bewilligung eingehalten wurde. Selbst wenn die Gemeinde bei der Baukontrolle keine Abweichungen von der Bewilligung einer kantonalen Instanz festgestellt hat, ist letztlich nur die Meinung der zuständigen kantonalen Instanz massgebend, ob die von ihr erteilte Bewilligung eingehalten wurde, weil der Gemeinde als kommunale Bewilligungsinstanz auf diesem Gebiet gar keine Bewilligungskompetenz zukommt. Auch bei Abweichungen von einer erteilten Bewilligung stellt sich die Frage, ob diese bewilligungspflichtig sind, ein Baustopp oder ein Nutzungsverbot zu erlassen und ein nachträgliches Bewilligungsverfahren durchzuführen ist.

3.2.2. Überwachung der baurechtlichen Bewilligungspflicht

Die Baubewilligungsbehörden sind aber auch verpflichtet, regelmässige Kontrollen vorzunehmen, um unbewilligte bauliche Veränderungen feststellen zu können59. Sie können somit auch Bauten überprüfen, von deren Erstellung sie erst nachträglich Kenntnis erhalten haben. Dabei geht es in erster Linie um die Klärung der Frage, ob die bereits erstellte Baute oder die bereits vorgenommene Änderung bewilligungspflichtig und ein nachträgliches Bewilligungsverfahren in die Wege zu leiten ist. Einer solchen Kontrolle unterstehen grundsätzlich alle Bauvorhaben, weil eine bewilligungspflichtige Bautätigkeit erst in Angriff genommen werden darf, wenn alle erforderlichen Bewilligungen vorliegen.

Zu dieser Art von Baukontrolle befugt sind die Baubewilligungsbehörde und die weiteren Instanzen des Bundes, Kantons oder Bezirks, soweit für die ohne Bewilligung erfolgte Bautätigkeit möglicherweise eine in deren Zuständigkeit fallende Bewilligung erforderlich sein könnte. Jede dieser Behörden prüft für ihren Zuständigkeitsbereich bzw. im Rahmen ihrer Bewilligungskompetenz, ob für diese Tätigkeit überhaupt eine Bewilligung erforderlich ist60.

 

3.3. Baustopp und Nutzungsverbot sowie nachträgliches Baubewilligungsverfahren

3.3.1. Voraussetzungen

Die Bewilligungsbehörde verfügt die Einstellung von Bauarbeiten, die ohne Bewilligung in Angriff genommen worden sind oder die der erteilten Bewilligung widersprechen61. Gleichzeitig kann sie, wie bei einer nicht bewilligten Nutzung oder einer Nutzungsänderung ohne bauliche Veränderungen, ein Nutzungsverbot62 erlassen. Voraussetzung für den Baustopp oder das Nutzungsverbot ist die formelle Widerrechtlichkeit der Bautätigkeit oder Nutzung, welche die Bewilligungsbehörde auf Anzeige Dritter oder von Amtes wegen feststellt63.

Formell baurechtswidrig ist eine Baute dann, wenn dafür keine Baubewilligung vorliegt, obwohl eine solche erforderlich ist, oder wenn beim Bauen von einer erteilten Baubewilligung abgewichen wurde64 und die Abweichung selber bewilligungspflichtig ist. Formelle Baurechtswidrigkeit liegt auch dann vor, wenn eine nach Gesetz für die Erstellung oder Änderung einer Baute erforderliche Bewilligung einer Instanz des Kantons oder Bezirks fehlt65 oder wenn beim Bauen von einer solchen Bewilligung abgewichen wurde und die Abweichung bewilligungspflichtig ist66. Sobald für eine bestimmte Bautätigkeit oder Nutzungsänderung eine Sonderbewilligung einer kantonalen Instanz erforderlich ist, ist diese Tätigkeit oder Nutzung zwingend immer auch baubewilligungspflichtig. Das gilt auch dann, wenn diese Bautätigkeit oder Nutzung an einem anderen Standort sonst gar keine kantonale Bewilligung benötigen würde und unter rein baurechtlichen Aspekten bewilligungsfrei zulässig wäre67. Bauarbeiten oder eine Nutzung sind demzufolge bereits dann formell baurechtswidrig, wenn eine einzige dafür notwendige Bewilligung oder Zustimmung einer kantonalen Instanz fehlt oder von einer solchen abgewichen wird.

Beim Baustopp handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme. Er ist als verwaltungsrechtlicher Befehl zur Durchsetzung der Bewilligungspflicht für Bauten und Anlagen zu qualifizieren, welcher regelmässig mit einem nachfolgend einzuleitenden Baubewilligungsverfahren verbunden und dazu geeignet ist, die Wiederherstellung des bisherigen Zustandes sicherzustellen68. Da es sich beim Baustopp um eine jeder Zeit widerruf- und abänderbare Anordnung handelt, die unter Zeitdruck ergeht, genügt der blosse Anschein der Rechtswidrigkeit. Vorausgesetzt sind demnach objektive Anhaltspunkte, die den Verstoss gegen formelles öffentliches Baurecht als naheliegend erscheinen lassen. Ob der Verdacht begründet ist, hat das nachfolgende nachträgliche Baubewilligungsverfahren oder allenfalls ein Rechtsmittelverfahren gegen den Baustopp zu zeigen69. Ob die Anordnung des Baustopps gerechtfertigt war, kann nämlich erst nach Einreichung des nachträglichen Baugesuches abschliessend beurteilt werden, weil die einzureichenden Pläne den formell widerrechtlichen Zustand exakt wiedergeben müssen70. Sind Abweichungen von einer erteilten Bewilligung oder bestimmte Bautätigkeiten und Nutzungen offensichtlich nicht bewilligungspflichtig, darf für diese weder die Einstellung der Bauarbeiten noch ein Nutzungsverbot verfügt, noch ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren angeordnet werden71.

3.3.2. Inhalt

Mit dem Erlass eines Baustopps oder eines Nutzungsverbots wird der Adressat verpflichtet, bestimmte Bautätigkeiten oder Nutzungen unverzüglich einzustellen72. Welche Bauarbeiten oder Nutzungen einzustellen sind, muss in der Verfügung genau bezeichnet werden, wobei der Baustopp oder das Nutzungsverbot auf die vermutlich rechtswidrigen Bauteile zu beschränken ist. Als weitere unmittelbare, verwaltungsrechtliche Folge formell rechtswidriger Bautätigkeit erwächst der Behörde die Pflicht, von Amtes wegen ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durchzuführen73. Die Beseitigung eines Bauwerkes allein wegen seiner formellen Rechtswidrigkeit ist unverhältnismässig74. Mit der Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens wird der Mangel der formellen Baurechtswidrigkeit behoben.

