EGV-SZ 1996

[Entscheide Nr. 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58]

 

B. REGIERUNGSRAT

38

Gemeinderecht

- Selbständige öffentlichrechtliche Anstalten der Gemeinden unterstehen grundsätzlich dem Gesetz über den Finanzhaushalt der Bezirke und Gemeinden; entsprechend haben sie mit dem Voranschlag der Gemeinde einen gesonderten Voranschlag vorzulegen (Erw. 2).
- Über die Bewilligung von Ausgaben einer selbständigen Anstalt haben die Stimmberechtigten zu befinden (Erw. 3).

Aus den Erwägungen:

2. Beim Altersheim Seematt Küssnacht handelt es sich unbestritten um eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (Ziff. 1 der Statuten; vgl. Fritz Huwyler, Anstalten von Bezirken und Gemeinden als Träger öffentlicher Aufgaben, EGV-SZ 1991, S. 221ff.). Das Schwyzer Gemeinderecht ist in bezug auf die kommunalen Anstalten nur sehr rudimentär ausgestaltet (s. August Mächler, Die Erfüllung von Gemeindeaufgaben durch ausgegliederte Verwaltungseinheiten, EGV-SZ 1989, S. 153ff., 156ff.). Über die Organe einer Anstalt und deren Befugnisse sind dem positiven Recht keine ausdrücklichen Regeln zu entnehmen.

a) In bezug auf die Haushaltsführung verweist der Beschwerdeführer zunächst auf § 81 Abs. 5 GOG. Danach sind für Anstalten mit eigener Rechnungsführung Voranschläge separat im Anhang zum Voranschlag der Gemeinde zu erstellen. Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes über den Finanzhaushalt der Bezirke und Gemeinden vom 27. Januar 1994 (nGS I-70/FHG) ist der IV. Titel mit den §§ 67 bis 87 GOG für die Bezirke und Gemeinden ausser Kraft gesetzt worden (§ 43 FHG). Für den Voranschlag 1996 gilt somit das neue Finanzhaushaltsgesetz. § 26 Abs. 2 desselben regelt ähnlich wie der bisherige § 81 Abs. 5 GOG, dass der Voranschlag für Anstalten mit Sonderrechnung dem normalen Gemeindevoranschlag beizufügen sei. Damit kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass in den Gemeinden der Voranschlag für eine Anstalt jenem der Gemeinde beizufügen ist.

b) Zu prüfen ist nun, ob diese Verpflichtung alle Anstalten gleichermassen trifft. Dem Wortlaut von § 26 Abs. 2 FHG lässt sich entnehmen, dass die Pflicht zur Anfügung des Voranschlages lediglich für Anstalten mit Sonderrechnung besteht. Aus dem Zweck dieser Vorschrift sowie den Bestimmungen über die Sonderrechnungen in §§ 21ff. FHG ergibt sich, dass für Anstalten mit einer Sonderrechnung im übrigen gewisse Ausnahmen von der üblichen Finanzhaushaltsführung bestehen. Der Finanzhaushalt der Anstalten, die keine Sonderrechnung führen, wird dagegen in den normalen Voranschlag bzw. in die Rechnung integriert. Dies entspricht im wesentlichen auch der Praxis der Schwyzer Gemeinden.

c) Eine Sonderbehandlung könnten Anstalten ausserdem erfahren, sofern sie nicht vom Geltungsbereich des Finanzhaushaltsgesetzes der Bezirke und Gemeinden erfasst werden. Nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 FHG fallen indessen kommunale Anstalten generell in den Geltungsbereich des Gesetzes. Dieser deckt sich damit grundsätzlich mit der massgebenden Bestimmung für den kantonalen Haushalt (§ 1 Abs. 2 der Verordnung über den Finanzhaushalt vom 22. Oktober 1986, nGS I-57/ FHV). In diesem Punkt weichen die schwyzerischen Regelungen für den Kanton und die Gemeinden vom Mustergesetz der Finanzdirektoren-Konferenz für den Finanzhaushalt der Kantone ab. Art. 1 Abs. 2 des Mustererlasses unterstellte lediglich die unselbständigen Anstalten dem Geltungsbereich des Gesetzes (vgl. Klaus A. Vallender, Finanzhaushaltsrecht, Bern/Stuttgart 1983, S. 115). Offen bleiben kann an dieser Stelle, ob interkommunale selbständige Anstalten integral dem Finanzhaushaltsgesetz unterstehen (nach Huwyler, a.a.O., S. 222 bereitet die Unterscheidung zwischen einem Zweckverband und einer interkommunalen Anstalt Mühe). § 1 Abs. 2 FHG behält eine Sonderregelung lediglich für die Statuten der Zweckverbände vor. Ein Abweichen von den in den §§ 30 bis 38 FHG vorgesehenen Ausgabenbewilligungsverfahren kann sich jedoch für eine interkommunale Anstalt gleichermassen aufdrängen wie für einen Zweckverband (s. Bericht und Vorlage für den Kantonsrat, RRB Nr. 1406 vom 24. August 1993, S. 25).

d) Der Bezirksrat Küssnacht vergleicht das Altersheim Seematt mit der Kantonalbank Schwyz. Der Vergleich erweist sich dabei insofern als zulässig, als es sich bei beiden um selbständige öffentlichrechtliche Anstalten handelt (§ 2 Abs. 1 Gesetz über die Kantonalbank Schwyz vom 26. März 1980, nGS III-312). Hinsichtlich der Rechnungsführung ergeben sich indessen in mehrfacher Hinsicht Unterschiede. Zunächst treffen das Kantonalbankgesetz selbst in den §§ 8ff., 15ff. sowie die Vollziehungsverordnung zum Gesetz über die Kantonalbank vom 17. September 1980 (nGS III-313) Sonderregelungen über Zuständigkeiten und die Rechnungslegung. § 17 des Kantonalbankgesetzes verweist sodann auf die Vorschriften des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen. Ausserdem entfaltet die Kantonalbank ähnlich wie im übrigen die Sparkasse Schwyz, die ebenfalls als selbständige Anstalt des kommunalen Rechts konstituiert ist, eine praktisch ausschliesslich gewerbliche Tätigkeit (Huwyler, a.a.O., S. 221). Da bei einer solchen Tätigkeit die zentralen Begriffe der Finanzhaushaltsgesetzgebung - wie etwa jener der Ausgabe und entsprechend der Ausgabenbewilligungsbefugnisse - sich nicht übernehmen lassen, sind solche Anstalten rein faktisch weitgehend vom Geltungsbereich des Finanzhaushaltsgesetzes ausgenommen. Die Anstalt Altersheim Seematt übt dagegen keine solche Geschäftstätigkeit aus. Sie besorgt vielmehr eine den Gemeinden im Gesetz über die Sozialhilfe vom 18. Mai 1983 übertragene öffentliche Aufgabe (§ 28 Abs. 1). Daran ändert der Umstand nichts, dass verschiedentlich auch privatrechtlich organisierte Institutionen mit der Besorgung dieser Aufgabe betraut werden.

e) Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, dass das Altersheim Seematt dem kantonalen Gesetz über den Finanzhaushalt der Bezirke und Gemeinden untersteht und entsprechend dem § 26 Abs. 2 FHG jeweils mit dem Voranschlag des Bezirkes einen gesonderten Voranschlag vorzulegen hat.

3. Für den Bezirksrat Küssnacht sowie den Vorstand des Altersheims Seematt ist offenbar nicht klar, welches die rechtlichen Konsequenzen einer Anfügung des Voranschlages der Anstalt an den ordentlichen Voranschlag des Bezirkes sind. Zu fragen ist demnach nach der Tragweite von § 26 Abs. 2 FHG. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung auszugehen. Ist diese nicht eindeutig, so ist weiter nach dem Sinn und Zweck einer Vorschrift zu fragen. Namentlich bei jüngeren Erlassen können die Materialien ebenso Aufschluss über die Bedeutung einer Norm vermitteln (vgl. Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel/Frankfurt am Main 1990, Nr. 20/B/I/II./c mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

a) Der Ausdruck „beizufügen" lässt zunächst die Vermutung aufkommen, der Voranschlag einer Anstalt mit Sonderrechnung sei dem Voranschlag lediglich der Information halber anzuhängen. Die Stimmberechtigten hätten darnach diesem besonderen Voranschlag gar nicht effektiv zuzustimmen. Auch wäre eine Abänderung des Anstaltsvoranschlages ausgeschlossen. Diese Konsequenzen finden indessen im Finanzhaushaltsgesetz keine weitere Stütze. Insbesondere wird das Recht der Stimmberechtigten, über den Voranschlag zu befinden, im Finanzhaushaltsgesetz nicht ausdrücklich anstaltsbezogen beschränkt.

b) Wäre es lediglich darum gegangen, über die Haushaltführung der Anstalten mit Sonderrechnung vermehrte Transparenz zu schaffen, hätte eine Anfügung der Rechnung ausgereicht. Dass der Voranschlag einer selbständigen Anstalt der Sanktionierung durch die Stimmberechtigten bedarf, ergibt sich auch aus dem regierungsrätlichen Bericht zum neuen Finanzhaushaltsgesetz (RRB Nr. 1406 vom 24. August 1993, S. 28f.):

„Nach wie vor ist es zulässig, im Anhang der Bezirks- und Gemeinderechnungen bestimmte Sonderrechnungen zu führen (§ 21). Gedacht wird an zweckgebundene Zuwendungen Dritter, die von den Gemeinwesen verwaltet werden sowie an Anstalten, die Güter und Dienste auf kommerzieller Basis produzieren (§§ 22 und 23). Diese Autonomie gegenüber der Bezirks- und Gemeinderechnung ist für Anstalten wie Wasserversorgungen oder Elektrizitätswerke vertretbar, damit sie allenfalls eine den betrieblichen Bedürfnissen angepasste Kostenrechnung führen können. Die Anlage einer Sonderrechnung entbindet die Anstalten allerdings nicht von den Vorschriften über die Ausgabenbewilligung (§§ 30 bis 38)."

Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass mit dem Finanzhaushaltsgesetz für die selbständigen kommunalen Anstalten der Gemeindeversammlung bzw. der Bezirksgemeinde Organbefugnisse eingeräumt werden sollten. Über die Bewilligung von Ausgaben haben demnach die Stimmberechtigten zu befinden.

c) Weshalb es dem Altersheim Seematt - wie dessen Vorstand meint - nicht möglich sein soll, bereits im Vorjahr einen Voranschlag aufzustellen, ist schlechterdings unerfindlich. Die Ausarbeitung eines Voranschlages ist nämlich für wesentlich grössere und auch kompliziertere Haushalte wie etwa jenen des Kantons selbst in einem früheren Zeitpunkt ohne weiteres möglich. Nicht zu übersehen ist allerdings, dass die meisten der Aufwendungen des Altersheims Seematt gebundene Ausgaben sind, über die die Stimmberechtigten nicht bestimmen dürfen. Namentlich in Zeiten, in welchen keine Investitionen anstehen, werden die Bürger des Bezirkes Küssnacht vom Voranschlag faktisch in weitem Umfange lediglich Kenntnis nehmen können. Besteht zudem eine allgemeine Benützungsordnung und ein Personal- und Besoldungsrecht, wird der Entscheidungsspielraum in bezug auf den einzelnen Voranschlag noch weiter eingeschränkt.

(RRB Nr. 838 vom 14. Mai 1996).

 

39

Verwaltungsverfahren

- Ausgenommen von der Akteneinsicht sind Akten des internen Verkehrs (z.B. Entwürfe zu Verfügungen und Entscheiden, Dienstvermerke, von einem Sachbearbeiter erstellte Hilfsakten usw.).

Aus den Erwägungen:

2. a) Im vorinstanzlichen Einspracheverfahren wurde den Beschwerdeführern keine Einsichtnahme in das Aktenstück Nr. 3 des Gemeinderates, eine Beurteilung des Gestaltungsplanes durch das Planungsbüro X. gewährt. Es stellt sich daher die Frage, ob der Gemeinderat X. das den Einsprechern und nunmehr Beschwerdeführern zustehende Akteneinsichtsrecht in unzulässiger Weise beschnitten hat. Trifft dies zu, so könnte dieser Mangel durch Ansetzung eines zweiten Schriftenwechsels behoben werden.

Gemäss § 22 Abs. 1 VRP steht den Parteien das Recht zur Akteneinsicht zu. Die Behörde kann die Einsicht in die Akten verweigern, wenn schützenswerte, private oder öffentliche Interessen die Geheimhaltung erfordern (Abs. 2). Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich dabei auf alle für die Entscheidfindung wesentlichen Aktenstücke. Ausgenommen davon sind Akten des internen Verkehrs (z.B. Entwürfe zu Verfügungen und Entscheiden, Dienstvermerke, vom Sachbearbeiter erstellte Hilfsakten usw., vgl. BGE 122 I 153 E. 6a). Sind interne Akten für den Ausgang des Verfahrens wesentlich, so muss das Einsichtsrecht gewahrt bleiben (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Auflage, Zürich 1993, Rz. 1322; kritisch zu dieser Einschränkung Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, Rz. 129; Peter Saladin, Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel/Stuttgart 1979, S. 139).

Vorliegend hat die Baukommission der Gemeinde Y. dem Büro X. nachfolgende vier Fragen zur Beantwortung unterbreitet:

- Wie fügen sich insbesondere die geplanten drei Mehrfamilienhäuser im Ortsbild der Gemeinde Y. ein?

- Stellt der Gestaltungsplan eine bessere Gestaltung als die Normalbau- weise dar?

- Wie wird die strassenmässige Erschliessung beurteilt?

- Ist eine Aufteilung in einen GP-pflichtigen Nordteil und einen der W2-Regelbauweise unterstehenden Südteil im GP-Verfahren möglich?

b) Die Aufgabe einer Baukommission besteht in erster Linie darin, ein Baugesuch bzw. ein Gestaltungsplan zu beurteilen und dem Gemeinderat als Baubewilligungsbehörde einen entsprechenden Bericht und Antrag zu unterbreiten (vgl. § 47 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der Gemeinden und Bezirke, GOG, nGS I-65). Den Entscheid über den Erlass eines Gestaltungsplanes hat allerdings der Gemeinderat zu treffen (vgl. § 30 Planungs- und Baugesetz, PBG, nGS IV-493). Zur Gesuchsbeurteilung hat die Kommission die notwendigen Abklärungen zu treffen und kann ohne weiteres Fachpersonen beiziehen. Die fachmännische Beurteilung hat solange den Charakter eines internen Arbeitspapiers, als sie der Kommission als Grundlage für den Bericht und Antrag an die Baubewilligungsbehörde dient. Würde man zu einem andern Schluss gelangen, wäre die Konsequenz, dass sämtliche Abklärungen einer Kommission, die Anträge der einzelnen Kommissionsmitglieder, das Protokoll der Baukommission und sogar der Antrag der Kommission der Öffentlichkeit zugänglich zu machen wären. Da die Baubewilligungsbehörde nicht an den Antrag der Kommission gebunden ist, dürfte diesfalls kaum zu vermeiden sein, dass die antrag- stellende und entscheidende Behörde gegeneinander ausgespielt würden. Erst wenn die Baubewilligungsbehörde die Stellungnahme einer Fachperson als Entscheidungsgrundlage heranzieht, ist sie nicht mehr als internes Arbeitspapier zu qualifizieren und allfälligen Einsprechern zugänglich zu machen.

Vorliegend hat die Baukommission Y. das Büro X. nicht formell als Sachverständige oder als Auskunftsperson zur Abgabe einer Stellungnahme gebeten. Die Vorinstanz hat ihre Verfügung denn auch nicht auf diese Stellungnahme gestützt; es bestehen ebenso keine Hinweise, dass die fachmännische Stellungnahme als Entscheidungsgrundlage herangezogen wurde. Der Bericht des Büros X. ist somit als internes und nicht entscheidrelevantes Arbeitspapier zu qualifizieren. Die Verweigerung der Einsichtnahme durch die Einsprecher bzw. Beschwerdeführer in das fragliche Aktenstück ist deshalb nicht zu beanstanden.

(RRB Nr. 2083 vom 10. Dezember 1996).

 

40

Verwaltungsverfahren

- Das Regionalspital Lachen ist als unselbständige Anstalt des kommunalen Rechts in einem Verwaltungsbeschwerdeverfahren nicht beschwerdefähig.

Aus den Erwägungen:

2. a) Beschwerdefähig ist, wem die Partei- und Verfahrensfähigkeit zukommt. Die Parteifähigkeit ist das prozessrechtliche Gegenstück der materiellrechtlichen Rechtsfähigkeit. Nur wer parteifähig ist, kann Subjekt eines Prozessrechtsverhältnisses sein und unter eigenem Namen Rechte geltend machen bzw. als Beschwerdeführer auftreten (Attilio R. Gadola, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, Zürich 1991, S. 197).

b) Parteifähig sind natürliche und juristische Personen oder Personenvereinigungen, welche nach Privatrecht oder öffentlichem Recht unter eigenem Namen Rechte und Pflichten haben können (§ 11 VRP). Als juristische Personen des öffentlichen Rechts sind der Kanton, die Bezirke, die Gemeinden, die Allmend- und Flurgenossenschaften sowie auch die selbständigen öffentlichrechtlichen Anstalten parteifähig (Josef Hensler, Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Kanton Schwyz, Zürich 1980, S. 28).

c) Während den selbständigen öffentlichrechtlichen Anstalten von Bund und Kanton eine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, trifft dies nach Lehre und Rechtsprechung bei den unselbständigen Anstalten in der Regel gerade nicht zu (August Mächler, Die Erfüllung der Gemeindeaufgaben durch ausgegliederte Verwaltungseinheiten, EGV-SZ 1989, S. 156; Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993, N. 1042ff.; Hans-Rudolf Schwarzenbach-Hanhart, Grundriss des allgemeinen Verwaltungsrechts, 10. Aufl., Bern 1991, S. 226). Ist eine Anstalt nicht rechtsfähig, so kommt ihr in der Regel auch die Partei- und Prozessfähigkeit nicht zu. Eine unselbständige öffentlichrechtliche Anstalt kann nur dann parteifähig sein, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist (Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, N 108, S. 76). § 37 lit. b VRP verweist im Sinne eines generellen Vorbehaltes auf spezielle Normen des kantonalen Rechts, welche den Behörden ein Beschwerderecht einräumen. Diese Sondernormen ermöglichen eine Beschwerdeführung, ohne dass ein Rechtschutzinteresse oder die Parteifähigkeit nachgewiesen werden müsste (Hensler, a.a.O., S. 48). Fehlt es an einer solchen Sondernorm, kommt einer unselbständigen öffentlichrechtlichen Anstalt keine Partei- fähigkeit zu (Gadola, a.a.O., S. 57 i.V.m. S. 198).

3. a) Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine unselbständige öffentlichrechtliche Anstalt der Bezirke March und Höfe (Art. 1 des Organisationsreglementes vom 23. Juni 1993; RRB Nr. 1093 vom 13. Juni 1989, E. 2a; vgl. auch EGV-SZ 1991, S. 222, FN 7). Sie ist daher grundsätzlich nicht befugt, selber Beschwerde zu führen. Für sie als ausgegliederte Verwaltungseinheit der beiden Bezirke March und Höfe gilt die gleiche Zuständigkeitsordnung wie innerhalb der Bezirksverwaltung. Danach kommen die Exekutivfunktionen den Bezirksräten der March und Höfe zu (RRB Nr. 1093 vom 13. Juni 1989, E. 2b; § 31 i.V.m. § 98 des Gesetzes über die Organisation der Gemeinden und Bezirke vom 29. Oktober 1969, GOG, nGS I-65).

b) Bleibt zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin die Parteifähigkeit aufgrund einer speziellen Rechtsnorm eingeräumt oder sie ermächtigt wird, selbständig Beschwerde zu führen. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Weder auf kantonaler Ebene (Spital-Verordnung vom 24. Juni 1993, nGS V-602) noch im Organisationserlass der Beschwerdeführerin lässt sich eine Bestimmung finden, welche der Beschwerdeführerin die Parteifähigkeit zuerkennen oder ihr im Sinne von § 37 lit. b VRP die Rechtsmittelbefugnis einräumen würde.

c) Ist aber keine spezielle Rechtsatzermächtigung gegeben, kann eine unselbständige öffentlichrechtliche Anstalt auch nicht gestützt auf § 37 lit. a VRP Beschwerde erheben, da eine Berufung auf diese Bestimmung die Parteifähigkeit voraussetzt.

4. a) Der Beschwerdeführerin ist die Rechts- und damit die Parteifähigkeit abzusprechen. Fehlt aber eine Sachentscheidsvoraussetzung, so ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

Für eine nicht partei- und prozessfähige Anstalt muss das Muttergemeinwesen Beschwerde führen (Hensler, a.a.O., S. 51; Schwarzenbach, a.a.O., S. 226). Als Muttergemeinwesen bzw. Anstaltsträger der Beschwerdeführerin liegt es deshalb bei den Bezirken March und Höfe bzw. ihren Bezirksräten, an Stelle der Beschwerdeführerin Beschwerde zu führen. Besteht das Bedürfnis, der Beschwerdeführerin eine selbständige, allenfalls auf das Rechnungswesen beschränkte Beschwerdebefugnis zuzuerkennen, müsste diese in einem Rechtssatz verankert werden.

b) Vor Erlass eines Nichteintretensentscheids müsste den Bezirksräten der March und Höfe in sinngemässer Anwendung von § 16 VRP und § 38 Abs. 2 VRP i.V.m. § 39 VRP die Möglichkeit eingeräumt werden, sich dazu zu äussern, ob die Beschwerde als in ihrem Namen eingereicht zu betrachten ist. Auf die Einholung einer Erklärung kann vorliegend aber verzichtet werden, da die Beschwerde in materieller Hinsicht ohnehin abzuweisen wäre.

(RRB Nr. 2144 vom 17. Dezember 1996).

 

41

Verwaltungsverfahren

- Veräussert der bisherige Eigentümer die Bauliegenschaft, so ist er in der Regel nicht mehr zur Beschwerdeführung befugt (Erw. 2).
- Parteiwechsel in einem Baubewilligungs- bzw. Baubeschwerdeverfahren (Erw. 3).

Aus den Erwägungen:

2. a) Vor Erlass eines Entscheides prüft die Behörde von Amtes wegen, ob die Voraussetzungen für einen Sachentscheid erfüllt sind. Sie prüft u.a. insbesondere die Rechtsmittelbefugnis (§ 27 Abs. 1 lit. d VRP). Ist eine Sachentscheidsvoraussetzung nicht gegeben, trifft die Behörde einen Nichteintretensentscheid (§ 27 Abs. 2 VRP).

Zur Einreichung eines Rechtsmittels befugt sind die Parteien und beiladungsberechtigten Dritten des vorinstanzlichen Verfahrens, die an der Aufhebung oder Änderung einer Verfügung oder eines Entscheides ein eigenes, unmittelbares und schützenswertes Interesse dartun (§ 37 lit. a VRP).

b) Der Beschwerdeführer war bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung (23. August 1996) nicht mehr Eigentümer der Bauliegenschaft. Gemäss Handänderungsanzeige haben G. und L. das Eigentum (je 1/2 Miteigentum) an der vorerwähnten Liegenschaft auf den 1. August 1996 angetreten. Damit auf die Beschwerde eingetreten werden kann, muss der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung u.a. materiell beschwert sein, d.h. er muss in einer engen Beziehung zur Streitsache stehen. Seine Interessen an der Aufhebung der angefochtenen Verfügung müssen zudem aktuell sein. Nachdem der Beschwerdeführer das Grundeigentum an der Bauliegenschaft aufgegeben hat, mangelt es ihm an den vorerwähnten Voraussetzungen und damit an einem eigenen schützenswerten Interesse. Trotz Aufforderung durch das Justizdepartement hat er es zudem unterlassen, darzutun, inwiefern er als ehemaliger Eigentümer der Bauliegenschaft durch die angefochtene Bauverweigerung nach wie vor in seinen eigenen und schützenswerten Interessen unmittelbar betroffen ist. Ein solches Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Gesuchsablehnung ergibt sich auch aus den Akten nicht. Auf die Beschwerde ist demzufolge diesbezüglich ebenfalls nicht einzutreten.

c) (…).

3. Die neuen Grundeigentümer hätten gemäss § 45 der Zivilprozessordnung vom 25. Oktober 1974 (ZPO, nGS II-211) in Verbindung mit § 13 VRP in den Prozess eintreten können. Büsst eine Partei das eingeklagte Recht ein, oder wird sie von der eingeklagten Verpflichtung frei, weil sie den Streitgegenstand während des Prozesses veräussert, so ist der Erwerber berechtigt, an ihrer Stelle in den Prozess einzutreten (§ 45 Abs. 1 ZPO). Die bisherigen Parteien haben einem solchen Parteiwechsel zuzustimmen (§ 45 Abs. 2 ZPO). Der Erwerber nimmt den Prozess in der Lage auf, in der er ihn vorfindet (§ 45 Abs. 3 ZPO).

Nachdem die neuen Grundeigentümer G. und L. jedoch ausdrücklich nicht in den Prozess eintreten und diesen nicht weiterführen wollen, ist kein Parteiwechsel zustandegekommen. Das Beschwerdeverfahren ist deshalb aber nicht gegenstandslos geworden, sondern muss auf den Namen der ursprünglich beschwerdeführenden Partei fortgesetzt werden. Da aber ein Rechtsmittelentscheid vielfach nur gegenüber dem jeweiligen Eigentümer der Streitsache vollstreckt werden kann, ist im Falle der Veräusserung des Streitobjektes die Rechtskraft des Entscheides in der Regel mittels Beiladung des neuen Eigentümers auch auf diesen auszudehnen (Attilio R. Gadola, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, Diss. Zürich 1991, S. 262f.; BGE 116 Ia 223; RRB Nr. 660 vom 16. April 1996, S. 5).

Nachdem jedoch im vorliegenden Fall auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann und es auch nichts zu vollstrecken gibt, kann auf eine Beiladung der neuen Grundeigentümer verzichtet werden. Trotzdem sind sie mit einer Abschrift dieses Entscheides zu bedienen, damit sie von der definitiven Bauverweigerung durch die Vorinstanz Kenntnis erhalten. (RRB Nr. 1886 vom 12. November 1996).

 

42

Zivilrecht

- Für die Löschung der Nutzniessung an einer Liegenschaft zugunsten verbeirateter Personen ist die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde einzuholen (Erw. 2a).
- Bei der Prüfung, ob einer Löschung der Nutzniessung zuzustimmen ist, hat sich die Vormundschaftsbehörde vom Interesse des Verbeirateten leiten zu lassen (Erw. 2b).

Aus den Erwägungen:

2. a) Unbestritten ist, dass das zur Diskussion stehende Geschäft, die Löschung des auf der Liegenschaft GB ... des A. zugunsten der verbeirateten B. und C. lastenden Nutzniessungsrechtes im Sinne von Art. 745ff. ZGB, gemäss Art. 421 Ziff. 2 ZGB der Zustimmung der Vormundschaftsbehörde bedarf (Art. 421, 422 und 424 ZGB sind bei der Verwaltungsbeiratschaft analog anwendbar; Hans Michael Riemer, Grundriss des Vormundschaftsrechts, Bern 1981, S. 115). Diese Bestimmung umfasst den Verkehr mit den gesamten Vermögenswerten des Mündels, ausgenommen Grundstücke (Art. 421 Ziff. 1 ZGB). Zustimmungsbedürftig sind jedoch lediglich jene Geschäfte, welche über die Führung der gewöhnlichen Vermögensverwaltung und Bewirtschaftung hinausgehen, was auf die nicht mehr als notwendig und zweckmässig sich erweisenden, übermässige Kosten verursachenden Vermögensdispositionen zutrifft. Letztlich kommt es aber immer auf die konkreten Verhältnisse an. Im Zweifelsfall soll die Genehmigung der Vormundschaftsbehörde eingeholt werden (Josef Kaufmann, Kommentar zum ZGB, Familienrecht, Die Vormundschaft, 2. Auflage, Bern 1924, N 15 zu Art. 421; Xaver Schönenberger, Die Kontroll- und Aufsichtstätigkeit der Vormundschaftsbehörden, Referat vom 24. November 1983, im Ordner II des Vereins Schwyzerischer Gemeindeschreiber VSZG, Ziffer 4, S. 3).

Unter die zustimmungsbedürftigen Geschäfte im Sinne von Art. 421 Ziff. 2 ZGB fällt auch die Verfügung über Rechte, wie z.B. der Verzicht auf ein Pfandrecht (Kaufmann, a.a.O., N 15 zu Art. 421 ZGB).

Für die Löschung der Nutzniessung wurde deshalb zu Recht die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde X. eingeholt.

b) Bei der Prüfung, ob die gewünschte Zustimmung zu erteilen ist oder nicht, hat sich die Vormundschaftsbehörde allein vom Interesse und vom Wohle der Verbeirateten leiten zu lassen (Kaufmann, a.a.O., N 5a zu Art. 421; Schönenberger, a.a.O., S. 2 und 7).

aa) Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, der Verzicht auf die Nutzniessung müsse mit mindestens Fr. 30000.- (anstatt der vereinbarten Fr. 11000.-) abgegolten werden. Für diesen höheren Betrag kann nicht ins Feld geführt werden, der Vater habe im Jahre 1991 die Liegenschaft bei dem damals vereinbarten Kaufpreis von Fr. 450000.- dem Bruder zu günstig veräussert. Der Vater war damals weder bevormundet noch verbeiratet. Das Kaufsgeschäft wickelte sich somit ausserhalb des Wirkungskreises vormundschaftlicher Organe ab, so dass nun nicht nachträglich allfällige nachteilige Vermögensgeschäfte korrigiert werden können. Es geht vorliegend einzig und allein um die Frage, ob die Löschung der Nutzniessung zu den ausgehandelten Bedingungen im jetzigen Zeitpunkt im Interesse des Ehepaares B. und C. liegt.

bb) Die unbeschränkte Nutzniessung ist eine Dienstbarkeit, die einem bestimmten Berechtigten den vollen Genuss an einem fremden Vermögenswert gewährt (Art. 745 Abs. 2 ZGB). Der Nutzniesser darf die Sache gebrauchen und geniessen (Art. 755 Abs. 1 ZGB), nicht jedoch darüber rechtlich verfügen und auch nicht in ihre Substanz eingreifen. Bei der Nutzniessung an Grundstücken gehört dem Nutzniesser zudem der gewöhnliche, regelmässige Ertrag (Tuor/Schnyder/Schmid, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. Auflage, Zürich 1995, S. 788ff.).

cc) Gegen die Löschung der Nutzniessung an sich ist vorliegend nichts einzuwenden. Auch der Beschwerdeführer spricht sich nicht grundsätzlich dagegen aus. Der Gebrauch der Wohnliegenschaft und damit ein Teilzweck der Nutzniessung kann nicht mehr wahrgenommen werden. Die Verbeirateten leben im Alters- und Pflegeheim und können aufgrund ihres gesundheitlichen, insbesondere psychischen Zustandes nicht mehr in das Haus zurückkehren. Ihre Vorgeschichte zeigt, dass sie alleine lebend zunehmender Verwahrlosung ausgesetzt waren, was auf ärztliches Anraten hin eine Unterbringung in einem Heim unbedingt notwendig machte. Dass sich an diesem Zustand der Verbeirateten, die 80 und 77 Jahre alt sind, künftig etwas ändern sollte, muss ausgeschlossen werden.

dd) Der Auffassung des Beschwerdeführers, die Verbeirateten würden für den Verzicht auf den zweiten Teilzweck der Nutzniessung, nämlich den Verzicht auf den Ertrag, nicht ausreichend entschädigt, kann nicht beigepflichtet werden.

Der Leiter des kantonalen Schätzungsamtes hatte im Jahre 1991 den Kapitalwert des Nutzniessungsrechtes auf Fr. 146300.- berechnet, was in etwa dem Restkaufbetrag von Fr. 150000.- entsprach, den der Käufer A. gemäss Kaufvertrag vom 26. März 1991 unverzinslich erst 30 Tage nach dem Tode des Vaters an dessen Erben leisten muss. Als Gegenleistung für den Verzicht auf das Nutzniessungsrecht wird dieser Betrag nun vorzeitig auf ein Sperrkonto gelegt und bringt den Verbeirateten bei einem Zinsfuss von 4% bis 41/2% einen jährlichen Ertrag von Fr. 6000.- bis Fr. 6750.-. Auf der andern Seite wirft das Nutzniessungsrecht nicht mehr ab. Nachdem für eine Teilrenovation investiert werden musste, konnte das Haus bis anhin für monatlich Fr. 2400.- bzw. jährlich Fr. 28800.- vermietet werden. Die jährliche Zinslast sowie der Unterhalt belaufen sich nach den unbestrittenen Angaben der Vorinstanz auf rund Fr. 20000.-. Würde das Nutzniessungsrecht aufrechterhalten, müsste zudem für die Kosten der Vermögensverwaltung durch den Beirat aufgekommen werden. Im weitern müsste auch das Risiko des Ausfalls von Mietzinsen getragen werden, falls das Haus einmal nicht (mehr) vermietet werden könnte. Im weitern hat A. zugunsten der Verbeirateten zusätzlich einen Betrag von Fr. 11000.- zu bezahlen, d.h. den Saldo der nicht beanstandeten Liegenschaftsabrechnung per Ende Februar 1996 (Zinsen, Kosten für Renovation, Räumung, laufender Unterhalt). Damit sind die gegenseitigen Ansprüche zwischen Eigentümer und Nutzniessungsberechtigten definitiv auseinandergesetzt. Gesamthaft betrachtet ist somit festzustellen, dass die Verbeirateten mit dem Verzicht auf das Nutzniessungsrecht in finanzieller Hinsicht keine Einbusse erleiden.

ee) Auch die verfügten Zahlungsmodalitäten sind nicht zu beanstanden. Es wird Aufgabe des Beirates sein, der Löschung des Nutzniessungsrechtes nur bei Vorliegen ausreichender Sicherheiten zuzustimmen.

ff) Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass die Löschung des Nutzniessungsrechtes an der Wohnliegenschaft GB ... in X. im Interesse des verbeirateten Ehepaares liegt, nachdem sie selbst davon keinen Gebrauch mehr machen können und in finanzieller Hinsicht keine Abstriche erleiden müssen. Zu beachten ist auch, dass die Verbeirateten bereits zu Sozialempfängern geworden sind. Mit der Möglichkeit, den Betrag des Restkaufpreises mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde und der drei Kinder für die verbeirateten Eltern zu verwenden, könnte zudem einerseits deren Abhängigkeit von der öffentlichen Sozialhilfe und anderseits die Inanspruchnahme der Verwandtenunterstützung durch das Gemeinwesen zumindest vorläufig verhindert werden.