Der Baustopp bzw. der Erlass eines Nutzungsverbotes sowie die Einleitung eines nachträglichen Bewilligungsverfahrens erfolgen immer gemeinsam. In einer solchen Verfügung werden folgende Feststellungen und Anordnungen getroffen:    
a) Die fragliche Bautätigkeit oder Nutzung ist auf Grund einer ersten Beurteilung formell widerrechtlich. D.h., sie ist bewilligungspflichtig, aber ohne Bewilligung oder in Abweichung von einer erteilten Bewilligung erfolgt.    
b) Für diese Bautätigkeit oder Nutzung ist ein nachträgliches Bewilligungsverfahren durchzuführen. Der Bauherr wird aufgefordert, innert einer bestimmten Frist ein Baugesuch für die nicht bewilligte Bautätigkeit oder Nutzung einzureichen.   
c) Dem Bauherrn wird die Weiterführung der Bauarbeiten oder der Nutzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des nachträglichen Bewilligungsverfahrens untersagt.

3.3.3 Nachträgliches Baubewilligungsverfahren

Nach Einreichung der Gesuchsunterlagen für das nachträgliche Bewilligungsverfahren entscheidet die Behörde, ob die Bautätigkeit tatsächlich der Bewilligungspflicht unterliegt oder nicht. Ist dafür weder eine Baubewilligung noch eine Bewilligung oder Zustimmung einer anderen kantonalen zuständigen Instanz erforderlich, so hebt sie die Baueinstellung oder das Nutzungsverbot ganz oder teilweise auf. Wird hingegen die Bewilligungspflicht und damit die Notwendigkeit eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens definitiv bejaht, ist auch darüber zu entscheiden, ob dieses im Meldeverfahren, vereinfachten oder ordentlichen Verfahren durchgeführt werden muss. Reicht der Bauherr trotz entsprechender Aufforderung in der Baustoppverfügung kein Gesuch für ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren ein, so muss die Behörde diesen unter Hinweis auf die Säumnisfolgen an seine Mitwirkungspflichten erinnern und ihn nochmals zur Einreichung eines solchen Gesuches auffordern. Es ist der Behörde verwehrt, die Einreichung des erforderlichen Baugesuchs zwangsweise durchzusetzen75. Weil die Verfahrensherrschaft allein dem Baugesuchsteller zukommt, ist die Baubewilligungsbehörde auch nicht befugt, im Sinne einer Ersatzvornahme selber ein Baugesuch auszuarbeiten und dann mittels Publikation das ordentliche Baubewilligungsverfahren in Gang zu setzen76. Reicht der Bauherr auch nach nochmaliger Aufforderung immer noch kein nachträgliches Baugesuch ein, kann gar keine materiellrechtliche Beurteilung der widerrechtlichen Baute vorgenommen und kein positiver oder negativer Bauentscheid getroffen werden. Ohne nachträglichen Entscheid wird die formelle Widerrechtlichkeit der Baute nicht behoben, weshalb die Voraussetzungen für die Anordnung von Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes77 erfüllt sind. Ein verspätet eingereichtes nachträgliches Baugesuch müsste bei der Vollstreckung eines Abbruchbefehls unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit berücksichtigt werden78.

3.3.4. Zuständigkeit

3.3.4.1. Nachträgliches Baubewilligungsverfahren

Das Planungs- und Baugesetz regelt nicht, welche Behörde die Durchführung eines nachträglichen Bewilligungsverfahrens und die Einreichung eines nachträglichen Baugesuches verlangen kann. Die Kompetenz zur Anordnung eines nachträglichen Bewilligungsverfahrens hängt indes davon ab, welche Behörde entscheidet, ob eine bestimmte Bautätigkeit oder Nutzung überhaupt der Bewilligungspflicht untersteht. Im Zusammenhang mit einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren für ein Vorhaben ausserhalb der Bauzonen hat das Verwaltungsgericht in einem jüngeren Entscheid festgestellt, dass die kommunale Behörde (Gemeinderat) nicht ohne jegliche Mitwirkung der für Bauten ausserhalb der Bauzonen zuständigen kantonalen Behörde79 festlegen darf, in welchen Fällen eine Baute oder Anlage nach Art. 24 RPG bewilligungspflichtig ist und wann nicht. Es liege in erster Linie in der Kompetenz der zuständigen kantonalen Behörde, über die Bewilligungspflicht zu verfügen und das nachträgliche Baubewilligungsverfahren einzuleiten. Diese Behörde könne deshalb ohne Mitwirkung der Gemeinde die Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens verlangen. Die Zuständigkeit der kommunalen Baubewilligungsbehörde zur Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens und zur Anordnung eines Nutzungsverbotes sei grundsätzlich nur dann gegeben, soweit baupolizeiliche Vorschriften in Frage stehen. Wenn in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren neben einer Bewilligung nach Art. 24 RPG auch noch baupolizeiliche Vorschriften beurteilt werden müssten, sei ein koordiniertes Vorgehen beider Behörden sinnvoll80.

Die im Sinne von § 77 Abs. 3 PBG zuständige Behörde entscheidet, ob eine Bewilligung oder Zustimmung von ihr erforderlich ist oder nicht81. Diese Zuständigkeitsregelung gilt nicht nur dann, wenn das Bewilligungsverfahren vor Baubeginn durchgeführt wird. Sie ist auch zu beachten, wenn die Bewilligungspflicht einer bereits erstellten Baute zu beurteilen ist. Bei formell widerrechtlichen Bauten liegt die Zuständigkeit zur Beurteilung der Bewilligungspflicht und zur Anordnung eines nachträglichen Bewilligungsverfahrens bei jener Behörde, welche für die Bewilligungserteilung in einem bestimmten Sachbereich zuständig ist. Zwar kontrolliert die Gemeinde bei der Bauabnahme die Einhaltung der Bewilligungen kantonaler Instanzen und meldet diesen allfällige Abweichungen82. Doch darf sie nicht darüber entscheiden, ob die Abweichung von dieser kantonalen Bewilligung ihrerseits wieder bewilligungspflichtig ist.Weichen die umstrittenen Bauarbeiten von der von einer Instanz des Bundes, Kantons oder Bezirks erteilten Bewilligung oder Zustimmung ab oder wurden sie überhaupt ohne eine solche in Angriff genommen, so entscheidet allein diese Instanz, ob die Bautätigkeit bewilligungspflichtig ist und ob dafür ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durchzuführen ist83. Da in diesen Fällen oftmals auch baupolizeiliche Vorschriften oder die Einhaltung der Bauzonenvorschriften zu beurteilen sind, kann auch die kommunale Baubewilligungsbehörde die Durchführung eines nachträglichen Bewilligungsverfahrens verlangen. Unter Umständen müssen dann verschiedene Behörden oder Amtsstellen beurteilen, ob aus ihrer Sicht ein nachträgliches Bewilligungsverfahren durchzuführen ist. Sie können dabei zu gegensätzlichen Schlussfolgerungen kommen, weil die Voraussetzungen für die Bewilligungspflicht für die verschiedenen Sachgebiete unterschiedlich geregelt sein können. Sind für die Erstellung einer Baute oder Anlage mehrere Bewilligungen erforderlich, und erachten verschiedene Behörden ein nachträgliches Bewilligungsverfahren als angezeigt, so muss die Einleitung des nachträglichen Bewilligungsverfahrens koordiniert werden. Mehrere Verfügungen von verschiedenen sachlich zuständigen Be-hörden, in denen die Durchführung eines nachträglichen Bewilligungsverfahrens angeordnet wird, sollen dem Betroffenen sinnvollerweise gemeinsam durch die Baubewilligungsbehörde eröffnet werden.