(RRB Nr. 1300 vom 6. August 1996).

 

43

Schulrecht

- Begriff „hochbegabt" als Voraussetzung für eine vorzeitige Einschulung bzw. einen vorzeitigen Eintritt in den Kindergarten (Erw. 2).
- Abklärung der geistigen, körperlichen und sozialen Frühreife durch den Kinder- und Jugendpsychologischen Dienst (KJPD) und deren Überprüfung in einem Beschwerdeverfahren (Erw. 3).

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführer beantragen die vorzeitige Aufnahme ihrer Tochter A. in den Kindergarten.

a) Nach § 29 Abs. 1 Verordnung über die Volksschulen vom 25. Januar 1973 (nGS VI-615/VSV) ist jedes Kind, das am 30. April das 5. Altersjahr zurückgelegt hat, berechtigt, bis zum Eintritt in die Primarschule den Kindergarten zu besuchen. Die Gemeinden können einen früheren Eintritt in den Kindergarten gestatten. Geistig, körperlich und sozial frühreife Kinder sind auf Gesuch der Eltern an den Schulrat und nach Abklärung durch den KJPD vorzeitig in den Einjahreskindergarten aufzunehmen (§ 11 Abs. 2 der Weisungen des Erziehungsrates über die Führung von Kindergärten vom 3. April 1974 mit Änderung vom 1. Dezember 1994 [im folgenden kurz Weisungen]; nGS VI-647).

b) Für die vorzeitige Aufnahme in den Kindergarten verlangt § 11 Abs. 2 der Weisungen beim betreffenden Kind eine geistige, körperliche und soziale Frühreife, die sich aus der Abklärung durch den KJPD ergeben muss. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Vorinstanz stütze ihren Entscheid auf die fehlende Hochbegabung ab, für eine solche Voraussetzung gebe es jedoch keine gesetzliche Grundlage.

Der rechtsverbindliche Sinn eines Rechtssatzes ist durch Auslegung zu ermitteln, wenn der Gesetzeswortlaut nicht klar ist oder wenn Zweifel bestehen, ob ein scheinbar klarer Wortlaut den wahren Sinn einer Norm wiedergibt. Zur Anwendung gelangen die grammatikalische, historische, zeitgemässe, systematische und teleologische Auslegungsmethode. Nach heutiger Lehre und Rechtsprechung hat keine dieser Auslegungsmethoden grundsätzlichen Vorrang. Vielmehr sollen bei der Anwendung auf den einzelnen Fall jene Methoden kombiniert zur Anwendung gelangen, die für den konkreten Fall ein vernünftiges und praktikables Ergebnis erwarten lassen. Im Vordergrund steht auf dem Gebiete des Verwaltungsrechts jedoch auch gemäss bundesgerichtlicher Praxis die teleologische Auslegungsmethode, d.h. die Frage nach dem Sinn und Zweck einer Gesetzesbestimmung. Diese können sich insbesondere bei jüngeren Erlassen aus dem Willen des historischen Gesetzgebers, der sich vielfach aus den Gesetzesmaterialien eruieren lässt, ergeben (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993, Rz. 173f. und 175ff.).

Aufgrund der massgeblichen Gesetzesauslegung ergibt sich jedoch vorliegend kein Widerspruch zwischen den Begriffen „Hochbegabung" und „Frühreife". § 11 Abs. 2 der Weisungen ist zur Förderung hochbegabter Kinder gedacht, als Gegenstück zur Zurücksetzung unreifer Kinder. In diesem Sinne „hochbegabt" ist, wer in geistiger, körperlicher und sozialer Hinsicht „frühreif" ist. Wenn die Vorinstanz somit zum Schluss kommt, die Tochter der Beschwerdeführer sei nicht hochbegabt, bringt sie zum Ausdruck, dass sie nicht alle Voraussetzungen der verlangten Frühreife erfüllt. Währenddem somit der Begriff „Hochbegabung" dem angestrebten Zweck der Gesetzesänderung Ausdruck verleiht, wird im § 11 Abs. 2 der Weisungen in Worten ausgedrückt, was darunter zu verstehen ist, welche Voraussetzung erfüllt sein muss, damit ein Kind in den Genuss der Hochbegabtenförderung im Sinne eines Rechtsanspruchs auf vorzeitige Aufnahme in den Kindergarten kommt. Dies ergibt sich klar und eindeutig aus den Gesetzesmaterialien, auf die der Regierungsrat im RRB Nr. 1312 vom 2. August 1995, E. 2b-c, verwiesen hat. Das Verwaltungsgericht hat diese Rechtsauslegung zudem in seinem Entscheid vom 23. November 1995 (VGE 645/95, E. 2-3a) ausdrücklich bestätigt. Wenn der Schulrat X. mangels Hochbegabung das Gesuch der Beschwerdeführer abgewiesen hat, bringt er demnach zum Ausdruck, dass die Voraussetzungen für die vorzeitige Aufnahme in den Kindergarten gemäss § 11 Abs. 2 der Weisungen, nämlich die geistige, körperliche und soziale Frühreife, bei A. nicht erfüllt sind, wie die Abklärungen des KJPD ergeben haben. Die Vorinstanz hat somit das massgebliche Recht nicht falsch angewendet.

3. a) Für die Beschwerdeführer sind im weitern die Ergebnisse der Untersuchung durch den KJPD unrichtig, weil man einerseits fälschlicherweise Hochbegabung und nicht Frühreife abgeklärt und andererseits die Begutachtung in verschiedener Hinsicht unkorrekt vorgenommen habe. Der KJPD hält in seinem Bericht vom 4. Juni 1996 die Abklärungsergebnisse in bezug auf die intellektuellen Fähigkeiten, die Kreativität, die Motivation sowie die soziale und körperliche Reife fest und kommt zum Schluss, dass A. gesamthaft betrachtet ein ihrem Alter entsprechend entwickeltes Kind sei. Trotz der heftigen Kritik der Beschwerdeführer ist auf dieses Gutachten abzustellen.

b) Wie der Regierungsrat im RRB Nr. 1312 vom 2. August 1996 (E. 2d) ausgeführt hat, legt sich der Regierungsrat trotz grundsätzlich umfassender Prüfungsbefugnis (§ 46 Abs. 1 VRP) bei der Beurteilung von schulpsychologischen Abklärungen und Gutachten, die für den angefochtenen Entscheid ausschlaggebend sind, praxisgemäss aufgrund der besonderen Natur des Beurteilungsgegenstandes jeweils eine gewisse Zurückhaltung auf. Die Begründung dafür liegt vorab darin, dass die Beurteilung durch den KJPD auf besonderer Fachkenntnis beruht, die einer Kontrolle durch eine Beschwerdeinstanz nur beschränkt zugänglich sind. Der Regierungsrat schreitet deshalb nur ein, wenn entweder Verfahrensfehler vorliegen, die auf den Entscheid sich effektiv auswirkten, oder wenn offensichtlich falsche Bewertungen vorgenommen wurden, oder sich der Gutachter von Erwägungen leiten liess, die im Rahmen seines Gutachterauftrages keine oder keine massgebliche Rolle spielen dürfen (EGV-SZ 1987, Nr. 41, E. 4 mit Hinweisen; EGV-SZ 1981, Nr. 38; Plotke, a.a.O., in ZBl 1980, S. 206f.).

Keiner dieser Gründe, die ein Abweichen von den Untersuchungsergebnissen des KJPD rechtfertigen würde, liegt hier vor. Dagegen vermögen auch die Vorbringen der Beschwerdeführer nicht aufzukommen.

c) aa) Der KJPD geht richtigerweise von einem weiten und umfassenden Begriff der Frühreife aus, was sich schon aus dem Gesetzestext ergibt, der von „geistiger, körperlicher und sozialer Frühreife" spricht. Wenn der KJPD seine Untersuchungen jeweils auch auf die Bereiche Motivation und Kreativität ausdehnt, so ist dies nicht zu beanstanden. Motivation und Kreativität sind ebenfalls geistige Eigenschaften, die für ein erfolgreiches Bestehen in der Schule von Bedeutung sind. Wer vorzeitig in die Schule aufgenommen werden will, soll deshalb in möglichst vielen Bereichen überdurchschnittlich entwickelt sein. Mit der umfassenden Abklärung der Frühreife tut der KJPD dem Gesetzestext keinen Zwang an, zumal mit der vorzeitigen Aufnahme in den (Einjahres-)Kindergarten gemäss § 11 Abs. 2 der Weisungen in der Regel auch ein Jahr später die vorzeitige Einschulung in die Primarschule beabsichtigt ist. Wie der KJPD zudem festhält, gehören nach der massgeblichen Fachmeinung Kreativität und Motivation zum Begriff der Hochbegabung. Der Gesetzgeber hat diese Beurteilung denn auch ausdrücklich den Fachleuten vorbehalten, ohne ihnen ein detailliertes Untersuchungskonzept aufzutragen.

bb) Der KJPD hat auch nicht unkorrekt gehandelt, wenn er mit den Beschwerdeführern die Testvoraussetzungen und die Tests selbst nicht vorbesprochen hat. Wie der KJPD ausführt, sollen die Testaufgaben für das Kind möglichst neu sein und nicht zum voraus geübt werden können. Es leuchtet ein, dass nur auf diese Weise ein möglichst objektives Testresultat erzielt werden kann. Im übrigen wurden die Beschwerdeführer telefonisch über die Rahmenbedingungen der Abklärung orientiert.

cc) Inwiefern die Untersuchungsergebnisse falsch sein sollen, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Wie bereits gesehen, hat der KJPD keine falschen Aufnahmekriterien abgeklärt. Die Beschwerdeführer wollen im weitern die von ihnen behauptete Unrichtigkeit der Begutachtung mit der mangelhaften Qualifikation und der Inkompetenz des untersuchenden Psychologen bestätigt wissen. Der Bericht des KJPD ist jedoch zusätzlich vom Vorsteher des Amtes für Schuldienste autorisiert. Es besteht kein Anlass, die Aussagekraft und Richtigkeit eines von zwei Fachpersonen unterzeichneten Untersuchungsberichtes in Zweifel zu ziehen, zumal die beschwerdeführerischen Vorbehalte weder objektiv noch stichhaltig sind.

dd) Nicht richtig ist auch die Behauptung der Beschwerdeführer, man habe die Untersuchung mit Absicht verzögert. Dass sich aufgrund zahlreicher Gesuche, die jeweils im gleichen Zeitraum (Frühjahr) eingehen, gewisse Wartezeiten ergeben, ist unvermeidbar. Die Abklärungen für jüngere Kinder werden zudem offenbar bewusst erst im Mai/Juni gemacht, um möglichst aktuelle Resultate für die zur Diskussion stehende Massnahme zu erhalten. Das Zuwarten mit der Untersuchung war somit für das Kind der Beschwerdeführer eher von Vorteil, weil so aufgrund seines aktuellsten Entwicklungsstandes die Frage des vorzeitigen Eintritts in den Kindergarten beurteilt werden konnte.

ee) Nicht zu beanstanden ist auch, wenn der KJPD den Bericht zuhanden der Schulbehörden erst nach dem Schlussgespräch mit den Eltern verfasst hat; denn auf diese Weise konnte im Bericht zusätzlich noch die Meinung der Eltern berücksichtigt werden.

d) Zusammenfassend ergibt sich demnach, dass die Voraussetzungen der geistigen, körperlichen und sozialen Frühreife für eine vorzeitige Aufnahme in den Einjahreskindergarten der Gemeinde Unteriberg nicht erfüllt sind, so dass den Beschwerdeführern bzw. ihrer Tochter kein Rechtsanspruch auf diese Hochbegabtenförderung zusteht und die Vorinstanz das Gesuch in dieser Hinsicht zu Recht abgelehnt hat. Nachdem zudem keine weiteren ausserordentlichen Gründe für eine solche Aufnahme geltend gemacht werden, ist die Beschwerde abzuweisen.

(RRB Nr. 1302 vom 6. August 1996).

 

44

Sozialhilfe

- Der Geltungsbereich des Grundrechts auf Existenzsicherung erstreckt sich auch auf Ausländer, unabhängig davon, welcher aufenthaltsrechtliche Status ihnen zukommt (Erw. 3).
- Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe von Ausländern und Unterstützungspflicht einladender Verwandter (Erw. 4).
- Durch Umwandlung einer L-Bewilligung in den Status einer „kollektiv vorläufig" aufgenommenen Person (F-Bewilligung) kann bewirkt werden, dass die Fürsorgeauslagen der Gemeinden, die seit der Gesuchstellung anfallen, vom Bund vergütet werden (Erw. 5).

Aus dem Sachverhalt:

Ende 1993 kam J. aus Jugoslawien zu ihrer Schwester und ihrem Schwager in die Schweiz. Die Familie V. erklärte damals gegenüber der Fremdenpolizei, dass sie für den Lebensunterhalt von J. während dreier Monate aufkommen werde. Im August 1994 wurde der Aufenthaltsstatus von J. gestützt auf die „Aktion Bosnien-Herzegowina" mit einem L-Ausweis geregelt und mehrmals verlängert. Trotz Arbeitsbemühungen erhielt J. keine Arbeitsstelle in der Schweiz. Anfangs Januar 1996 meldete sie sich bei der Fürsorgebehörde X. und ersuchte um finanzielle Unterstützung, da die wirtschaftliche Lage der Familie V. inzwischen sehr angespannt war. Die Fürsorgebehörde X. lehnte das Gesuch um Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe ab und leistete lediglich subsidiäre Kostengutsprache für die Prämien der Krankenkasse. Die dagegen erhobene Beschwerde beim Regierungsrat wurde teilweise gutgeheissen.

Aus den Erwägungen:

3. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sind nicht die fremdenpolizei- oder arbeitsmarktrechtlichen Fragen. Es ist allein die Frage umstritten, ob J. auf wirtschaftliche Hilfe Anspruch hat bzw. ob der Beschwerdeführer für J. finanziell aufzukommen hat.

a) Nach § 11 des Gesetzes über die Sozialhilfe vom 18. Mai 1983 (ShG, nGS III-384) haben die Gemeinden dafür zu sorgen, dass Hilfesuchenden die nötige und fachgerechte Sozialhilfe zuteil wird (Abs. 1), die u.a. auch die Vermittlung von wirtschaftlicher Hilfe umfasst (Abs. 2). Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe hat, wer für seinen Lebensunterhalt und denjenigen seiner Familienangehörigen nicht hinreichend oder rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann (§ 15 ShG). Sie erstreckt sich auf die Gewährung des notwendigen Lebensunterhaltes im Sinne eines sozialen Existenzminimums (§ 16 Abs. 1 ShG).

b) Es ist unbestritten, dass auch Ausländer Anspruch auf Fürsorgeleistungen haben (Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern 1993, S. 88; Art. 20ff. des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger vom 24. Juni 1977, ZUG, SR 851.1). Der Unterstützungswohnsitz fällt in der Regel mit dem zivilrechtlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 23ff. ZGB zusammen (§ 18 Abs. 1 ShG). Für Ausländer gilt grundsätzlich die Ausstellung einer Anwesenheitsbewilligung als Wohnsitzbegründung (Art. 4 Abs. 2 ZUG). Der Aufenthaltskanton und im innerkantonalen Verhältnis die Aufenthaltsgemeinde sind somit unterstützungspflichtig. Der Aufenthalt eines Ausländers oder einer Ausländerin in der Schweiz lässt in einer Notlage den gesetzlichen Anspruch auf Unterstützungsleistung entstehen. Soweit ein Grundrecht menschenrechtlich begründet ist, steht es sowohl Schweizern wie auch Ausländern zu. Das Bundesgericht hat die menschenrechtliche Komponente bereits in älteren Entscheiden betont, wenn es ausführte, es sei sowohl Gebot der Menschlichkeit wie auch dem Zweck des modernen Staates inhärente Pflicht, die auf seinem Gebiete befindlichen Personen nötigenfalls vor dem physischen Verderben zu bewahren. Diese Hilfspflicht anerkannte das Bundesgericht unabhängig davon, welche rechtliche Beziehung zum jeweiligen Kanton besteht, und es hielt fest, die Fürsorgepflicht gegenüber Ausländern bestehe auch dann, wenn kein völkerrechtlicher Vertrag sie gebiete und so lange, als die Repatriierung nicht möglich sei. Der Geltungsbereich des Grundrechts auf Existenzsicherung ist damit nicht allein auf schweizerische Staatsangehörige beschränkt; er erstreckt sich auch auf Ausländer, unabhängig davon, welcher aufenthaltsrechtliche Status ihnen zukommt (BGE 121 I 374, E. 2d mit Hinweisen).

4. Die Vorinstanz hat J. jede Unterstützungsleistung mit der Begründung verweigert, es sei der öffentlichen Fürsorge nicht möglich, Personen, die auf Einladung hin in der Schweiz weilen, finanziell zu unterstützen. Die einladende Familie V. müsse für den Unterhalt der Schwester und Schwägerin aufkommen, da sie der Fremdenpolizei gegenüber eine entsprechende Erklärung abgegeben habe.

a) Wie bereits ausgeführt, kommt es für die Pflicht der öffentlichen Hand, Menschen zu helfen, die sich hier aufhalten und in Not geraten sind, nicht auf das rechtliche Verhältnis bzw. den Grund des Aufenthaltes an. Die Verpflichtung, die erforderliche Hilfe zu leisten, gilt so lange, bis sie ausreisen oder heimgeschafft werden können (BGE 121 I 374 E. 3a). Die Argumentation der Vorinstanz geht daher fehl. Aufgrund des ungeschriebenen, verfassungsmässigen Rechts auf Existenzsicherung haben auch Personen, die auf Einladung hin in der Schweiz weilen und in eine Notlage geraten, Anspruch auf Unterstützung nach dem Sozialhilfegesetz. Die Unterstützung lässt sich jedoch differenzieren, und sie kann bei einer Person, bei der feststeht, dass sie nur vorübergehend in der Schweiz weilt, durchaus anders sein als bei Personen, die dauernd zum Aufenthalt in der Schweiz berechtigt sind. Die Leistungen an Asylsuchende, die weitgehend durch bundesrechtliche Normen festgelegt werden, liegen zum Beispiel klar unter denjenigen der allgemeinen Sozialhilfe, obwohl auch im Asylbereich die Grundprinzipien der allgemeinen Sozialhilfe gelten (Wolffers, a.a.O., S. 186).

b) Es ist aktenkundig, dass der Aufenthalt von J. zunächst mit einem Visum und später mit dem L-Ausweis (Aktion Bosnien-Herzegowina) geregelt wurde. Sie hat einen legalen Aufenthaltsstatus, der ihr sogar eine Erwerbstätigkeit im Rahmen von Art. 7 BVO erlauben würde (vgl. Weisungen des Bundesamtes für Ausländerfragen vom 29. März 1995, Asyl 52.4.2, Ziff. 5.1.2.). Aufgrund der momentanen Arbeits- und Wirtschaftslage ist es für J., die als unqualifizierte Arbeitskraft einzustufen ist, aber schwierig eine Arbeitsstelle zu finden und für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen. Insofern besteht eine effektive Notlage, und sie darf gestützt auf § 15 ShG wirtschaftliche Hilfe beanspruchen.

c) Ob der Beschwerdeführer und seine Frau als nahe Verwandte zur Unterstützung von J. verpflichtet werden können, ergibt sich nicht ohne weiteres aus der abgegebenen Garantieerklärung betreffend Lebensunterhalt. Den vom EJPD erlassenen Weisungen bezüglich Visumspolitik gegenüber Personen aus Bosnien-Herzegowina vom 1. Juli 1992 ist zu entnehmen, dass ein Visum nur aufgrund eines Einladungsschreibens und einer unterschriftlichen Erklärung des Gesuchstellers betreffend Aufenthaltskosten erteilt wird. Die zuständige Fremdenpolizeibehörde hat das Gesuch zu prüfen und an das Bundesamt für Ausländerfragen weiterzuleiten. Vorliegend wurde das Gesuch bewilligt, und die Besucherin wurde auch während mehr als zwei Jahren von der Gastfamilie unterhalten, obwohl inzwischen das Besuchervisum abgelaufen und der Aufenthalt mit einer L-Bewilligung geregelt worden war. Da mittlerweilen die finanziellen Verhältnisse der Gastfamilie angespannt sind und für den Unterhalt einer weiteren erwachsenen Person nicht mehr ausreichen, tritt die Situation ein, dass weder die eingereiste Person noch Dritte für ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln aufkommen können und sie daher auf wirtschaftliche Hilfe angewiesen ist. Der Beschluss der Vorinstanz, es könne keine Unterstützung geleistet werden, da eine Garantieerklärung abgegeben worden ist, ist im Lichte der erwähnten Rechtsprechung nicht haltbar. Im übrigen müsste vorliegend, da es um eine ähnliche Situation geht und keine explizite Bestimmung besteht, Art. 38 Abs. 2 Asylgesetz (SR 142.31) herangezogen werden, wonach Privatpersonen, die Flüchtlinge in die Schweiz einladen, für diese aufkommen, solange sie dazu in der Lage sind und es ihnen zugemutet werden kann. Die private Unterstützung erfolgte während mehr als zwei Jahren und ist angeblich nicht mehr zumutbar. Es war bei der Einreise nicht absehbar, wie lange der Aufenthalt der Schwester und Schwägerin dauern könnte und dass sie keine Arbeit finden würde. Entsteht eine Notlage gemäss Sozialhilfegesetz, dann ist die Aufenthaltsgemeinde verpflichtet, Hilfe zu leisten. Es steht ihr jedoch frei, gemäss § 13 Vollziehungsverordnung zum ShG (ShV, nGS III-385) abzuklären, ob die Voraussetzungen zur Verwandtenunterstützung (Art. 328f. ZGB) gegeben sind und die Verhältnisse es rechtfertigen, die Verwandten zur Hilfe aufzufordern. Dabei ist zu beachten, dass Geschwister nur zur Hilfe verpflichtet sind, wenn sie sich in günstigen Verhältnissen befinden, und Verschwägerte überhaupt nicht unterstützungspflichtig sind (Wolffers, a.a.O., S. 172).

5. Schliesslich ist zu erwähnen, dass aufgrund der Weisungen Asyl 52.4.2., Ziff. 4.1. Personen mit L-Bewilligung, die der Fürsorge zur Last fallen, diese Bewilligung entzogen werden kann und sie „kollektiv vorläufig" aufgenommen werden können mit gleichzeitiger Erteilung einer F-Bewilligung. Der Antrag für diese Aufnahme hat durch die Fremdenpolizeibehörde an das Bundesamt für Flüchtlinge zu erfolgen (vgl. Weisungen über die Regelung der gruppenweise vorläufigen Aufnahme bestimmter Kategorien von Ausländern aus dem Gebiete des ehemaligen Jugoslawien vom 29. März 1995, Asyl 52.3.1., Ziff. 3). Die vorläufige Aufnahme würde bewirken, dass die Fürsorgeauslagen, die seit der Gesuchstellung anfallen, vom Bund vergütet würden (Asyl 52.3.1., Ziff. 7 und Art. 14c Abs. 7 ANAG). Auf diese Weise können Gemeinden ihre Unterstützungsleistungen für mittel- und arbeitslose Kurzaufenthalter aus dem Kriegsgebiet, die von Dritten nicht mehr unterstützt werden können, zurückerhalten.

(RRB Nr. 1305 vom 6. August 1996).

 

45

Sozialhilfe

- Unechten Nebenbestimmungen kommt kein Verfügungscharakter zu (Erw. 1c).
- Alleinerziehende Personen können so lange nicht zur Arbeit angehalten werden, als sie sich der Kindererziehung widmen und diese der Aufsicht und Betreuung bedürfen (Erw. 2).

Aus den Erwägungen:

1. c) Der Buchstabe d der angefochtenen Verfügung vom 24. Juni 1996 informiert die Beschwerdeführerin lediglich darüber, dass die Vorinstanz die Prüfung der Verwandtenunterstützung in Betracht zieht. Zur familienrechtlichen Unterstützungspflicht enthalten § 24 des Gesetzes über die Sozialhilfe vom 18. Mai 1983 (ShG, nGS III-384) und § 13 der Vollziehungsverordnung zum Gesetz über die Sozialhilfe vom 30. Oktober 1984 (ShV, nGS III-385) Regelungen. Gemäss § 24 ShG gehen die familienrechtlichen Unterhalts- und Unterstützungspflichten der wirtschaftlichen Hilfe vor. Die Fürsorgebehörde hat deshalb gemäss § 13 Abs. 1 ShV abzuklären, ob unterstützungspflichtige Verwandte im Sinne von Art. 328/29 ZGB vorhanden sind. Beim Buchstaben d der angefochtenen Verfügung handelt es sich infolgedessen um eine sogenannte unechte Nebenbestimmung (vgl. Tomas Poledna, Staatliche Bewilligungen und Konzessionen, Bern 1994, S. 231; vgl. auch RRB Nr. 1227 vom 4. Juli 1995). Einer unechten Nebenbestimmung fehlt das einer Haupt- oder echten Nebenbestimmung eigene Kriterium der individuell-konkreten, rechtsverbindlichen Anordnung. Sie spiegelt bloss die gesetzliche Lage wieder, weshalb ihr keine eigenständige Bedeutung zukommt. Demzufolge kann gegen den Buchstaben d der angefochtenen Verfügung vom 24. Juni 1996 keine Beschwerde erhoben werden. In diesem Punkt ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

2. a) Gemäss § 11 ShG haben die Gemeinden dafür zu sorgen, dass Hilfesuchenden die nötige und fachgerechte Sozialhilfe zuteil wird (Abs. 1), die u.a. auch die Vermittlung wirtschaftlicher Hilfe umfasst (Abs. 2). Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe hat, wer für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen nicht hinreichend oder rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann (§ 15 ShG). Sie erstreckt sich auf die Gewährung des notwendigen Lebensunterhaltes im Sinne eines sozialen Existenzminimums (§ 16 Abs. 1 ShG). Die wirtschaftliche Hilfe wird in der Regel in Bargeld, ausnahmsweise durch Erteilen von Gutsprachen oder auf andere Weise gewährt (§ 17 Abs. 1 ShG). Für Leistungen Dritter hat die Fürsorgebehörde nur einzustehen, soweit sie hiefür im voraus oder rechtzeitig Gutsprache geleistet hat (§ 17 Abs. 2 ShG). Art und Mass der wirtschaftlichen Hilfe richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes und der Verordnung (Sozialhilfeverordnung) sowie den örtlichen Verhältnissen des Unterstützungswohnsitzes, wobei die zuständige Fürsorgebehörde nach pflichtgemässem Ermessen entscheiden muss (§ 5 ShV). Für die Be- messung der Hilfe haben die Richtsätze der Schweizerischen Konferenz für öffentliche Fürsorge (SKöF-Richtlinien) wegleitenden Charakter (§5 Abs. 2 ShV).

b) In Buchstabe c der Verfügung vom 24. Juni 1996 verpflichtete die Vorinstanz die Beschwerdeführerin, sich um eine Heim- oder Teilzeitarbeit zu bemühen. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäss die Aufhebung dieser Auflage, da ihre 13 Monate alte Tochter noch der vollen Pflege und Aufsicht bedürfe. Es sei ihr deshalb nicht möglich, zum jetzigen Zeitpunkt einer Arbeit nachzugehen. Demgegenüber erachtet die Vorinstanz eine kurze und regelmässige Fremdplazierung des Kleinkindes während einer Teilerwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin als nicht schädlich.

c) Die Gewährung wirtschaftlicher Hilfe kann mit Bedingungen verbunden werden, wenn dadurch die richtige Verwendung sichergestellt werden soll oder die Lage des Hilfsempfängers und seiner Angehörigen verbessert werden kann. Bedingungen können insbesondere bestehen in Bestimmungen über die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder über andere Verhaltensregeln, die nach den Umständen angebracht erscheinen (§ 9 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d ShV). Die Fürsorgebehörde darf also von einem Sozialhilfeempfänger verlangen, dass er eine geeignete Arbeit sucht und eine entsprechende Arbeitsstelle annimmt.

Die von der Vorinstanz in ihrer Verfügung vom 24. Juni 1996 festgelegte Bedingung, ihren Lebensunterhalt durch eine eigene Arbeitstätigkeit teilweise selber zu finanzieren, entspricht dem in § 2 und § 15 ShG festgelegten Subsidiaritätsprinzip der wirtschaftlichen Hilfe. In erster Linie sind die eigenen Mittel, zu denen auch der Arbeitserwerb zählt, für den Lebensunterhalt zu verwenden. Grundsätzlich sind unterstützte Personen verpflichtet, Arbeit zu suchen und sich beim zuständigen Arbeitsamt zur Vermittlung anzumelden. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hat zur Folge, dass die wirtschaftliche Situation der unterstützten Person verbessert und auf die Unterstützung ganz oder mindestens teilweise verzichtet werden kann (vgl. Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern 1993, S. 108ff.).

d) Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit darf jedoch nicht verlangt werden, wenn infolge der Berufstätigkeit die Erziehungs- und Betreuungsaufgaben der Eltern gegenüber ihren Kindern nicht mehr angemessen erfüllt werden können (Wolffers, a.a.O., S. 110). Dieser Grundsatz ist besonders für alleinerziehende Eltern von grosser Bedeutung. Alleinerziehende und haushaltführende Elternteile sollen so lange nicht zur Arbeit verpflichtet werden, als sie sich der Kindererziehung widmen und diese der Aufsicht und Betreuung bedürfen.

Ein Kind bedarf mindestens in den ersten drei Lebensjahren der ständigen Präsenz einer Bezugsperson, welche in der Regel der Vater oder die Mutter ist. Erst ab dem fünften Lebensjahr ist eine stunden- oder tageweise Fremdplazierung im allgemeinen unproblematisch (SKöF-Richtlinien 5.0.3 und Kommentar dazu). In der kantonalen Praxis wird denn auch mehrheitlich von alleinerziehenden Personen mit Betreuungspflichten gegenüber Kleinkindern keine Erwerbstätigkeit erwartet (vgl. Pascal Coullery, Das Recht auf Sozialhilfe, Bern 1993, S. 90f.).

e) Der Argumentation der Vorinstanz kann somit nicht gefolgt werden. Die 13monatige Tochter V. wurde unter die Obhut der Beschwerdeführerin gestellt. Sie kümmert sich um deren Erziehung und führt daneben den Haushalt. Das Kleinkind der Beschwerdeführerin ist erst gut einjährig. Es bedarf noch der vollen Obhut und Aufsicht der Mutter. Die Beschwerdeführerin ist mit ihrer Rolle als alleinerziehende Mutter sowie der Führung eines Haushaltes voll ausgelastet. Eine zusätzliche Tätigkeit im Sinne einer Heim- oder auswärtigen Teilzeitarbeit kann ihr im jetzigen Zeitpunkt nicht zugemutet werden. Sie könnte negative Auswirkungen auf die in diesem Alter überaus wichtige Mutter-Kind-Beziehung haben.

f) Zusammenfassend ist die Beschwerde insoweit teilweise gutzuheissen, als Buchstabe c der angefochtenen Verfügung aufzuheben ist. Im übrigen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

(RRB Nr. 1763 vom 22. Oktober 1996).

 

46

Sozialhilfe

- Der Grundsatz der Subsidiarität der wirtschaftlichen Hilfe ist zu durchbrechen, wenn ein Anspruch auf Leistungen gegen Dritte nicht oder nicht rechtzeitig durchgesetzt werden kann.

Aus den Erwägungen:

1. Im Sozialhilferecht gilt der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 2 des Gesetzes über die Sozialhilfe vom 18. Mai 1983, ShG, nGS III-384). Dieser wird getragen vom Gedanken der Eigenverantwortung, das heisst, der Hilfesuchende hat zuerst seine eigene Kraft und seine eigenen Mittel einzusetzen und allfällige Rechtsansprüche vorab geltend zu machen. Namentlich entsteht ein Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe deshalb erst, wenn der Hilfesuchende für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen mit gleichem Wohnsitz nicht hinreichend oder rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann (§ 15 ShG). Der öffentlichen Sozialhilfe gehen familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungspflichten vor, da sie zu den eigenen Mitteln im Sinne von § 15 ShG zählen (§ 24 ShG; § 6 der Vollziehungsverordnung zum Gesetz über die Sozialhilfe vom 30. Oktober 1984, ShV, nGS III-385; EGV-SZ 1988, Nr. 44; Ady Inglin, Einführung in das schwyzerische Sozialhilferecht: Ein Querschnitt durch Gesetz und Verordnung, in EGV-SZ 1988, S. 159ff.). Der Grundsatz der Subsidiarität ist jedoch immer dann zu durchbrechen, wenn zwar ein Anspruch auf Leistungen Dritter besteht, die Leistungspflicht jedoch nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wird, so dass eine Notlage eintritt (Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern 1993, S. 71).

2. Im Rahmen des Eheschutzverfahrens vor dem Einzelrichter des Bezirks brachte die Beschwerdeführerin glaubhaft vor, dass ihr Ehemann ihr den Zutritt zum Haus in Y. verunmöglicht und ihr gleichzeitig ihre persönlichen Effekten und Gegenstände vorenthält und ihr zudem auch keinen Unterhaltsbeitrag leistet. Der Einzelrichter des Bezirks X. hat daraufhin mit Entscheid vom 2. Oktober 1995 den Ehemann der Beschwerdeführerin unter Strafandrohung u.a. superprovisorisch dazu verpflichtet, der Beschwerdeführerin an deren Unterhalt monatlich und monatlich vorauszahlbar Fr. 2500.- zu bezahlen. Gleichzeitig hat der Einzelrichter einer allfälligen Einsprache des Ehemannes die aufschiebende Wirkung entzogen und zwar bis zum definitiven und rechtskräftigen Entscheid über die Frauenunterhaltsbeiträge im Eheschutzverfahren. Der Ehemann leistete der Verfügung des Einzelrichters jedoch keine Folge, obwohl er u.a. durch die vormalige Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. November 1995 zur Bezahlung des Unterhaltsbeitrages aufgefordert worden war. Im Schreiben vom 17. November 1995 zuhanden der Vorinstanz brachte der Rechtsvertreter des Ehemannes insgesamt zum Ausdruck, dass der vom Einzelrichter verfügte Unterhaltsbeitrag nicht geleistet wird. Der Rechtsvertreter führte u.a. aus: „[Die Beschwerdeführerin] erhält eine Unterstützung in Teheran; das Rückreisebillett liegt bereit. Mein Klient wird für zukünftige Unterstützungsleistungen von seiten des Sozialamtes daher nicht mehr aufkommen." Am 3. Januar 1996 erhob die Beschwerdeführerin beim Bezirksamt X. Privatstrafklage gegen ihren Ehemann wegen Vernachlässigung der Unterstützungspflichten gemäss Art. 217 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin zwar über einen einzelrichterlich superprovisorisch verfügten Anspruch auf Unterhaltsleistungen gegenüber ihrem Ehemann verfügt, dieser jedoch der richterlichen Verfügung trotz entsprechender Aufforderung durch die Beschwerdeführerin und trotz der Strafandrohung des Einzelrichters keine Folge geleistet hat.