3.3.4.2. Baustopp und Nutzungsverbot

Das Planungs- und Baugesetz gibt keine eindeutige Antwort auf die Frage, welche Behörde einen Baustopp bzw. ein Nutzungsverbot anordnen kann. § 87 PBG räumt diese Kompetenz der Bewilligungsbehörde ein. Vom Wortlaut dieser Bestimmung her kann davon ausgegangen werden, dass grundsätzlich der Gemeinderat als Bewilligungsbehörde84 zum Erlass eines Baustopps zuständig ist. Soweit es dabei um Bauvorhaben geht, welche innerhalb der Bauzonen liegen, ist diese Zuständigkeit nicht umstritten. Indes hat das Verwaltungsgericht im oben zitierten Entscheid85 angedeutet, dass bei Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen die kommunale Bewilligungsbehörde nur insoweit die Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens verlangen und einen Baustopp anordnen kann, als baupolizeiliche Fragen zur Diskussion stehen. Primär kommen diese Kompetenzen hingegen der zuständigen kantonalen Behörde zu.

Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen bedürfen einer Raumplanungsbewilligung des vom Regierungsrat bezeichneten Amtes. Der kommunalen Bewilligungsbehörde verbleibt lediglich noch die Kompetenz, das Bauvorhaben auf Einhaltung der baupolizeilichen Vorschriften zu beurteilen86. Die für die Raumplanungsbewilligung zuständige kantonale Instanz ist somit im Planungs- und Baugesetz und in der Vollzugsverordnung selber unter genauer Angabe des Zuständigkeitsbereiches als Bewilligungsbehörde aufgeführt. Es ist deshalb zutreffend, dass die zuständige kantonale Behörde gestützt auf § 87 Abs. 1 PBG in ihrem Zuständigkeitsbereich auch zum Erlass eines Baustopps befugt ist. Da bei Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen neben der Raumplanungsbewilligung meist auch noch baupolizeiliche Aspekte zu beurteilen sind, ist bei solchen Vorhaben neben der zuständigen kantonalen Instanz in der Regel auch der Gemeinderat als Baubewilligungsbehörde zum Erlass eines Baustopps oder eines Nutzungsverbotes befugt. Sind jedoch zwei verschiedene Behörden zur Anordnung eines Baustopps oder eines Nutzungsverbotes zuständig, so müssen diese Behörden ihr Vorgehen koordinieren. Es erscheint aber fraglich, ob sich die vom Verwaltungsgericht für einen Baustopp bei Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen entwickelte Rechtsprechung auch auf jene Fälle übertragen lässt, in denen eine andere Behörde im Sinne von § 77 Abs. 3 PBG neben der Baubewilligung eine eigene Teilbewilligung zu erteilen hat. Wie oben dargelegt, sind diese Behörden zwar befugt, die Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens zu verlangen. Indes sind sie nicht Bewilligungsbehörde im Sinne von § 76 PBG und deshalb m.E. nicht berechtigt, von sich aus gestützt auf § 87 Abs. 1 PBG87 einen Baustopp zu verfügen. Vielmehr haben sie bei der zuständigen Bewilligungsbehörde ein entsprechendes Gesuch zu stellen. Weigert sich diese, dem Gesuch um Erlass eines Baustopps zu entsprechen, so kann die ersuchende Behörde diese Massnahme bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beantragen.

 

3.4. Verfahren und Rechtsschutz

Beim Baustopp und dem Nutzungsverbot handelt es sich um vorsorgliche Verwaltungsmassnahmen, die nur vorübergehende Wirkungen entfalten und durch definitive Massnahmen abgelöst werden müssen. Dadurch wird der Verfügungsadressat verpflichtet, formell oder materiell widerrechtliche Bauarbeiten und Nutzungen sofort einzustellen, damit nicht bis zur endgültigen Beurteilung eines nachträglichen Baugesuchs oder bis zum Erlass einer Abänderungs- oder Beseitigungsverfügung vollendete Tatsachen geschaffen werden88. Ist der Gemeinderat als Bewilligungsbehörde für den Erlass eines Baustopps zuständig und kann er nicht rechtzeitig einberufen werden, so ist der Gemeindepräsident zu vorsorglichen Anordnungen verpflichtet89. Notfalls kann diese Anordnung münd lich erfolgen, muss aber anschliessend noch schriftlich bestätigt werden90. Präsidial erlassene Verfügungen sind an der nächsten Sitzung dem Gemeinderat (im Falle von § 76 Abs. 1 Satz 2 PBG der Baukommission) zur Genehmigung zu unterbreiten91. Wenn die Umstände es erlauben, ist der Betroffene vor dem Baustopp oder dem Nutzungsverbot grundsätzlich anzuhören. Bei besonderer Dringlichkeit darf jedoch darauf verzichtet werden92.

Gegen einen von der zuständigen Behörde als vorsorgliche Massnahme angeordneten Baustopp ist die Beschwerde an den Regierungsrat zulässig, soweit eine solche Verfügung nicht mit Einsprache angefochten werden kann93. Hat die Behörde jedoch gestützt auf § 23 Abs. 2 VRP in

einem dringlichen Fall den Baustopp als vorsorgliche Massnahme sofort94 angeordnet, so kann der Betroffene gegen diese Anordnung Einsprache bei der erlassenden Behörde erheben95. Mit diesem Einspracheverfahren soll die zuvor unterlassene Anhörung des Betroffenen nachgeholt werden.

Eine gegen den Baustopp gerichtete Beschwerde hat im Übrigen nicht zur Folge, dass die Bauarbeiten fortgesetzt werden dürfen96. Sinngemäss gilt dies auch dann, wenn dem Betroffenen die Einsprache zur Verfügung steht.