3. a) Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin trotz Kenntnis der geschilderten Sachlage die wirtschaftliche Hilfe verweigert. Sie begründet die Abweisung des Gesuchs um wirtschaftliche Hilfe einerseits damit, dass auf seiten der Beschwerdeführerin gar keine Notlage bestehe. Anderseits bringt die Vorinstanz vor, dass die Beschwerdeführerin den geforderten Nachweis des Betreibungsbegehrens nicht erbracht habe.

b) Die Vorinstanz bestreitet eine finanzielle Notlage der Beschwerdeführerin. Sie begründet ihren Standpunkt mit den erheblichen finanziellen Mitteln des Ehemannes der Beschwerdeführerin. Mit ihrer Argumentation übersieht die Vorinstanz, dass für das Vorliegen einer Notlage nicht auf die Leistungskraft eines Dritten, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse des Hilfesuchenden abzustellen ist. Vorliegend wird der Beschwerdeführerin der Zutritt zum Haus in Y. verunmöglicht, zudem hat sie keinen Zugriff auf die finanziellen Mittel ihres Mannes. Da die Beschwerdeführerin ansonsten über keine eigenen finanziellen Mittel verfügt, was sie zumindest glaubhaft dargetan hat, ist sie als mittellos zu bezeichnen. Eine finanzielle Notlage der Beschwerdeführerin kann daher nicht verneint werden.

c) Im weiteren hat die Vorinstanz die Gewährung der wirtschaftlichen Hilfe bzw. die Bevorschussung der Unterhaltsleistungen vom Nachweis eines Betreibungsbegehrens abhängig gemacht. Im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip ist die vorinstanzliche Praxis, für die Gewährung von wirtschaftlicher Hilfe ein Betreibungsbegehren zu verlangen, sofern Ansprüche gegenüber Dritten bestehen, in der Regel nicht abwegig. Es ist jedoch festzuhalten, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe - im Gegensatz zur Bevorschussung von Unterhaltsansprüchen von Kindern - nicht vom Nachweis einer Betreibung abhängig gemacht hat. Bei der Gewährung von wirtschaftlicher Hilfe ist einzig darauf abzustellen, ob eine Person hinreichend oder rechtzeitig für ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln aufkommen kann.

Vorliegend kam der Ehemann der Beschwerdeführerin trotz superprovisorischer Verfügung des Einzelrichters seiner Unterhaltspflicht wissentlich und willentlich nicht nach. Aufgrund des offensichtlich fehlenden Zahlungswillens und den rechtlichen Möglichkeiten, ein Betreibungsverfahren in die Länge zu ziehen, wäre daher der bestehende Anspruch der Beschwerdeführerin auch mittels einer Betreibung nicht rechtzeitig realisierbar gewesen. Hiebei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Mann der Beschwerdeführerin sich gemäss seinen eigenen Angaben in X. abgemeldet und neu im Iran Wohnsitz genommen hat. Somit bestand betreffend des Betreibungsortes einige Unklarheit. Der Anspruch wäre möglicherweise einzig über ein Arrestverfahren realisierbar gewesen. Insgesamt ist somit festzustellen, dass die Beschwerdeführerin auch mit der Einleitung eines Betreibungsverfahrens für ihren Lebensunterhalt nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln hätte aufkommen können. Sie hatte deshalb gestützt auf § 15 ShG Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe. Die Vorinstanz durfte der Beschwerdeführerin daher den von Gesetzes wegen zustehenden Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe nicht mit der Begründung verweigern, es fehle der Nachweis des Betreibungsbegehrens.

In diesem Zusammenhang bleibt folgendes zu bemerken: die Beschwerdeführerin spricht gebrochen Deutsch und ist mit unseren Verhältnissen kaum vertraut. Für die Betreibung ihres Ehemannes war sie daher offensichtlich auf fremde Hilfe angewiesen. Aufgrund der durch die Fürsorgebehörden zu gewährenden persönlichen Hilfe wäre es deshalb Sache der Vorinstanz gewesen, der Beschwerdeführerin bei der Betreibung des Ehemannes behilflich zu sein.

d) Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Leistungen Dritter besteht, der Dritte jedoch seiner Leistungspflicht nicht nachkommt. Da die Beschwerdeführerin ansonsten über keine eigenen Mittel verfügt, war und ist es ihr nicht möglich, für ihren Lebensunterhalt rechtzeitig selbst aufzukommen. Die Beschwerdeführerin hat deshalb gestützt auf § 15 ShG Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe. Die Vorinstanz hat deshalb zu Unrecht der Beschwerdeführerin die wirtschaftliche Hilfe verweigert.

(RRB Nr. 428 vom 5. März 1996).

 

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Sozialhilfe

- Art und Umfang der wirtschaftlichen Hilfe, insbesondere der existenzsichernden Leistungen (Erw. 3).
- Beim Weihnachtsgeld handelt es sich um keine existenzsichernde Leistung (Erw. 4).
- Geht die Vorinstanz davon aus, dass das Weihnachtsgeld im Unterhaltsbetrag und im frei verfügbaren Betrag mitenthalten sei, ist deren Entscheidung nicht zu beanstanden (Erw. 5).

Aus den Erwägungen:

2. Gegenstand dieses Verfahrens bildet die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht das Gesuch um Ausrichtung eines Weihnachtsgeldes abgewiesen hat. Die andern Vorwürfe, die in der Beschwerde gegen die Vorinstanz erhoben wurden, sind in diesem Verfahren nicht zu hören, da sie sich nicht direkt auf den Streitgegenstand beziehen.

3. a) Art und Mass der wirtschaftlichen Hilfe richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes über die Sozialhilfe (ShG, nGS III-384) und der Vollziehungsverordnung zum Gesetz über die Sozialhilfe (Sozialhilfeverordnung, ShV, nGS III-385) sowie den örtlichen Verhältnissen des Unterstützungswohnsitzes, wobei die zuständige Fürsorgebehörde nach pflichtgemässem Ermessen entscheiden muss (§ 5 Abs. 1 ShV). Für die Bemessung der Hilfe haben die Richtsätze der Schweizerischen Konferenz für öffentliche Fürsorge (SKöF-Richtlinien) wegleitenden Charakter (§ 5 Abs. 2 ShV).

b) Den SKöF-Richtlinien für die Bemessung der Sozialhilfe kommt im Bereich der existenzsichernden Leistungen der Charakter von Mindestansätzen zu, die von den zuständigen Behörden grundsätzlich nicht unterschritten werden dürfen. Existenzsichernde Leistungen stehen dem Hilfesuchenden aufgrund seines Rechts auf Gewährung des sozialen Existenzminimums zu. Zu ihnen wird neben den Kosten für Nahrung, Kleidung und Obdach auch der frei verfügbare Betrag (Ziffer 2.4 SKöF-Richtlinien) gezählt. Diese Pauschale zur Befriedigung individueller Bedürfnisse, mit der Kosten für Vergnügungen, Teilnahme an kulturellen und geselligen Anlässen usw. abgedeckt werden sollen, ist für das soziale Existenzminimum charakteristisch. Das soziale Existenzminimum soll auch die Teilnahme an den zivilisatorischen, sozialen und kulturellen Errungenschaften ermöglichen. Dieser Teilaspekt des sozialen Existenzminimums kann für das schwyzerische Recht § 16 Abs. 1 Satz 2 ShG entnommen werden. Danach sind in einem vertretbaren Umfang auch Beziehungen zur Umwelt zu den persönlichen Bedürfnissen zu zählen (vgl. EGV-SZ 1994, Nr. 49, S. 152ff. mit weiteren Hinweisen).

4. a) Ein Weihnachtsgeld fällt gemäss Ziff. 2.4 des Kommentars zu den SKöF-Richtlinien unter die Position des frei verfügbaren Betrages. Es stellt sich somit die Frage, ob ein Weihnachtsgeld, das zusätzlich zum monatlich frei verfügbaren Betrag ausbezahlt wird, als existenzsichernde Leistung zu betrachten ist.

b) Die Schweizerische Konferenz für öffentliche Fürsorge äussert sich in Ziffer 2.4 ihrer Richtlinien wie folgt zur Ausbezahlung von Weihnachtsgeld:

„Der frei verfügbare Betrag kann zu Weihnachten (für den Monat Dezember) angehoben werden. Unterstützte haben dann die Möglichkeit, kleine Geschenke zu machen und vermehrt Kontakte zu pflegen (z.B. Verwandtenbesuche), ohne ihr Unterhaltsbudget übermässig zu belasten."

c) Im Zusammenhang mit der Anhebung des frei verfügbaren Betrages zu Weihnachten verwendet die Schweizerische Konferenz für öffentliche Fürsorge eine Kann-Formulierung. Sie tut dadurch dar, dass sie das Ausrichten eines Weihnachtsgeldes nicht als zwingend notwendig erachtet. Demnach rechnet sie das Weihnachtsgeld nicht zu demjenigen Teil des frei verfügbaren Betrags, der einem Unterstützten aufgrund seines Rechts auf das soziale Existenzminimum unbesehen zusteht. Beim Weihnachtsgeld handelt es sich dieser Auffassung nach daher um keine existenzsichernde Leistung.

Dieser Auffassung ist aufgrund folgender Überlegungen beizupflichten: Der frei verfügbare Betrag wird einem Hilfesuchenden in Form einer Monatspauschale ausgerichtet. Mit der Pauschale wird der durchschnittliche monatliche Bedarf, der für die Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Sinne des sozialen Existenzminimums benötigt wird, abgegolten. Dabei bleibt sich der Betrag der Pauschale jeden Monat gleich. Und zwar unabhängig davon, um welche Jahreszeit es sich handelt, ob der Monat 28 oder 31 Tage umfasst, ob besondere persönliche Bedürfnisse wie etwa ein Geburtstagsfest anstehen oder andere Gegebenheiten eine Erhöhung oder Reduzierung des Durchschnittsbetrags rechtfertigen würden. Dementsprechend sind auch Kosten für kleine Geschenke und vermehrte Kontakte zu Weihnachten in den Monatspauschalen bereits enthalten. Sind solche Kosten jedoch bereits durch die Monatspauschale abgedeckt, so kann bei einem Weihnachtsgeld nicht mehr von einer existenzsichernden Leistung gesprochen werden.

Eine solche Handhabung des frei verfügbaren Betrages entspricht bzw. fördert im übrigen namentlich das vom Sozialhilfegesetz angestrebte Ziel der Erhaltung und Förderung der Eigenständigkeit des Hilfesuchenden (vgl. § 4 Abs. 2 ShG). Der Hilfesuchende wird dazu angehalten, den frei verfügbaren Betrag seinen individuellen Bedürfnissen entsprechend einzuteilen. Dazu gehört auch, dass der Hilfesuchende für persönliche Bedürfnisse, die ihm besonders wichtig sind und überdurchschnittliche Kosten nach sich ziehen, in den Monaten zuvor einen Teil seiner Monatspauschale beiseite legt.

d) Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass es sich bei einem Weihnachtsgeld, das zusätzlich zur Monatspauschale ausbezahlt wird, um keine existenzsichernde Leistung handelt.

5. a) Handelt es sich beim Weihnachtsgeld um keine existenzsichernde Leistung, so liegt es im Ermessensbereich der kommunalen Fürsorgebehörde (vgl. § 5 Abs. 1 ShV), ob sie einem Hilfesuchenden ein Weihnachtsgeld ausbezahlt. Zu diesem Resultat ist offenbar auch der Vertreter der Beschwerdeführerin gelangt. Jedenfalls hat er im Schreiben vom 23. Januar 1996 festgehalten, es sei ihm von Anfang an klar gewesen, dass die einzelnen Fürsorgebehörden die Auszahlung eines Weihnachtsgeldes frei und ungebunden handhaben können.

Bei der Ermessenskontrolle im Sozialhilfewesen kommt dem Regierungsrat grundsätzlich eine umfassende Kognition zu, da dieser Rechtsbereich nicht in den Autonomiebereich der Vorinstanz fällt (vgl. EGV-SZ 1994, Nr. 49, S. 155; § 46 VRP). Der Regierungsrat übt jedoch die Ermessenskontrolle im Bewusstsein seiner spezifischen Rolle aus: Er ist kantonale Rechtsmittelinstanz und nicht kommunale Sozialhilfebehörde. Bei der Ermessenskontrolle setzt er daher nicht sein Ermessen anstelle des Ermessens der Vorinstanz. Er überprüft einzig, ob die Vorinstanz ihr Ermessen richtig und zweckmässig, d.h. pflichtgemäss ausgeübt hat.

b) In Ziff. 2.4 des Kommentars zu den SKöF-Richtlinien wird bezüglich des frei verfügbaren Betrags festgehalten:

„Der frei verfügbare Betrag darf nicht isoliert, sondern muss im Zusammenhang mit der Unterhaltspauschale (Ziffer 2.2) betrachtet werden: Wem es gelingt, mit dem Unterhaltsbetrag wirtschaftlich und sparsam umzugehen, dem stehen noch zusätzliche Mittel zur Befriedigung individueller Bedürfnisse zur Verfügung. Es ist zu beachten, dass der empfohlene Betrag knapp bemessen ist, wenn Personen nicht über eine Unterhaltspauschale verfügen können."

Die Vorinstanz rechnet der Beschwerdeführerin bei der Berechnung ihres sozialen Existenzminimums monatlich einen Unterhaltsbeitrag von Fr. 670.- und einen frei verfügbaren Betrag von Fr. 150.- an, was den Betragsempfehlungen zu den SKöF-Richtlinien entspricht (vgl. Beiblatt 1995 zu den SKöF-Richtlinien).

Da der Beschwerdeführerin eine Unterhaltspauschale angerechnet wird, kann daher davon ausgegangen werden, dass der frei verfügbare Betrag der Beschwerdeführerin nicht allzu knapp bemessen ist, sondern die persönlichen Bedürfnisse der Beschwerdeführerin genügend abzudecken vermag.

Sind die persönlichen Bedürfnisse der Beschwerdeführerin durch den frei verfügbaren Betrag genügend abgedeckt, so kann der Entscheid der Vorinstanz, der Beschwerdeführerin kein zusätzliches Weihnachtsgeld auszubezahlen, nicht beanstandet werden. Durch das Abweisen des Gesuchs hat die Vorinstanz vorliegend das ihr zustehende Ermessen richtig gehandhabt. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.

(RRB Nr. 354 vom 27. Februar 1996).

 

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Planungs- und Baurecht

- Auf Auszonungsbegehren muss nur eingetreten werden, wenn sie in einem Auflageverfahren gestellt werden (Erw. 2).
- Der auf die Steuerperiode 1995/1996 in Kraft getretene Systemwechsel, wonach eingezonte, unüberbaute, jedoch groberschlossene Grundstücke nicht mehr nach dem tieferen landwirtschaftlichen Ertragswert besteuert werden, gewährt keinen Anspruch auf neue Beurteilung eines Nutzungsplanes (Erw. 3c).

Aus den Erwägungen:

2. Das Grundstück des Beschwerdeführers liegt gemäss rechtskräftigem Zonenplan des Bezirks Küssnacht aus dem Jahre 1984 im Übrigen Gemeindegebiet. Im 1. Auflageverfahren 1993 war die Zuweisung seiner Parzelle zur Industriezone vorgesehen. Damals hat er keine schriftliche Einsprache erhoben. Die Zuordnung zur Industriezone wurde vom ersten zum zweiten Auflageverfahren nicht geändert. Es lag also hinsichtlich des Grundstückes GB-Nr. 27/2340 keine wesentliche Änderung vor, die eine Wiederholung des Auflage- und Einspracheverfahrens erforderlich gemacht hätte und das Einspracherecht des Beschwerdeführers im 2. Auflageverfahren hätte aufleben lassen. Die Zuweisung des Grundstücks des Beschwerdeführers zur Industriezone war nicht Gegenstand der zweiten öffentlichen Auflage. Im öffentlich aufgelegten Plan wurde unmissverständlich festgehalten: „Zur Auflage gelangen nur die farbig bezeichneten Eintragungen". Das Grundstück des Beschwerdeführers enthielt keine solche Eintragung. Auch aus dem Publikationstext im Amtsblatt (ABl. 1996, S. 205) ergab sich unmissverständlich, dass nur die wesentlichen Änderungen gegenüber der ersten Auflage Gegenstand des zweiten Auflageverfahrens bilden. Da keine Änderung vorlag, war für das Grundstück des Beschwerdeführers auch gar keine zweite Auflage erforderlich.