 

4. Wiederinstandstellung

4.1. Voraussetzungen

Die Bewilligungsbehörde verfügt auf Kosten des Bauherrn die Abänderung oder Entfernung von widerrechtlichen Bauten und Anlagen, sofern die Abweichung gegenüber den Bauvorschriften nicht bedeutungslos ist97. Unabdingbare Voraussetzung für eine Wiederinstandstellung ist, dass die Baute formell und materiell rechtswidrig ist98. Massnahmen zur Wiederinstandstellung sind nicht zulässig, wenn eine Baute zwar materiell baurechtswidrig ist, indes für diese eine rechtskräftige Bewilligung erteilt wurde. Vor der Anordnung der Beseitigung oder Abänderung dieser Baute müsste vorweg die rechtskräftige Bewilligung widerrufen werden99. Ebensowenig kommt eine Wiederinstandstellung in Frage, wenn die ohne Bewilligung erstellte Baute materiell baurechtskonform ist und nachträglich bewilligt werden kann.

Die Voraussetzungen für eine Wiederinstandstellung sind hingegen dann gegeben, wenn sich der Bauherr weigert, ein nachträgliches Baugesuch einzureichen100. Erst mit der Durchführung des nachträglichen Baubewilligungsverfahrens wird der Verstoss gegen das formelle Baurecht behoben. In diesem Verfahren wird nachträglich beurteilt, ob die bereits erstellte Baute mit den materiellen Bauvorschriften übereinstimmt. Steht sie in Einklang mit diesen, ist die Bewilligung nachträglich zu erteilen und der rechtmässige Zustand damit hergestellt. Verstösst die formell widerrechtliche Baute jedoch auch gegen die materiellrechtlichen Bauvorschriften, muss die Behörde die nachträgliche Bewilligung verweigern und die für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes erforderlichen Massnahmen anordnen, sofern nicht eine Ausnahmesituation gegeben ist und eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann. Zudem kann die Bewilligungsbehörde auch Strafanzeige gegen den formell widerrechtlich bauenden Bauherrn einreichen101.

 

4.2. Umfang der Wiederinstandstellung

Welche Massnahmen zur Beseitigung rechtswidriger Zustände ergriffen werden, hat die zuständige Behörde unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips zu entscheiden102. Die angeordnete Massnahme muss geeignetes und notwendiges Mittel sein, um die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes zu erreichen103. Es ist somit die mildeste geeignete Massnahme anzuordnen, welche für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes erforderlich ist. An die Eignung und Erforderlichkeit einer solchen Massnahme werden praxisgemäss keine allzu strengen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn diese mit einiger Wahrscheinlich keit zur Behebung der Rechtsverletzung führt104. Zudem muss die Massnahme in einem vernünftigen Verhältnis zu den Freiheitsbeschränkungen stehen, die dem Bürger auferlegt werden. Der Verhältnismässigkeitsgrundsatz kommt auch darin deutlich zum Ausdruck, dass die Behörde auf die Anordnung der Abänderung oder Entfernung widerrechtlicher Bauten und Anlagen verzichten kann, wenn die Abweichungen gegenüber den Bauvorschriften bedeutungslos sind105. Auf die Wiederinstandstellung darf die Behörde jedoch nur in Ausnahmefällen und bei wirklich geringfügigen Verstössen106 gegen die Bauvorschriften verzichten, weil ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Einhaltung und Durchsetzung der Bauvorschriften besteht107.

Bei der Wahl der Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes steht der rechtsanwendenden Behörde ein sogenanntes Auswahlermessen zu108. In der Regel wird die Behörde zu diesem Zweck die Beseitigung (Abbruch) oder Abänderung der widerrechtlichen Baute anordnen oder ein dauerhaftes Nutzungsverbot verfügen. Dabei muss sie darauf achten, dass die Abbruchverfügung klar ist und darin unmissverständlich aufgezeigt wird, welche Bauteile abzubrechen oder vom Nutzungsverbot betroffen sind109.

 

4.3. Zuständigkeit

Bevor Massnahmen zur Wiederinstandstellung angeordnet werden, wird vorgängig in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren die materielle Rechtmässigkeit der formell widerrechtlichen Baute beurteilt. Verweigert die zuständige Behörde die nachträgliche Bewilligung wegen materieller Rechtswidrigkeit, muss sie gleichzeitig die für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes erforderlichen Massnahmen anordnen. Die Zuständigkeit für die Anordnung von solchen Massnahmen liegt somit bei der Behörde, welche die materielle Rechtmässigkeit der ohne oder in Abweichung von einer erteilten Bewilligung erstellten Baute zu beurteilen hat. Allein diese Behörde kann auch entscheiden, welche Massnahmen erforderlich sind, damit der rechtmässige Zustand wieder hergestellt werden kann.

Für das nachträgliche Baubewilligungsverfahren gelten grundsätzlich dieselben Verfahrensvorschriften wie für ein Baubewilligungsverfahren, welches vor Baubeginn durchgeführt wird. Auch für bereits erstellte Bauvorhaben können unter Umständen Bewilligungen oder Zustimmungen verschiedener Behörden erforderlich sein110. Verweigert in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren eine der zuständigen Behörden die erforderliche Bewilligung oder Zustimmung, so ist diese auch verpflichtet, die aus ihrer Sicht erforderlichen Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes anzuordnen. Demzufolge können verschiedene Behörden gleichzeitig zur Anordnung von solchen Massnahmen befugt sein. Die von verschiedenen Behörden angeordneten Massnahmen zur Wiederinstandstellung, welche je nach Zuständigkeitsbereich bzw. Sachgebiet sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht sehr unterschiedlich sein können, sind zu koordinieren111. Nur auf diese Weise können sich widersprechende Entscheide bzw. Massnahmen zur Wiederinstandstellung verhindert werden.

Reicht der Bauherr kein nachträgliches Baugesuch ein, so kann auch kein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durchgeführt und die materielle Rechtmässigkeit nicht beurteilt werden. Die Beseitigung der formellen Rechtswidrigkeit erfolgt dann durch die Anordnung des Abbruchs der nicht bewilligten Baute. Den Abbruch ordnet die Behörde an, welche die materielle Rechtmässigkeit der Baute beurteilen müsste und in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens festgestellt und den Bauherrn zur Einreichung des nachträglichen Baugesuches verpflichtet hat. Da verschiedene Behörden die Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens verlangen112 und für die materielle Beurteilung zuständig sein können, muss auch der Abbruch bei fehlendem nachträglichem Baugesuch formell und materiell koordiniert werden, soweit dies trotz fehlendem Baugesuch möglich ist.

 

4.4. Rechtsschutz

Werden im nachträglichen Baubewilligungsverfahren die Bewilligung für die bereits erstellte widerrechtliche Baute oder Anlage verweigert und die für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes notwendigen Massnahmen angeordnet, kann der Betroffene sowohl gegen die Verweigerung der nachträglichen Baubewilligung als auch gegen die angeordneten Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes Beschwerde an den Regierungsrat erheben113.