Das Verwaltungsgericht hat denn auch in zwei neueren Urteilen (VGE 691/95 vom 11. Januar 1996; VGE 716/95 vom 22. März 1996) seine Praxis bestätigt, dass bei einer Zweitauflage im Sinne von § 26 Abs. 3 des Planungs- und Baugesetzes (PBG, nGS IV-493) nur auf jene Anträge einzutreten ist, die sich auf Zonenplanteile beziehen, welche gegenüber der Erstauflage planerisch eine Änderung erfahren haben. Das Grundstück des Beschwerdeführers war aber sowohl im ersten als auch im zweiten Auflageverfahren der Industriezone zugewiesen. Gegenüber der Erstauflage fand keine Änderung statt, weshalb die Vorinstanz zu Recht auf die Einsprache nicht eingetreten ist. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist deshalb abzuweisen.

3. a-b)…

c) Zur Frage der Besteuerung der eingezonten, aber noch landwirtschaftlich genutzten Grundstücke ist folgendes anzufügen: Der Beschwerdeführer will mit seinem Antrag auf Umzonung in die Landwirtschaftszone erreichen, dass sein Grundstück nicht gemäss § 28 Abs. 2 des Steuergesetzes unter Berücksichtigung des Verkehrs- und Ertragswertes, sondern nur noch nach dem tieferen Ertragswert bewertet wird. Die Bestimmung über die höhere Bewertung für groberschlossene, unüberbaute Grundstücke in der Bauzone wurde als Massnahme zur Verflüssigung des Baulandmarktes mit der Steuergesetzrevision vom 19. Mai 1988 eingeführt (ABl. 1988, S. 999). In der Übergangsbestimmung § 107a des Steuergesetzes wurde die Anwendbarkeit der neuen Bewertung jedoch aufgeschoben bis zur Steuerperiode 1995/1996.

Der Beschwerdeführer musste also seit der Abstimmung über die Steuergesetzrevision am 25. September 1988 wissen, dass bei einer Einzonung eine andere Bewertung gelten werde. Deshalb hätte der Beschwerdeführer sein Anliegen auf Umzonung in die Landwirtschaftszone bzw. auf Beibehaltung der Landwirtschaftszone zur Wahrung seiner Rechte in einer formellen Einsprache im ersten Auflageverfahren vorbringen müssen.

(RRB Nr. 808 vom 7. Mai 1996).

 

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Planungs- und Baurecht

- In einen Gestaltungsplan darf grundsätzlich nur eingezontes Bauland einbezogen werden, das auch überbaut werden kann (Erw. 4).
- Ausmass einer zulässigen Durchmischung der Nutzung in einem Gestaltungsplan in einer Landhauszone (Erw. 5).
- Ausnahmen von der Normalbauweise: Vorteile gegenüber der Normalbauweise (Erw. 6a); in bezug auf Abstandsvorschriften (Erw. 6b).
- Erschliessung eines Gestaltungsplangebietes (Erw. 6c).

Aus den Erwägungen:

4. a) Der Gestaltungsplan ist ein Sondernutzungsplan, der für eine zusammenhängende grössere Baulandfläche von 3000 m2 (bzw. 1500 m2 in der Kernzone) Sonderbestimmungen enthält, die die Rechtsgrundlage für eine nach wohnhygienischen, architektonischen und städtebaulichen Gesichtspunkten gute Überbauung bilden (§ 24 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes vom 14. Mai 1987 [PBG, nGS IV-493]; EGV-SZ 1989, S. 120 und S. 130f. mit Hinweisen). Nach Art. 52 Abs. 1 des Baureglementes Altendorf (BauR) können in allen Bauzonen Gestaltungspläne erlassen werden, wenn die vorerwähnten Mindestflächen erreicht werden.

Voraussetzung für einen Gestaltungsplan ist somit, dass das Plangebiet Bauland umfasst, das tatsächlich überbaut werden kann. Demzufolge kann nichteingezontes Land, auf dem nur ausnahmsweise (gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [RPG, SR 700]) gebaut werden darf, grundsätzlich nicht in den Gestaltungsplanperimeter aufgenommen werden. Es ist denn auch kaum denkbar, dass mit Teilen einer Nichtbauzone bzw. des übrigen Gemeindegebietes eine zweckmässige Gesamtplanung erstellt werden könnte. Die Landfläche ausserhalb der Bauzone wäre für die Ausnützung gar nicht anrechenbar. Im weitern könnten dort mit Ausnahme von Grünflächen keine für die Gestaltungsplanung notwendigen Nutzungen und baulichen Massnahmen verwirklicht werden. Denkbar wäre unter bestimmten tatsächlichen Verhältnissen und planerischen Voraussetzungen, eine für unabsehbare Zeit bestehende, an sich widerrechtliche Nutzung bzw. Überbauung in eine Gestaltungsplanung mit Sanierungszwecken einzubeziehen (vgl. hiezu BGE 121 I E. 8).

b) Das eingezonte Bauland des Gestaltungsplanes „Altersresidenz Seehaus in der Lidwil" umfasst nach Angaben der Beschwerdegegnerin 2 3 307 m2. Hinzukommen sollen gemäss Art. 1 der Sonderbauvorschriften (SBV) weitere 1024 m2, die im künftigen Zonenplan zur Einzonung vorgesehen sind. Im heutigen Zeitpunkt kann jedoch nur auf das rechtskräftig eingezonte Planareal abgestellt werden. Dies hat zur Folge, dass die Gestaltung des nordwestlichen Landstreifens, der erst im Zonenplanentwurf als Bauland ausgeschieden ist, mit dem geplanten Spielplatz, Wäschetrocknungsplatz und weiteren Terrainveränderungen gar nicht realisiert werden kann. Die dort vorgesehenen Anlagen sind zurzeit mangels Baulandqualität des Terrains gar nicht bewilligungsfähig. Der Gestaltungsplaninhalt steht somit zur Bauzonenabgrenzung des gültigen Zonenplans und damit zur geltenden Grundordnung der Gemeinde Altendorf im Widerspruch (EGV-SZ 1989, S. 130). Auch wenn es sich beim Gestaltungsplan um eine Sonderregelung für ein beschränktes Gebiet handelt, darf er die Baugebietsabgrenzung der Grundordnung nicht übergehen. Hinzu kommt, dass der Zonenplanentwurf, nach dem der zusätzliche Landstreifen eingezont werden soll, keine Vorwirkung entfaltet und deshalb nicht angewendet werden darf, bevor er in Kraft getreten ist (Rhinow/Krähenmann, Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, 1990, S. 50; RRB Nr. 116 vom 25. Januar 1994, E. 6a mit weiteren Hinweisen).

Der Gestaltungsplan „Altersresidenz Seehaus in der Lidwil" kann deshalb nur insoweit Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sein, als das Planareal eingezontes Bauland beschlägt. Die im nordwestlichen Bereich geplanten Freiflächen und Freizeitanlagen fallen deshalb für die Beurteilung ausser Betracht.

5. a) Gemäss § 24 Abs. 2 (2. Satz) PBG und Art. 53 Abs. 1 (2. Satz) BauR ist die Durchmischung der Nutzung im Gestaltungsplangebiet zulässig, sofern Zweck und Charakter der betreffenden Zone grundsätzlich gewahrt bleiben. Nach Ansicht der Beschwerdeführer erfüllt die geplante Alterssiedlung diese Voraussetzung nicht, und zwar sowohl in bezug auf die massierte Bauweise als auch in bezug auf die teilweise Ausgestaltung als Dienstleistungs- bzw. Gewerbebetrieb.

b) Der Grundsatz, wonach die Bauzonen der Grundordnung nicht mit Hilfe von Gestaltungsplänen umfunktioniert werden dürfen, hat mit der Möglichkeit von Nutzungsdurchmischungen eine gewisse Lockerung erfahren (EGV-SZ 1993, Nr. 15). Zonenfremde Nutzungen innerhalb eines Gestaltungsplanareals dürfen jedoch nach wie vor Zweck und Charakter der betroffenen Bauzone des Nutzungsplanes der Gemeinde nicht grundsätzlich in Frage stellen, d.h. eine an sich nach der Grundordnung zonenwidrige Nutzung darf eine konkrete Sondernutzungsplanung in keiner Art und Weise dominieren. Die zonengerechte Nutzung der Rahmenordnung muss gestalterisch wie funktionell immer noch deutlich im Vordergrund stehen. Die Gestaltungsplanung hat sich trotz den möglichen Abweichungen in die Nutzungsordnung der Gemeinde einzufügen (Erich Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, Kommentar, 2. Auflage, Aarau 1985, S. 334).

c) Nach Art. 36 Abs. 1 BauR bezwecken Landhauszonen eine zurückhaltende, landschaftsschonende Überbauung, zulässig sind nur Wohnbauten. Diese Zonenvorschrift bringt den Zweck und Charakter der Landhauszone in zweierlei Hinsicht zum Ausdruck. Eine zonengemässe Überbauung muss auf der einen Seite in bezug auf das optisch Wahrnehmbare (äussere Gestaltung, Bauweise, Stellung der Bauten), auf der andern Seite in bezug auf deren funktionellen Zusammenhang (Art und Mass der Nutzung) bestimmte ortsplanerische Anforderungen erfüllen.

aa) Die Landhauszone ist eine reine Wohnzone. Im Gegensatz zu den Wohnzonen, die gemäss Art. 37 Abs. 1 und 2 BauR ruhige und gesunde Wohnverhältnisse gewährleisten sollen und deshalb nur nichtstörende Gewerbebetriebe zulassen, werden in der Landhauszone nebst Wohnbauten keine anderen Nutzungen toleriert. Das Wohnen hat hier demzufolge in bevorzugter Weise Vorrang. Dies ergibt sich auch aus den im Zonenplan für die Landhauszonen ausgeschiedenen privilegierten Wohnlagen, die sich vor allem am See befinden.

Geplant ist eine Altersresidenz mit 18 Wohneinheiten, einem Gebäudetrakt mit diversen Gemeinschaftsräumen und Pesonalwohnungen, einer Kapelle sowie einer Tiefgarage. Die Wohnnutzung, die in erster Linie aus Erholung, Schlafen, Heimarbeit, Essen, Freizeitgestaltung usw. besteht, und die von alten und jungen Leuten, Familien, Wohngemeinschaften oder Einzelpersonen, Schweizern oder Ausländern wahrgenommen werden kann (EGV-SZ 1992, S. 128), steht dabei im Vordergrund, auch wenn zusätzlich verschiedene Dienstleistungen (wie Essen, Waschen, Putzen, gemeinsame Anlässe und Aktivitäten usw.), für die auch Personal benötigt wird, angeboten werden. Aufgrund der zulässigen Nutzungsdurchmischung (Art. 53 Abs. 1 BauR) können diese gewerblichen Tätigkeiten, die funktional mit der Wohnnutzung in einer Altersresidenz in Zusammenhang stehen, im Rahmen eines Gestaltungsplanes durchaus akzeptiert werden, zumal hier nicht der Dienstleistungsbetrieb und damit die individuelle Betreuung und Pflege von alten Leuten, die nicht mehr alleine und selbständig wohnen könnten, im Vordergrund steht, wie dies bei einem Alters- oder Pflegeheim der Fall wäre (wobei selbst ein solcher Betrieb in einer Wohnzone nicht zum vornherein ausgeschlossen wäre, vgl. hiezu EGV-SZ 1992, Nr. 50). In bezug auf die Nutzungsart wären demnach Zweck und Charakter der Landhauszone durch den zur Diskussion stehenden Gestaltungsplan nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

bb) Hingegen erfüllt der Gestaltungsplan diese Anforderung in bezug auf die äussere Gestaltung und Bauweise nicht. Schon der Begriff „Landhaus" deutet darauf hin, dass Einzelbauten von beschränkter Grösse und nicht ganze Gebäudekomplexe mit zahlreichen Wohneinheiten erstellt werden sollen. Diese massliche Beschränkung der Gebäudevolumen ergibt sich auch aus dem Erfordernis der zurückhaltenden, landschaftsschonenden Überbauung, dem nur mit einer unauffälligen, lockeren Bauweise Rechnung getragen werden kann. Diesem Zweck gilt es in der Landhauszone Lidwil aufgrund der empfindlichen Lage am See (vgl. kantonaler Richtplan) und der in unmittelbarer Umgebung ausgeschiedenen kommunalen Naturschutzzonen in besonderem Masse Beachtung zu schenken. Schliesslich zeigen auch die Grundmasse der Bauten gemäss Art. 46 BauR, wonach die Landhauszone die geringsten Dimensionen aufweist, dass dort nur zurückhaltend gebaut werden darf. Auch die zulässige Ausnützungsziffer ist mit 0.36 für die Landhauszone L2 (0.23 für die Landhauszone L1) die tiefste. Auch wenn im Rahmen einer Gestaltungsplanung diese Grundmasse der Zone überschritten werden dürfen, gilt dies nicht unbeschränkt, sondern nur unter Berücksichtigung des Zonenzwecks und -charakters der Grundordnung, die noch erkennbar bleiben müssen. Dies ergibt sich auch aus Art. 53 Abs. 2 lit. a und Art. 46 BauR, wonach in den Landhauszonen (und der Wohnzone W2) auch bei einer Gestaltungsplanung die Geschosszahl nicht erhöht bzw. die Gebäudehöhe nicht vergrössert werden darf.

Mit der im vorliegenden Gestaltungsplan „Altersresidenz Seehaus in der Lidwil" vorgesehenen Überbauung wird der Grundzweck und Grundcharakter der Landhauszone in bezug auf zonengerechte Dimensionen nicht mehr gewahrt. Die Gebäudelängen von 25 m (Art. 27 und 46 BauR) werden tatsächlich wie optisch massiv überschritten (auf der Nordwestfassade sogar mindestens um das Doppelte [Art. 6.1 SBV]). Der ganze Gebäudekomplex wirkt unabhängig von den architektonischen Bemühungen um eine qualitativ gute Überbauung mehrgeschossig, volumen- wie flächenmässig sehr massiert und deshalb sehr auffällig und dominierend, so dass in Anbetracht der sehr empfindlichen Lage von einer zurückhaltenden und landschaftsschonenden Bauweise nicht gesprochen werden kann.

cc) Zusammenfassend ergibt sich, dass der Gestaltungsplan „Altersresidenz Seehaus in der Lidwil" der zonengemässen Grundordnung der Gemeinde widerspricht und schon deshalb nicht genehmigt werden kann.

6. Im weitern drängen sich zum vorliegenden Gestaltungsplan noch folgende Bemerkungen auf:

a) Nach § 24 Abs. 2 PBG kann im Rahmen eines Gestaltungsplanes von der Normalbauweise abgewichen werden, indem Ausnahmen von den kantonalen und kommunalen Bauvorschriften gewährt werden können, wenn der Sondernutzungsplan gegenüber der Normalbauweise „mehrere, wesentliche Vorteile" beinhaltet. Auch Art. 52 BauR verlangt eine „bessere Gestaltung und Überbauung" als die Bauweise nach der Grundordnung. Diese Vorteile werden in Art. 52 Abs. 2 lit. a-g BauR, der inhaltlich § 24 Abs. 3 PBG noch ergänzt, (nicht abschliessend) aufgezählt.

Nachdem grosse Freiflächen und Anlagen zurzeit ausserhalb der Bauzone liegen und deshalb so wie geplant nicht gestaltet und erstellt werden können, verliert dieser Vorteil an Gewicht.

In Anbetracht des dominanten Bauvolumens und der empfindlichen Umgebung erscheint eine harmonische Einfügung des geplanten Vorhabens in die Seeuferlandschaft schwierig.

Eine verdichtete Bauweise ist nur im Rahmen des Zwecks und Charakters der Landhauszone möglich.

Da die geplante Altersresidenz von begüterten Betagten belegt werden soll, fällt der Vorteil des preisgünstigen Wohnraums für Familien ausser Betracht.

Da die Verordnung über das Energiesparen bei Bauten und Anlagen vom 15. Dezember 1993 (nGS IV-497) und die Vollzugsverordnung hiezu vom 14. Juni 1994 (nGS IV-497a), die eine rationelle und sparsame Energienutzung bei der Realisierung von Bauvorhaben bezwecken, seit dem 1. Januar 1995 in Kraft sind, fällt der Vorteil des wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Energiekonzeptes heute weniger ins Gewicht als dies früher, wo diese Mehrleistungen noch freiwillig waren, der Fall war.