 

5. Vollstreckung und Vollzug im Baurecht

5.1. Grundsätze des Vollstreckungsrechts

5.1.1. Allgemeines

Verwaltungsrechtliche Sanktionen sind die Mittel, mit welchen die Erfüllung von verwaltungsrechtlichen Pflichten erzwungen wird. Sie sind unerlässlich, da der Staat grundsätzlich nicht auf die Erfüllung von verwaltungsrechtlichen Pflichten verzichten kann. Der Verwaltungszwang bezweckt deren Erfüllung und letztlich damit die Durchsetzung der Rechtsordnung114. Die Vollstreckungsfrage stellt sich jedoch nur dann, wenn der Verfügungsadressat zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden verpflichtet ist und er seine Verpflichtung nicht freiwillig erfüllt115.

Zu unterscheiden sind dabei exekutorische und repressive Massnahmen. Exekutorische Massnahmen bezwecken die unmittelbare Durchsetzung bzw. die Realerfüllung verwaltungsrechtlicher Pflichten. Mit repressiven Massnahmen werden die verwaltungsrechtlichen Pflichten nur mittelbar erzwungen. Durch Androhung von administrativen Rechtsnachteilen wird Druck auf den Pflichtigen ausgeübt, um diesen zu veranlassen, inskünftig seine verwaltungsrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Zu den exekutorischen Massnahmen zählen die Schuldbetreibung, die Ersatzvornahme und der unmittelbare Zwang gegen den Pflichtigen oder seine Sachen, zu den repressiven die Ordnungsbusse sowie die Verwaltungsstrafen116.

5.1.2. Im Baurecht

Legalitätsprinzip, öffentliches Interesse und Gleichheitsgrundsatz verlangen, dass die Behörde gegen eine erkannte Baurechtswidrigkeit einschreitet und rechtskräftig verfügte Zwangsmassnahmen tatsächlich vollzieht117. So muss die Behörde nicht nur gegen formell und materiell rechtswidrige Bauten einschreiten und die für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes notwendigen Massnahmen anordnen. Sie muss diese Massnahmen auch durchsetzen bzw. vollstrecken. Abbruch- und Beseitigungsbefehl sind auf die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes gerichtet, stellen also restitutorische Massnahmen dar. Gegenüber der ursprünglichen Pflicht, nach den Bauvorschriften zu bauen, begründen sie eine neue Pflicht, nämlich die Pflicht zum Abbruch bzw. zur Beseitigung widerrechtlich erstellter Bauten und Einrichtungen118. Diese Pflicht kann dann Gegenstand eines Vollstreckungsverfahrens werden. Pflichten können dem Adressaten auch in Nebenbestimmungen zu einem Verwaltungsakt auferlegt werden. Deshalb sind verpflichtende Nebenbestimmungen einer formell rechtskräftigen Baubewilligung nötigenfalls auf dem Vollstreckungsweg durchzusetzen, wenn die Baubewilligung konsumiert wurde119.

Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes bei formell und materiell widerrechtlichen Bauten sind keine Vollstreckungsmassnahmen120. Massnahmen zur Wiederinstandstellung werden von der zuständigen Behörde im nachträglichen Baubewilligungsverfahren angeordnet. Im Vollstreckungsverfahren dürfen grundsätzlich keine derartigen materiellrechtlichen Entscheide getroffen werden. Im Vollstreckungsverfahren wird nur festgelegt, auf welche Weise die im nachträglichen Baubewilligungsverfahren getroffenen Anordnungen durchgesetzt werden sollen. Die Vollstreckung rechtskräftiger Baubewilligungs- und Wiederinstandstellungsverfügungen ist weder im Planungs- und Baugesetz noch in den Ausführungserlassen geregelt. Auf das Baubewilligungsverfahren finden indes generell die Vorschriften der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege Anwendung121. Für die Vollstreckung von Verfügungen und Entscheiden sind die am 14. Dezember 1995 geänderten bzw. neu eingefügten §§ 76 bis 79a VRP122 massgebend. Auf die ihrer Natur nach sofort vollstreckbaren Verfügungen sind diese Bestimmungen bzw. die Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege generell nicht anwendbar123.

 

5.2. Voraussetzungen

Verfügungen und Entscheide sind vollstreckbar, wenn sie nicht mehr durch Einsprache, Verwaltungsbeschwerde oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden können, wenn diesen Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung zukommt, oder wenn ihnen die aufschiebende Wirkung entzogen wurde124.

Vollstreckbar sind einerseits formell rechtskräftige Verfügungen125, d.h. Verfügungen, gegen welche gar kein Rechtsmittel mehr zur Verfügung steht oder gegen welche innert Frist kein Rechtsmittel ergriffen wurde. Anderseits sind aber auch solche Verfügungen vollstreckbar, gegen welche ein Rechtsmittel ohne aufschiebende Wirkung ergriffen wurde, solange nicht die Rechtsmittelinstanz diesem Rechtsmittel als vorsorgliche Verfügung die aufschiebende Wirkung gewährt hat126. Ebenso sind Verfügungen vollstreckbar, wenn dem dagegen zulässigen Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung entzogen wurde127 und die Rechtsmittelinstanz die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels nicht wieder hergestellt hat. Mit der Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird die Vollstreckbarkeit der Verfügung gehemmt. Wird ein Rechtsmittel ergriffen, dem die aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen fehlt oder durch die Vorinstanz entzogen wurde, so sollte zumindest so lange mit der Vollstreckung der angefochtenen Verfügung zugewartet werden, bis die Rechtsmittelinstanz über eine allfällige Gewährung der aufschiebenden Wirkung entschieden hat128, sofern nicht ernsthafte Gründe einen umgehenden Vollzug der getroffenen Anordnung verlangen.

Währenddem die Anordnung der Vollstreckung nur in diesen Fällen zulässig ist, lässt das Gesetz die Androhung von Vollstreckungsmassnahmen bereits dann zu, wenn eine Verfügung noch nicht rechtskräftig ist. Deshalb können Vollstreckungsandrohungen zusammen mit der ihnen zu Grunde liegenden Sachverfügung erlassen werden129.

 

5.3. Vollstreckungsmassnahmen

Zu den Vollstreckungsmassnahmen zählen die Schuldbetreibung, die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen, der unmittelbare Zwang gegen den Pflichtigen und seine Sachen sowie die Ordnungsbusse für jeden Tag bis zur Erfüllung130. Die Schuldbetreibung für Geldzahlungen und Sicherheitsleistungen ist für die Vollstreckung im Baurecht von untergeordneter Bedeutung131, weshalb darauf nicht näher eingegangen wird.

Als weitere repressive Zwangsmittel, um den Verfügungsadressaten zur Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten zu bewegen, kann eine Bestrafung nach Art. 292 StGB bzw. nach Massgabe des Verwaltungsstrafrechts erfolgen132. Dabei handelt es sich nach der Konzeption der Schwyzer Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege nicht um eigentliche Vollstreckungsmassnahmen, sondern um repressive Sanktionen mit Strafcharakter. Eine Bestrafung nach Art. 292 StGB wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen setzt voraus, dass in der an den Pflichtigen gerichteten Verfügung explizit auf die in Art. 292 StGB enthaltene Strafandrohung verwiesen wird133. Wie bei Widerhandlungen gegen das Planungs- und Baugesetz134 darf die Bewilligungsbehörde auch bei einer Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB den Verfügungsempfänger nicht selber bestrafen. Dessen Bestrafung nach Art. 292 StGB bzw. § 92 PBG obliegt allein dem Strafrichter. Die Verwaltungsbehörde kann135 den Verfügungsempfänger bei den Strafverfolgungsbehörden136 zur Anzeige bringen137.

 

5.4. Verfahren

5.4.1. Selbständige und unselbständige Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen

Es besteht eine Funktionsteilung zwischen Entscheidungs- und Vollstreckungsverfahren. Im Entscheidungsverfahren wird über den Bestand oder Nichtbestand öffentlicher Rechte und Pflichten, im Vollstreckungsverfahren über die Art und Weise der Durchsetzung entschieden. Ergebnis des Entscheidungsverfahrens ist die Sachverfügung, jenes des Vollstreckungsverfahrens die Vollstreckungsverfügung138.

Unter dem Oberbegriff der Vollstreckung wird zwischen Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen unterschieden139. Vor der Anordnung der Ersatzvornahme, des unmittelbaren Zwangs oder der Ordnungsbusse muss der Pflichtige unter Ansetzung einer Frist zur Erfüllung aufgefordert werden, wenn nicht Gefahr in Verzug ist140. Bevor also zur eigentlichen Vollstreckung geschritten wird, setzt die zuständige Behörde dem Pflichtigen eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung seiner in der Sachverfügung genau umschriebenen verwaltungsrechtlichen Pflichten. Zusammen mit dieser Aufforderung zur Erfüllung teilt sie dem Pflichtigen im Sinne einer Androhung auch mit, welche Vollstreckungsmassnahmen sie anordnen wird, wenn er seine Verpflichtungen überhaupt nicht oder nicht fristgerecht erfüllt141. Bei Vollstreckungsverfügungen, zu denen auch die Vollstreckungsandrohungen gehören, besteht keine Anhörungspflicht142.

Die Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege unterscheidet zwischen selbständigen und unselbständigen Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen143. Die unselbständige Vollstreckungsandrohung oder Vollstreckungsverfügung erfolgt zeitgleich mit der Sachverfügung und ergeht in der Regel zusammen mit der Sachverfügung in einem einzigen Beschluss. Demgegenüber wird die selbständige Vollstreckungsandrohung oder Vollstreckungsverfügung zeitlich nach der Sachverfügung erlassen. Der Vollzug der selbständigen Vollstreckungsverfügung setzt die Vollstreckbarkeit der Sachverfügung voraus. In der Regel ist dies erst (aber immer) dann der Fall, wenn die Sachverfügung nicht mehr durch ein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden kann144. Ob die Vollstreckungsandrohung oder die Vollstreckungsverfügung selbständig oder zusammen mit der Sachverfügung erlassen wurde, ist im Hinblick auf das zulässige Rechtsmittel von entscheidender Bedeutung145.Wenn die Behörde in einem nachträglichen Bewilligungsverfahren den Bauherrn zur Beseitigung oder zum Teilabbruch einer Baute verpflichtet (Sachverfügung) und diesem gleichzeitig für den Fall der Nichterfüllung dieser Pflicht innert einer bestimmten Frist Ordnungsbusse, Ersatzvornahme oder Zwang androht, handelt es sich um den klassischen Fall einer unselbständigen Vollstreckungsandrohung. Für die Durchsetzung rechtskräftiger Baubewilligungen bzw. ihrer Nebenbestimmungen werden selbständige Vollstreckungsandrohungen erlassen.

5.4.2. Einzelne Zwangsmassnahmen

5.4.2.1. Verhältnismässigkeit

Bei der Durchführung von Vollstreckungs- und Vollzugsmassnahmen muss die Verwaltung in Beachtung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes zweckmässig und schonend vorgehen146. Dem Verhältnismässigkeitsprinzip entsprechend muss die Behörde vorab jene Massnahmen treffen, die den Pflichtigen allenfalls zur eigenhändigen Erfüllung der ihm auferlegten Pflichten veranlassen können. Dazu zählen die Einräumung einer Frist zur freiwilligen Erfüllung und die Androhung von Vollstreckungsmassnahmen für den Fall der Nichterfüllung.

5.4.2.2. Ordnungsbusse

Da die Ordnungsbusse ebenfalls darauf abzielt, den Pflichtigen zur eigenhändigen Erfüllung seiner Pflichten zu bewegen, geht sie als mildere Massnahme der direkten Anordnung der Ersatzvornahme oder dem unmittelbaren Zwang gegen den Pflichtigen oder seine Sachen vor. Bei dieser Vollstreckungsmassnahme wird dem Pflichtigen eine Frist zur Erfüllung gesetzt und für jeden Tag der Nichterfüllung eine Ordnungsbusse von maximal 500 Franken angedroht147. Im Gegensatz zur Ersatzvornahme oder zum unmittelbaren Zwang gegen den Pflichtigen bedarf die Ordnungsbusse nach ihrer Androhung nur noch insoweit der Konkretisierung, als die Behörde nach der Vollstreckungsandrohung die angedrohte Ordnungsbusse nur noch periodisch festsetzen und eintreiben muss. Wenn die Ordnungsbusse den Pflichtigen auch spätestens nach 90 Tagen nicht zur Erfüllung anzuhalten vermag, muss die Behörde einschneidendere Massnahmen anordnen und die vollstreckbare Verfügung oder den vollstreckbaren Entscheid mittels Ersatzvornahme oder unmittelbarem Zwang durchsetzen148.