Gesamthaft betrachtet sind deshalb die besonderen Leistungen der geplanten Sondernutzung weniger stark zu gewichten, als die Vorinstanz dies getan hat.

b) Ob deshalb die zugestandenen Abweichungen von der Normalbauordnung (Art. 53 Abs. 2 BauR) durch die erbrachten Mehrleistungen „verdient" sind, erscheint fraglich, kann jedoch in diesem Verfahren offengelassen werden. In bezug auf das Unterschreiten der Abstandsvorschriften ist jedoch auf folgendes hinzuweisen: Nach Art. 53 Abs. 2 lit. c BauR kann eine Reduktion der „internen" Grenz- und Gebäudeabstände zugestanden werden. Daraus ergibt sich (e contrario), dass „externe" Abstände nicht unterschritten werden dürfen. Diese werden jedoch im vorliegenden Gestaltungsplan in bezug auf den Waldabstand (von 15 m ab Stockgrenze gemäss § 67 Abs. 1 PBG) auf der Nordwestseite sowie den kleinen Grenzabstand (von 5 m gemäss Art. 46 BauR) auf der Südostseite nicht vollumfänglich eingehalten. Ob hiefür allenfalls Ausnahmebewilligungen erteilt werden können, müsste im Baubewilligungsverfahren geprüft und von den zuständigen Behörden beurteilt werden. In Anbetracht der Grösse der bei einer Gestaltungsplanung zur Verfügung stehenden Landfläche sind solche Dispense jedoch äusserst fraglich. Es müssten wohl andere Ausnahmegründe hinzukommen, die ein weiteres Abgehen von der Grundordnung rechtfertigen könnten. Würde man vorliegend beispielsweise eine lockerere Bauweise vorsehen, könnten die Abstände denn auch ohne weiteres eingehalten werden (RRB Nr. 605 vom 28. März 1995, E. 6b; Nr. 296 vom 21. Februar 1996, E. 5d).

c) aa) Unbestritten ist, dass die strassenmässige Erschliessung des Plangebietes im bestehenden Zustand den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt (§ 37 PBG, Art. 4 BauR). Währenddem die Beschwerdeführer jedoch der Auffassung sind, dass die hinreichende Erschliessung bereits im Gestaltungsplanverfahren tatsächlich wie rechtlich sichergestellt sein muss, genügt es nach Ansicht der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin 2, wenn diese Voraussetzungen bis zum Baubeginn erfüllt sind. Im Planverfahren könne auf eine vertragliche Vereinbarung betreffend Anpassung der bestehenden Erschliessungsträger bzw. deren Neuerstellung abgestellt werden, oder die Genehmigung des Gestaltungsplanes sei nur mit entsprechenden Bedingungen auszusprechen.

bb) Die Zwecksetzung eines Gestaltungsplanes kann u.a. auch darin bestehen, eine sinnvolle Erschliessung einer grösseren Baulandfläche zu ermöglichen (EGV-SZ 1990, S. 65). Die Erschliessungsplanung obliegt den Gemeinden (§ 15, § 22f. und §§ 37ff. PBG; Art. 3 Abs. 3 und Art. 4 BauR). Da nur baureifes Land überbaubar ist, können und dürfen die Erschliessungsverhältnisse den kommunalen und kantonalen Planungsbehörden beim Erlass eines Gestaltungsplanes nicht gleichgültig sein. Es versteht sich von selbst, dass bereits im Planungsstadium die Erschliessungsproblematik studiert und Lösungsansätze aufgezeigt werden müssen. Im Gestaltungsplanverfahren muss deshalb dargestellt werden, wie das Plangebiet zweckmässig erschlossen werden kann, ohne dass dadurch die Erschliessung weiterer angrenzender Baulandflächen erschwert oder sogar verunmöglich würde (RRB Nr. 605 vom 28. März 1995, S. 12f.). Hingegen genügt es, wenn in diesem Verfahren festgestellt werden kann, dass die aufgezeigte(n) Erschliessungsvariante(n) tatsächlich wie rechtlich realisierbar ist (sind), ohne dass im Detail bereits feststeht, wie dieses Ziel schlussendlich erreicht werden soll. Diese Voraussetzung wäre dann nicht erfüllt, wenn z.B. eine notwendige Strassenverbreiterung aus topografischen Gründen zum vornherein nicht möglich wäre, oder wenn ein Strassenstück ausserhalb der Bauzone oder in ein Naturschutzgebiet zu liegen käme. Ist das Gestaltungsplanareal jedoch bei realistischer Betrachtungsweise erschliessbar, kann auf diese Erkenntnis abgestellt werden, allerdings immer im Bewusstsein, dass im Baubewilligungsverfahren die Baureife tatsächlich wie rechtlich ausgewiesen sein muss.

cc) Ohne dass in diesem Beschwerdeverfahren auf Details der geplanten Strassenerschliessung eingegangen werden muss, scheint es möglich zu sein, das Plangebiet der Baureife zuzuführen. Die räumlichen, topografischen Voraussetzungen sind gegeben. …

(RRB Nr. 655 vom 16. April 1996).

 

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Planungs- und Baurecht

- Zonenkonformität eines Zweifamilienhauses, das mit einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung zusammengebaut wird, in einer Wohnzone W2?

Aus den Erwägungen:

3. a) Die Beschwerdegegnerin 2 beabsichtigt, ein Zweifamilienhaus und ein Einfamilienhaus samt Einliegerwohnung mit je separaten Eingängen zu erstellen, insgesamt also vier Wohneinheiten. Die beiden Baukörper sollen unter einem gemeinsamen Dach aneinandergebaut werden. Im ostseits gelegenen Zweifamilienhaus ist vorgesehen, im Erdgeschoss eine 4-Zimmer-Wohnung und im Ober- und Dachgeschoss eine 5-Zimmer-Wohnung zu erstellen. Im westseits gelegenen Einfamilienhaus sollen im Erdgeschoss eine 2-Zimmer-Wohnung (Einliegerwohnung) und im Ober-/Dachgeschoss eine 5-Zimmer-Wohnung errichtet werden. Vorab fragt es sich, ob das in der Wohnzone W2 gelegene Bauprojekt überhaupt zonenkonform ist.

b) Gemäss § 21 Abs. 2 lit. a des Planungs- und Baugesetzes vom 14. Mai 1987 (PBG, nGS IV-493) muss das kommunale Baureglement Vorschriften enthalten über die Bauweise, die Nutzungsart und das Ausmass der Nutzungen in den einzelnen Bauzonen. In diesem Sinne bestimmt Art. 32 Abs. 3 des Baureglements der Gemeinde Arth vom 8. Dezember 1991 (BauR, vom Regierungsrat mit RRB Nr. 33 vom 5. Januar 1993 genehmigt), dass in der Wohnzone W2 Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Reiheneinfamilienhäuser gestattet sind. Während nun die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin 2 die Ansicht vertreten, das eingereichte Projekt entspreche dieser Vorschrift, sind die Beschwerdeführer gegenteiliger Auffassung.

c) Weder das Bundesrecht noch das kantonale Recht enthalten Vorschriften über die in den einzelnen Zonen zulässige Bebauungsart der Häuser (Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser oder dergleichen). Art. 32 Abs. 3 BauR ist demnach dem kommunalen Baupolizeirecht zuzuordnen. Kommunales Recht wird durch die Beschwerdeinstanz grundsätzlich frei überprüft und selbständig interpretiert. Ermessensfehler können jedoch nur überprüft werden, soweit dadurch die Autonomie der Gemeinden nicht verletzt wird (§ 46 Abs. 2 VRP). Bei der Überprüfung von Rechtsfragen steht dem Regierungsrat grundsätzlich uneingeschränkte Kognition zu. Lässt eine kommunale Bestimmung jedoch zwei vertretbare Auslegungen zu, so hat die Beschwerdeinstanz in der Regel der kommunalen Praxis den Vorzug zu geben. Sie kann von dieser Praxis nur dann abweichen, wenn zureichende Gründe gegeben sind (EGV-SZ 1989, Nr. 2).

d) Die Zonenordnung der Gemeinde Arth unterscheidet vier reine Wohnzonen (Wohnzonen W1, W2, W3 und W4). Die Wohnzonen W3 und W4 sind vornehmlich für Mehrfamilienhäuser bestimmt (Art. 32 Abs. 4 BauR), während in den Wohnzonen W1 und W2 Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Reiheneinfamilienhäuser gestattet sind (Art. 32 Abs. 3 BauR). Unter Ein- bzw. Zweifamilienhäusern sind freistehende Häuser mit einer bzw. zwei Wohneinheiten zu verstehen, während unter den Begriff Reiheneinfamilienhäuser mehr als zwei aneinander gebaute Einfamilienhäuser fallen. Mehrfamilienhäuser unterscheiden sich von Ein- und Zweifamilienhäusern durch die Zahl der Wohnungen (mehr als deren zwei) und das Anordnen der Nebenräume, deren Zusammenfassen für sie charakteristisch ist. Wenn zum Beispiel der Kellergrundriss vollständig ineinandergreift und Separaträume für die einzelnen Wohnungen fehlen, spricht dies für den Mehrfamilienhaus-Charakter einer Baute (AGVE 1976, Nr. 33; Erich Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, 2. Auflage, Aarau 1985, Rz. 6 zu §§ 130-133; Erich Zimmerlin, Bauordnung der Stadt Aarau, Aarau 1960, Rz. 6 zu § 27).

e) Soweit die Vorinstanz ausführt, im kommunalen Baureglement werde (für die hier massgebende Wohnzone W2) der Zusammenbau eines Zweifamilienhauses mit einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung nicht verboten, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Nach Art. 32 Abs. 3 BauR sind in der Wohnzone W2 nur (freistehende) Ein- und Zweifamilienhäuser sowie (aneinandergebaute) Einfamilienhäuser (= Reiheneinfamilienhäuser) zulässig. Diese Bestimmung lässt somit keinen Raum für die projektierte Bauweise. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut können in der Wohnzone W2 lediglich Einfamilienhäuser, allenfalls mit Einliegerwohnungen, aneinandergebaut werden (= Reiheneinfamilienhäuser). Das geplante Vorhaben, welches vier Wohneinheiten aufweist, kann nun weder als Ein-, Zwei- noch als Reiheneinfamilienhaus bezeichnet werden, weshalb dieses wie ein Mehrfamilienhaus zu behandeln ist. Hiefür spricht auch der Umstand, dass die projektierte Baute einen für alle Wohnungen gemeinsamen Abstell-, Schutz-, Tank-, Heizungs-, Wasch- und Trockenraum aufweist und über ein gemeinsames Dach verfügt. Nicht weiter von Bedeutung ist die Tatsache, dass die einzelnen Wohnungen über eigene Hauszugänge erschlossen werden bzw. die geplante Baute kein gemeinsames Treppenhaus aufweist. Dies vermag dem Bauvorhaben nicht den Charakter eines Ein-, Zwei- oder Reiheneinfamilienhauses zu geben. Ebensowenig ist von Relevanz, dass angeblich in der näheren und weiteren Umgebung ähnliche Projekte auch schon bewilligt worden sind. Zum einen gibt der Umstand, dass andere Personen abweichend vom Gesetz behandelt wurden, einem Privaten keinen Anspruch, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Zum andern ist zu berücksichtigen, dass gemäss Art. 43 Ziff. 3 des alten Baureglements der Gemeinde Arth vom 24. September 1978 (vom Regierungsrat mit RRB Nr. 1990 vom 4. Dezember 1978 genehmigt) in der Wohnzone W2 auch Zweifamilienreihenhäuser gestattet waren.

f) Somit ergibt sich, dass das projektierte Vorhaben als Mehrfamilienhaus zu qualifizieren und demnach gemäss Art. 32 Abs. 3 BauR nicht zonenkonform ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin 2 lässt diese Bestimmung eine Ermessensbetätigung der Vorinstanz nicht zu. In Gutheissung der Beschwerde ist daher der angefochtene Beschluss der Vorinstanz aufzuheben.

(RRB Nr. 1320 vom 6. August 1996).

 

51

Planungs- und Baurecht

- Die Einsprache- und Rechtsmittelbefugnis ist in einem nachträglichen Baubewilligungsverfahren nicht verwirkt, auch wenn ein Einsprecher in Kenntnis des Sachverhaltes zunächst nichts vorkehrt.

Aus den Erwägungen:

2. Die Vorinstanz beantragt, soweit sich die Beschwerde auf den bis 1993/94 vorhandenen Velounterstand/Geräteraum beziehe, sei darauf nicht einzutreten. Dies, weil die nachträgliche Rechtsschutzmöglichkeit gemäss EGV-SZ 1992, Nr. 8 auf 20 Tage nach Kenntnisnahme von baulichen Vorkehren beschränkt sei. Sie macht somit sinngemäss eine fehlende Rechtsmittelbefugnis des Beschwerdeführers geltend.

Dieser Einwand geht fehl. Der zitierte Verwaltungsgerichtsentscheid ist nicht einschlägig, weil es bei jenem um die Frage der nachträglichen Baueinsprache (§ 80 Abs. 3 Planungs- und Baugesetz vom 14. Mai 1987, PBG, nGS IV-493) bzw. um die nachträgliche Baueinsprachefrist geht. Eine nachträgliche Baueinsprache ist nun aber nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur möglich, wenn überhaupt ein ordentliches Baubewilligungsverfahren mit Auflage und Baugespann durchgeführt wurde. Dies war im konkreten Fall eben gerade nicht der Fall. Von der Verwirkung einer nachträglichen Rechtsschutzmöglichkeit kann deshalb vorliegend nicht die Rede sein. Selbst wenn man von der Zulässigkeit einer nachträglichen Baueinsprache bzw. dem Ablauf der zwanzigtägigen Frist ausginge, würde dies am Ergebnis des vorliegenden Entscheides nichts ändern. Dies, weil die Baubehörde in bezug auf ohne Bewilligung erstellte Bauten von Amtes wegen ein nachträgliches Bewilligungsverfahren in die Wege zu leiten hat, und weil das Fehlen einer Baubewilligung zudem aufsichtsrechtlich relevant ist.

(RRB Nr. 2085 vom 10. Dezember 1996).

 

52

Planungs- und Baurecht

- Eine Ordnungsbusse im Sinne von § 23 Abs. 3 VRP wegen leichtfertiger Verfahrenseinleitung bzw. -führung kann nur in eindeutigen Fällen ausgefällt werden (Erw. 2).

- Immissionsschutz nach dem Bundesgesetz über den Umweltschutz und nach kantonalem und kommunalem Planungs- und Baurecht (Erw. 5).

Aus dem Sachverhalt:

Die Eigentümer einer in der Wohn- und Gewerbezone gelegenen Liegenschaft planen eine teilweise Umnutzung des Erdgeschosses, in dem ein Garagebetrieb untergebracht war, in einen Bar-Betrieb mit Go-go-Girl-Tanzdarbietungen. Die im Obergeschoss nebst Restaurant und Bar bereits bestehende sogenannte Show-Tanzbar soll ins Erdgeschoss verlegt werden. Das Bauvorhaben wurde vom Gemeinderat bewilligt, und die dagegen erhobene Einsprache einer Nachbarin wurde abgewiesen. Eine gegen den Beschluss des Gemeinderates erhobene Verwaltungsbeschwerde wird vom Regierungsrat teilweise gutgeheissen.

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdegegner 2 werfen der Beschwerdeführerin verleumderisches und trölerisches Verhalten vor und verlangen, dass gegen sie die Ausfällung einer Sanktion im Sinne von § 23 Abs. 3 VRP geprüft werde. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde Parteien und Dritten, die ein Verfahren leichtfertig einleiten oder führen oder in anderer Weise den gebotenen Anstand verletzen, einen Verweis erteilen oder eine Ordnungsbusse bis zu Fr. 1000.- auferlegen.

Die Beschwerdegegner 2 sind der Auffassung, die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie würden ein „Striptease-Lokal" (anstelle einer Bar mit Go-go-Girl-Darbietungen) führen, sei verunglimpfend und verletze den gebotenen Anstand. Im weitern gehe es ihr einzig darum, die Realisierung des geplanten Bauvorhabens zu verzögern.

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung darf eine Sanktion im Sinne von § 23 Abs. 3 VRP nur in ganz eindeutigen Fällen ausgesprochen werden, damit sie im Interesse des Rechtsschutzes nicht zu einem Prozess-Abschreckmittel gemacht werde (VGE 690/94 vom 20. Januar 1995, E. 3).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Von einer leichtfertigen Verfahrenseinleitung bzw. -führung kann nicht gesprochen werden. Die Argumente der Zonenkonformität, der Parkplatzzahl, der Auswirkungen auf die nachbarlichen Liegenschaften, insbesondere in bezug auf die im Zusammenhang mit einem solchen Lokal aufkommenden Lärmimmissionen, können nicht zum vornherein als nicht ernsthaft abgetan werden. Auch wenn es lediglich um die Verlegung eines bestehenden Tanz-Lokals ins Erdgeschoss geht, so wird dieses doch immerhin erweitert, ohne dass der Barbetrieb in den bestehenden Lokalräumlichkeiten aufgegeben werden soll, so dass mit einer Mehrnutzung, die Auswirkungen haben kann, objektiverweise gerechnet werden darf. Dass die Beschwerdeführerin ihre Argumente auch der Beschwerdeinstanz unterbreitet und die vorinstanzliche Beurteilung nicht akzeptiert, ist ihr gutes Recht und kann in diesem Fall nicht als eindeutig trölerisch bezeichnet werden. Immerhin hat auch die Vorinstanz u.a. festgestellt, dass der Verkehrslärm über den Immissionsgrenzwerten liegt. Ihr Verzicht auf Lärmschutzmassnahmen bietet für die beschwerdeführende Anwohnerschaft objektiv Grund genug, das Verfahren weiterzuführen. Dass sie zusätzlich auch weitere Argumente vorbringt, ist ihr nicht verwehrt, denn nach § 48 VRP können im Verwaltungsbeschwerdeverfahren neue Tatsachen und Beweismittel geltend gemacht werden. Inwiefern zudem eine Verunglimpfung vorliegen soll, weil die Beschwerdeführerin nicht zwischen einem Striptease- und einem Go-Go-Girl-Lokal unterscheidet, ist nicht ersichtlich, denn der Unterschied zwischen beiden Lokalarten ist nicht sehr gross (hier wie dort wird neben tänzerischen Darbietungen vor allem viel nackte Haut gezeigt).