Ist schon im Voraus klar, dass sich der Pflichtige auch durch eine Ordnungsbusse nicht zur Erfüllung seiner Pflichten bewegen lässt, kann die Behörde ohne Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes auf die Androhung, Festsetzung und Eintreibung der Ordnungsbusse verzichten. In diesem Fall ist das Instrument der Ordnungsbusse nicht geeignet, um die Erfüllung der Pflicht durchzusetzen, weshalb die Behörde direkt die Ersatzvornahme oder den unmittelbaren Zwang gegen den Pflichtigen androhen und anordnen kann149. Gleiches gilt, wenn der Pflichtige seine Pflicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllen muss und nicht klar ist, ob die Ordnungsbusse ihn zur fristgerechten Erfüllung bewegen kann. In solchen Fällen zeitlicher Dringlichkeit kann auf die Androhung, Festsetzung und Eintreibung einer Ordnungsbusse ebenfalls verzichtet werden und direkt zur angedrohten Ersatzvornahme oder zum angedrohten unmittelbaren Zwang geschritten werden.

5.4.2.3 Anordnung von Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang

Erfüllt der Pflichtige seine Pflichten trotz Androhung von Vollstreckungsmassnahmen und Ausfällung einer Ordnungsbusse nicht innert der gesetzten Frist, so muss die Behörde die weiteren notwendigen Vollstreckungsmassnahmen in einer Vollstreckungsverfügung anordnen. Die Behörde kann in der Vollstreckungsverfügung nur eine bereits in der Vollstreckungsandrohung enthaltene Vollstreckungsmassnahme anordnen. Welche der angedrohten Massnahmen sie für den Fall der Nichterfüllung durch den Pflichtigen dann anordnen darf, ist eine Frage der Verhältnismässigkeit. In der Vollstreckungsverfügung konkretisiert die Behörde die vorgängig erlassene Vollstreckungsandrohung und den Eingriff in die Rechtsstellung des Pflichtigen, indem sie im Einzelnen die genauen Modalitäten für die Durchführung der Ersatzvornahme oder die Ausübung des unmittelbaren Zwangs gegen den Pflichtigen oder seine Sachen festlegt150. Der Umfang des Eingriffs muss für den Betroffenen daraus klar hervorgehen. Anschliessend wird die Vollstreckungsmassnahme real vollzogen.

 

5.5. Zuständigkeit

Die Vollstreckung obliegt der Behörde, welche die Verfügung oder den Entscheid erstinstanzlich erlassen hat151. Waren in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren erstinstanzlich mehrere Teilbewilligungen verschiedener Behörden erforderlich, so lässt sich auf Grund dieser Bestimmung die Frage nach der Zuständigkeit für die Vollstreckung der angeordneten Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes nicht ohne weiteres beantworten. Insbesondere ist nicht klar, ob jede dieser Behörden für die Vollstreckung der in ihrer Teilbewilligung getroffenen Anordnungen selber zuständig ist. Auf jeden Fall würde es gegen das Koordinationsgebot verstossen, wenn jede Behörde selber für die Vollstreckung der von ihr erlassenen Massnahmen zur Wiederinstandstellung zuständig wäre. Deshalb muss auch das Vollstreckungsverfahren (Androhung und Anordnung von Vollstreckungsmassnahmen, Vollzug) formell und materiell koordiniert werden.

§ 79 Abs. 2 VRP hält ausdrücklich fest, dass eine Vollstreckungsandrohung mit der Verfügung oder selbständig erlassen werden kann. Im nachträglichen Baubewilligungsverfahren kann somit die zuständige Instanz in ihrer Sachverfügung zusammen mit den erforderlichen Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes auch eine Frist zur Erfüllung ansetzen und Vollstreckungsmassnahmen androhen. Werden dabei von verschiedenen Behörden unterschiedliche Massnahmen zur Wiederinstandstellung und unterschiedliche Fristen für die Durchführung dieser Massnahmen angeordnet sowie unterschiedliche Vollstreckungsmassnahmen angedroht, so müssen diese in dem dafür vorgesehenen Verfahren formell und materiell koordiniert werden152. Verzichten die Instanzen des Kantons oder Bezirks in ihren Verfügungen auf die Androhung von Vollstreckungsmassnahmen, so ordnet die Baubewilligungsbehörde153 in der nachträglichen Baubewilligung von sich aus das Notwendige an, da ihr diese Kompetenz ebenfalls zusteht. Wenn in der nachträglichen Baubewilligung bzw. in den dazugehörenden Teilbewilligungen zwar Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes angeordnet wurden, jedoch in diesen Verfügungen auf die Androhung von Vollstreckungsmassnahmen generell verzichtet wurde, so müssen diese nach Rechtskraft der Sachverfügungen selbständig angedroht werden. Die Zuständigkeit für die selbständige Androhung von Vollstreckungsmassnahmen sollte auch dann bei der Baubewilligungsbehörde liegen, wenn im vorangehenden Verfahren Instanzen des Kantons oder des Bezirks Bewilligungen erteilt haben. Gleiches sollte auch für die eigentliche Vollstreckungsverfügung bzw. die Anordnung der Vollstreckungsmassnahme gelten. Weil die Festsetzung der Ordnungsbusse und die Anordnung der Vollstreckungsmodalitäten für die Ersatzvornahme154 oder den unmittelbaren Zwang eine vorgängige Androhung der Vollstreckungsmassnahme155 voraussetzen, werden diese Verfügungen praktisch ausschliesslich selbständig erlassen. Angesichts der in § 78 VRP abschliessend aufgezählten Vollstreckungsmassnahmen ist es sachlich gerechtfertigt, die Kompetenz für die selbständige Androhung und Anordnung von Vollstreckungsmassnahmen sowie für deren Vollzug der Baubewilligungsbehörde156 zuzuweisen. Diese vollstreckt somit sämtliche von den zuständigen Instanzen des Bundes, Kantons und Bezirks verfügten Nebenbestimmungen und Massnahmen zur Wiederinstandstellung. Die Baubewil- ligungsbehörde darf jedoch weder in der Vollstreckungsandrohung noch in der darauf folgenden Vollstreckungsverfügung vom materiellen Inhalt der Sachverfügung der zuständigen Instanz abweichen157.

 

5.6. Rechtsmittel

5.6.1. Grundsatz

Anordnungen, welche die Behörden im Rahmen der Vollstreckung treffen, haben Verfügungscharakter und sind grundsätzlich anfechtbar. Dies gilt sowohl für die Androhung als auch die Anordnung von Vollstreckungsmassnahmen. Die Vollstreckungsandrohung stellt deshalb eine anfechtbare Verfügung dar, weil darin dem Adressaten Frist zur Erfüllung seiner Pflichten angesetzt und ihm gleichzeitig die Rechtsnachteile für den Fall der Nichterfüllung in Aussicht gestellt werden158. Anfechtbar ist auch die Vollstreckungsverfügung, mit welcher die Vollstreckungsandrohung konkretisiert und die Modalitäten der Vollstreckung geregelt werden. So ist die Festsetzung (Berechnung der Bussenhöhe) und Eintreibung der angedrohten Ordnungsbusse anfechtbar, ebenso die Festlegung der genauen Modalitäten für die Ersatzvornahme oder den unmittelbaren Zwang gegen den Pflichtigen oder seine Sachen. Soweit die eigentliche Vollzugshandlung dann im Rahmen der ihr zu Grunde liegenden rechtskräftigen Vollstreckungsverfügung erfolgt und dem Betroffenen keine neue Belastung überbindet, ist sie einem förmlichen Rechtsmittel entzogen159. Im Rechtsmittelverfahren gegen selbständige Vollstreckungsandrohungen oder selbständige Vollstreckungsverfügungen kann die Rechtmässigkeit der zu Grunde liegenden rechtskräftigen Sachverfügung bzw. der rechtskräftigen Vollstreckungsandrohung nicht mehr überprüft werden, es sei denn, es wird geltend gemacht, die der Vollstreckungsverfügung zu Grunde liegende Sachverfügung oder Vollstreckungsandrohung sei nichtig oder verstosse gegen ein unverzichtbares und unverjährbares Recht160. Mit der Beschwerde gegen eine selbständige Vollstreckungsverfügung können nur noch die Berechnung der Bussenhöhe sowie die Vollstreckungsmodalitäten beanstandet werden161.

5.6.2. Zuständigkeit

Für den Rechtsschutz im Vollstreckungsrecht ist die Unterscheidung zwischen unselbständigen und selbständigen Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen von zentraler Bedeutung162.

Sachverfügung und unselbständige Vollstreckungsandrohung bilden bereits im Entscheidverfahren eine Einheit. Ihre Zusammengehörigkeit bleibt auch während dem Rechtsmittelverfahren aufrechterhalten, weshalb gegen die unselbständige Vollstreckungsandrohung der gleiche Rechtsmittelweg offensteht wie gegen die Sachverfügung163. Gegen Sachverfügungen und unselbständige Vollstreckungsandrohungen der Gemeindebehörden ist innert 20 Tagen Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat zu erheben164. Selbständige Vollstreckungsandrohungen und selbständige Vollstreckungsverfügungen werden zeitlich nach der Sachverfügung erlassen und setzen deren Vollstreckbarkeit, d.h. deren formelle Rechtskraft voraus. Die eigentliche Vollstreckungsverfügung wird praktisch immer selbständig, d.h. nach Rechtskraft der Vollstreckungsandrohung erlassen. Selbständige Vollstreckungsandrohungen und selbständige Vollstreckungsverfügungen können innert 10 Tagen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde direkt beim Verwaltungsgericht angefochten werden165.

5.6.3. Spezialfälle

Werden in einer Sachverfügung Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes angeordnet und gleichzeitig Vollstreckungsmassnahmen angedroht, so steht es dem Betroffenen frei, ob und in welchem Umfang er dagegen Beschwerde erheben will. Er kann sowohl die Sachverfügung als auch die Vollstreckungsandrohung anfechten. Akzeptiert er hingegen die Sachverfügung, und will er sich nur gegen die Vollstreckungsandrohung zur Wehr setzen, so stellt sich die Frage nach dem zulässigen Rechtsmittel, weil ja die Sachverfügung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist formell rechtskräftig wird.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nur gegen selbständige Vollstreckungsandrohungen und Vollstreckungsverfügungen zulässig166. Solange eine Sachverfügung noch nicht rechtskräftig ist, ist die gleichzeitig mit ihr erlassene Vollstreckungsandrohung unselbständig, weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom Wortlaut der Bestimmung her ausgeschlossen ist167. Es gilt der übliche Rechtsmittelweg, wobei für die Anfechtung der Sachverfügung und der unselbständigen Vollstreckungsandrohung dieselbe Rechtsmittelfrist massgebend und dieselbe Rechtsmittelinstanz zuständig ist. Wird innerhalb der Rechtsmittelfrist jedoch nur gegen die Vollstreckungsandrohung ein Rechtsmittel ergriffen, erwächst die Sachverfügung in Rechtskraft und die Vollstreckungsandrohung wird faktisch selbständig angefochten. Ist der Regierungsrat Rechtsmittelinstanz, so ist in solchen Fällen eine Überweisung der Beschwerde gegen die Vollstreckungsandrohung ans Verwaltungsgericht168 angezeigt.

Grundsätzlich ist eine Behörde nicht verpflichtet, auf ein Wiedererwägungsgesuch einzutreten169. Tritt die Behörde auf das Wiedererwägungsgesuch ein und überprüft sie ihre rechtskräftige Verfügung, so ist dieser Wiedererwägungsentscheid von neuem mit den gegebenen Rechtsmitteln anfechtbar170. Die Behörde zieht ihre rechtskräftige Verfügung nicht nur dann in Wiedererwägung, wenn sie diese inhaltlich abändert. Behandelt die Behörde den Gegenstand der ersten Verfügung nochmals materiell, liegt bereits eine Wiedererwägung vor, auch wenn sie im Dispositiv des Wiedererwägungsentscheides die rechtskräftige Verfügung ausdrücklich bestätigt171. Zieht die Behörde auf Gesuch des Pflichtigen die einer selb-ständigen Vollstreckungsandrohung oder Vollstreckungsverfügung zu Grunde liegende rechtskräftige Sachverfügung in Wiedererwägung, so eröffnet sie damit dem Pflichtigen erneut die Möglichkeit, die Sachverfügung selber anzufechten. Dann bilden Vollstreckungsandrohung bzw. Vollstreckungsverfügung und Sachverfügung eine Einheit, und der Pflichtige kann gegen beide Anordnungen Beschwerde bei der zuständigen Instanz erheben.

 

5.7. Kosten

Dem für die Vollstreckung zuständigen Gemeinwesen steht für die Kosten von Vollstreckungsmassnahmen an Grundstücken, für die der Grundeigentümer haftet, ein gesetzliches Grundpfandrecht zu172. Dieses gesetzliche Grundpfandrecht bezieht sich auf sämtliche Kosten, welche bei der Ersatzvornahme oder beim unmittelbaren Zwang anfallen, insbesondere auch auf die Kosten für den Abbruch widerrechtlicher Bauten. Im Zusammenhang mit der Festsetzung einer Ordnungsbusse kann das gesetzliche Grundpfandrecht nur für die daraus entstehenden Kosten in Anspruch genommen werden, nicht jedoch für die Sicherstellung der Ordnungsbusse selber. Diese ist auf dem Weg der Schuldbetreibung vom Pflichtigen einzutreiben173. Da es sich bei der Ordnungsbusse um eine Vollstreckungsmassnahme und nicht um eine strafrechtliche Sanktion handelt, sind die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches darauf nicht anwendbar. Die vollstreckungsrechtliche Natur der Ordnungsbusse schliesst es aus, dass eine Umwandlung in Haft vorgenommen werden darf174.