Von der Erteilung eines Verweises oder Ausfällung einer Ordnungsbusse ist deshalb abzusehen.

5. Die Beschwerdeführerin spricht dem Bauvorhaben in der Wohn- und Gewerbezone (WG4) wegen Lärm und ideellen Immissionen die Zonenkonformität ab.

a) Die Frage, ob und inwieweit Immissionen zulässig sind, wird heute in erster Linie in der Umweltschutzgesetzgebung des Bundes geregelt. Mit deren Inkrafttreten hat das kantonale Recht seine selbständige Bedeutung verloren, soweit sich sein materieller Gehalt mit dem Bundesrecht deckt oder weniger weit geht als dieses. Das kantonale Recht behält seine Eigenständigkeit jedoch dort, wo es die bundesrechtlichen Bestimmungen ergänzt oder - soweit erlaubt - verschärft (Art. 65 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 [USG, SR 814.01]). Soweit Bau- und Zonenvorschriften zudem festlegen, ob aus raumplanerischen Gründen eine bestimmte Nutzung bzw. ein bestimmtes Bauvorhaben in einer gewissen Zone zulässig ist, haben das kantonale und kommunale Recht weiterhin ihre selbständige Bedeutung. So hat das Bundesgericht festgestellt, dass die für den Charakter eines Quartiers wesentlichen Vorschriften bezüglich Nutzungsart und -intensität weiterhin auf Stufe Kanton und Gemeinden erlassen werden können, wobei diese mittelbar ebenfalls dem Schutze der Nachbarschaft vor Übelständen verschiedenster Art dienen. Das Umweltschutzrecht des Bundes erfasst zudem auch nicht alle denkbaren Auswirkungen, die ein Bauvorhaben mit sich bringt, so z.B. die sog. Sekundärimmissionen wie Parkprobleme, Nachtruhestörung, Verkehrssicherheitsprobleme usw. (BGE 118 Ia 114ff.; Aldo Zaugg, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 9. Juni 1985, 2. Auflage, Bern 1995, NN 9f. zu Art. 24; BVR 1994, S. 232f. mit Hinweisen; AGVE 1990, S. 297; RRB Nr. 650 vom 4. April 1995, S. 8f. mit Hinweisen).

b) In raumplanerischer Hinsicht hat der kommunale Gesetzgeber gestützt auf §§ 18ff. des Planungs- und Baugesetzes vom 14. Mai 1987 (PBG, nGS IV-493) das Gemeindegebiet in Zonen eingeteilt und Zonenvorschriften erlassen (Art. 74-102 des Baureglementes [BauR]). Für die hier interessierende Wohn- und Gewerbezone WG4, in der sich der Betrieb der Beschwerdegegner 2 befindet, bestimmt Art. 91 BauR, dass neben Wohnbauten auch Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe zugelassen sind (Abs. 1), wobei das Mass der gewerblichen Ausnützung zwei Drittel der totalen Ausnützung nicht übersteigen soll (Abs. 2). Eine ausdrückliche Bestimmung über zulässige Immissionen fehlt jedoch für diese Zone (ausgenommen, dass hier die Empfindlichkeitsstufe III gilt [vgl. Art. 37 BauR und Zonenplan Siedlung], s. hiezu nachstehend lit. d), im Gegensatz zu den reinen Wohn- und Gewerbezonen, wo nur nicht störende Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe bzw. nicht störende bis höchstens mässig störende gewerbliche und kleinere Industriebetriebe zulässig sind (Art. 90 und 92 BauR). Der Begriff der Immissionen umfasst alles, was sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als unwillkürliche Folge eines menschlichen Verhaltens, das mit der Benutzung eines bestimmten Ausgangsgrundstückes kausal zusammenhängt, auf die Umgebung auswirkt. Dies kann sowohl in materieller Weise (durch feste, flüssige oder gasförmige Stoffe oder durch Lärm) oder in immaterieller Weise (durch Erwecken von unangenehmen psychischen Eindrücken wie Ekel, Angst usw.) geschehen (Erich Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, Kommentar, 2. Auflage, Aarau 1985, N 4 zu §§ 160/161; LGVE 1992 III, S. 380f.). Der öffentlichrechtliche Immissionsschutz ergibt sich schliesslich auch aus § 55 PBG und Art. 36 BauR.

Ein geplantes Bauvorhaben muss sich zudem nicht nur immissionsmässig mit der zonengemässen Umgebung vertragen, sondern zwischen ihm und der betreffenden Zone muss auch ein funktionaler Zusammenhang bestehen (Art. 22 Abs. 2 lit. a des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [SR 700]). D.h. ein Bauvorhaben darf nicht nur dem Zonenzweck nicht widersprechen, sondern muss ihm in irgendeiner Form förderlich sein (LGVE 1992 III, S. 381 mit Hinweisen). Eine Gewerbe- bzw. Dienstleistungstätigkeit muss ihrer Art, Funktion und Auswirkungen nach der Zweckbestimmung einer Zone entsprechen. Es versteht sich, dass in einer gemischten Zone mehr Gewerbeimmissionen in Kauf zu nehmen sind als in einer reinen Wohnzone. Auch müssen gewerbliche Betriebe in einer Wohn- und Gewerbezone weniger dem Wohnen dienen bzw. der Wohnnutzung förderlich sein als in einer Wohnzone. So sind in einer gemischten Zone nicht nur Bäckereien, Coiffeursalons, kleinere kaufmännische Betriebe, Arztpraxen, Büros usw. zulässig (EGV-SZ 1992, S. 127). Auf der andern Seite muss aber auf das Wohnen mehr Rücksicht genommen werden als in einer reinen Gewerbezone. Was zulässig ist, hängt auch von den örtlichen Verhältnissen, dem Charakter des Quartiers, der Grösse der Bauvorhaben, den Erschliessungsverhältnissen usw. ab (Zimmerlin, a.a.O., NN 7 und 12 zu §§ 130-133, N 8 zu §§ 160/61).

c) Für die nähere Bestimmung und Auslegung der zulässigen Immissionen innerhalb der einzelnen Zonen ist schliesslich zu beachten, dass den Gemeinden auf diesem Gebiet eine gewisse Autonomie zukommt, die im Verwaltungsbeschwerdeverfahren gesetzlichen Schutz geniesst (§ 46 Abs. 2 VRP; EGV-SZ 1983, Nr. 2), so dass sich der Regierungsrat bei der Frage der Zonenkonformität eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen hat, soweit nicht kantonales oder Bundesrecht tangiert wird (VGE 586/95 vom 20. Juli 1995, E. 3).

d) In der Wohn- und Gewerbezone gilt gemäss Art. 37 BauR und dem Zonenplan Siedlung sowie gemäss Art. 43 Abs. 1 lit. c der Lärmschutz-Verordnung (LSV, SR 814.41) die zweithöchste Empfindlichkeitsstufe III, in welcher mässig störende Betriebe zugelassen sind.

aa) Der Betrieb der Beschwerdegegner 2 steht mit dem Zonenzweck der gemischten Wohn- und Gewerbezone in Einklang. Er ist ein Dienstleistungsbetrieb, bei dem weniger der Ort der Begegnung, wie dies bei einem Gastgewerbebetrieb in einem Wohnquartier oder Dorfzentrum der Fall ist, im Vordergrund steht, sondern das Angebot an Unterhaltung (Tanzmusik einerseits und Tanzdarbietungen andererseits). Da Gewerbe- bzw. Dienstleistungsbetriebe nicht in erster Linie Bedürfnisse der Anwohnerschaft befriedigen wollen, sondern den hier tätigen Arbeitnehmern, Kunden und Besuchern, die grösstenteils von auswärts kommen, als Arbeitsplatz und Freizeitort dienen, erfüllt der Betrieb der Beschwerdegegner 2 die Voraussetzung der funktionalen Einbindung in die gemischte Wohn- und Gewerbezone. Eine solche Beziehung kommt ihm vorliegend zudem auch zur zonengemässen Wohnnutzung zu, sind doch in der Liegenschaft der Beschwerdegegner 2 und der Nachbarliegenschaft Wohnungen und Geschäft insofern vereint, als Geschäftsinhaber und Personal gleichzeitig hier wohnen und untergebracht sind (LGVE 1992 III, S. 381f.).

Der Betrieb der Beschwerdegegner 2 ist somit in funktioneller Hinsicht zonenkonform, indem er auf der einen Seite zwar nicht die täglichen Bedürfnisse der Wohnbevölkerung befriedigt, auf der andern Seite aber dennoch einen Bezug zum nutzungsgemässen Wohnen hat (AGVE 1990 S. 294).

bb) Da nur mässig störende Betriebe in der Wohn- und Gewerbezone zulässig sind, darf der Betrieb der Beschwerdegegner 2 keine übermässigen Immissionen auf die Umgebung, insbesondere die Wohnliegenschaften, haben. Allerdings muss die Wohnbevölkerung in einer gemischten Zone mehr Immissionen hinnehmen als in einer reinen Wohnzone (§ 55 PBG; Art. 36 BauR). Zu beachten sind dabei auch die örtlichen Verhältnisse.

cc) Wenn die Beschwerdeführerin übermässige ideelle Immissionen geltend macht, dabei von einer „Verslumung" des Quartiers und einem eigentlichen „Red-Light-District" spricht und die Verhältnisse mit denjenigen an der Langstrasse in Zürich vergleicht, so übertreibt sie. Unterschwellig wirft sie den Beschwerdegegnern 2 vor, mit ihrem Betrieb („Sexgewerbe") seien offene Prostitution und Drogen in das Quartier gekommen, was sich unangenehm und lästig auf die Anwohner auswirke. Wäre dem so, hätten die lokalen Behörden wohl entsprechende Reklamationen erhalten. Der Gemeinderat bestätigt jedoch die beschriebenen Verhältnisse nicht. Wenn fremdländische Frauen durch das Quartier gehen, um im Dorf Besorgungen zu machen, kann bei objektiver Betrachtungsweise nicht von negativen, unangenehmen oder lästigen Auswirkungen auf die Anwohnerschaft gesprochen werden. Weitere Anhaltspunkte für übermässige ideelle Immissionen bestehen nicht, so dass dem Betrieb der Beschwerdegegner 2 auch in dieser Hinsicht die Zonenkonformität nicht abgesprochen werden kann.

dd) Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sind im weitern die vom Betrieb herrührenden Lärmimmissionen für die Quartierbewohner unerträglich, wobei es jedoch ausdrücklich nicht um Lärmimmissionen, welche im Innern des Lokals erzeugt werden, geht, sondern um den vom Besucherverkehr verursachten Lärm (Motorengeräusche, Türenzuschlagen, sonstiges lärmiges Verhalten der Gäste nach dem Verlassen des Lokals). Auf solchen Aussenlärm, der auf der Zufahrtsstrasse und der Parkanlage entsteht, ist in erster Linie die Umweltschutzgesetzgebung des Bundes, insbesondere die Lärmschutz-Verordnung, anwendbar (Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. a und f LSV). Art. 8 LSV bestimmt, dass bei bereits bestehenden ortsfesten Anlagen (wie Bauten, Art. 2 Abs. 1 LSV), die geändert werden, die Lärmimmissionen der neuen oder geänderten Anlageteile nach den Anordnungen der Vollzugsbehörde so weit begrenzt werden müssen, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Abs. 1); wird die Anlage wesentlich geändert, so müssen die Lärmemissionen der gesamten Anlage mindestens so weit begrenzt werden, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden (Abs. 2); als wesentliche Änderungen ortsfester Anlagen gelten Umbauten, Erweiterungen und vom Inhaber der Anlage verursachte Änderungen des Betriebs, wenn zu erwarten ist, dass die Anlage selbst oder die Mehrbeanspruchung bestehender Verkehrsanlagen wahrnehmbar stärkere Lärmimmissionen erzeugen (Abs. 3).

Es stellt sich somit vorab die Frage, ob es beim Bauvorhaben der Beschwerdegegner 2 um eine wesentlich geänderte ortsfeste Anlage handelt. Geplant ist eine Verlegung der Show-Tanzbar vom Obergeschoss (30 Sitzplätze) ins Erdgeschoss, wo die ehemaligen Garagebetriebsräumlichkeiten umgenutzt und ausgebaut werden sollen (mit insgesamt 40 Sitzplätzen). Der Raum oben soll einstweilen als gewöhnliche Bar weiter bestehen (wobei sich die Beschwerdegegner 2 über deren künftige Nutzung zurzeit noch nicht im klaren sind). Somit entsteht ein Lokal mit 40 zusätzlichen Sitzplätzen, was sich auf die Umgebung insofern auswirkt, als nach der gemeinderätlichen Praxis zehn zusätzliche Parkplätze (einer pro vier Sitzplätze) notwendig sind, von denen Lärmemissionen ausgehen. Diese Parkplätze müssen jedoch vorliegend nicht zusätzlich neu erstellt werden, da bereits bestehende Abstellflächen zu diesem Zwecke genutzt werden, auch wenn sie nicht alle markiert sind. Zu beachten ist allerdings die seit 1992 zulässige Benutzung des öffentlichen Parkplatzes beim Sportplatz der Gemeinde durch die Besucher des Betriebes der Beschwerdegegner 2 ab 22.00 Uhr.

Im Vergleich zum gesamten Betrieb (Restaurant, Bar, Show-Tanzbar) fällt jedoch das zusätzliche Angebot von 40 Sitzplätzen (Erhöhung der Sitzplätze um rund 20% auf 226) lärmmässig nicht dermassen stark ins Gewicht, dass von „wahrnehmbar stärkeren Immissionen" und deshalb von einer wesentlichen Änderung des Betriebes gesprochen werden kann (Art. 8 Abs. 3 LSV). Mit grossem zusätzlichem Motorfahrzeugverkehr als Folge der Betriebserweiterung ist nicht zu rechnen. Wie die Lärmprognose (vom 29. November 1995) zum Ausdruck bringt, sind die Immissionen infolge Mehrverkehr auf der X.-strasse kaum wahrnehmbar. Diese Schlussfolgerung gilt zwangsläufig auch für die Emissionen aus dem Parkplatzbetrieb, denn es ist nicht anzunehmen, dass dort vergleichsweise mehr zusätzlicher Lärm entsteht, wenn nur mit wenig mehr Besuchern gerechnet werden muss. Die Lärmprognose ist allerdings insofern widersprüchlich, als sie kommentarlos von einer wesentlichen Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV ausgeht. Hinzu kommt, dass die Gäste der Show-Tanzbar in der Regel diskret und unauffällig vor- und wegfahren und zumindest für die verbalen Emissionen auf dem Parkplatz weniger verantwortlich gemacht werden können als die Besucher des Restaurants, so dass die geplante Betriebserweiterung die Lärmsituation nicht wesentlich verschlimmern wird.

ee) Liegt keine wesentliche Änderung vor, bedeutet dies für den Betrieb der Beschwerdegegner 2, dass die Immissionsgrenzwerte gemäss Art. 13 USG (vgl. Belastungsgrenzwerte für Industrie- und Gewerbelärm im Anhang 6 LSV) nicht zwingend eingehalten werden müssen (Art. 8 Abs. 2 LSV). Hingegen müssen die Lärmemissionen trotzdem nach den Anordnungen der Vollzugsbehörde so weit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Art. 8 Abs. 1 LSV). Entsprechende Massnahmen sind auch unabhängig von der bestehenden Lärmbelastung im Rahmen des in Art. 11 Abs. 2 und Art. 12 USG umschriebenen Vorsorgeprinzips möglich (URP 1993, S. 348; RRB Nr. 262 vom 16. Februar 1994, S. 12f.). Schliesslich besteht auch für bestehende ortsfeste Anlagen eine Sanierungspflicht (Art. 13 LSV; Art. 16 USG).

Lärmschutzmassnahmen sind im vorliegenden Fall denn auch notwendig. Die Lärmprognose hat ergeben, dass die Lärmimmissionen aus dem Parkplatzbetrieb die umliegenden Wohnhäuser, die sich in der Wohn- und Gewerbezone WG3 und Wohnzone W3 befinden, über die zulässigen Immissionsgrenzwerte gemäss Anhang 6 LSV hinaus belasten. Diese Belastungsgrenzwerte tragen allerdings der vorliegenden speziellen Situation zu wenig Rechnung, weil sie nur nach Tag (7.00 bis 19.00 Uhr) und Nacht (19.00 bis 7.00 Uhr), innerhalb dieser Zeitabschnitte aber nicht weiter differenzieren (Ziff. 31 Anhang 6 LSV). Sie stellen nur Durchschnittswerte dar. Die typischen Geräusche (Starten und Laufenlassen des Motors, Türenzuschlagen, Rufen, Schwatzen, Singen, Grölen usw.), die plötzlich und jeweils nur für kurze Zeit die Nachtruhe unterbrechen, fallen dabei kaum ins Gewicht. Solche Beeinträchtigungen, die besonders ausgeprägte Schlafstörungen zur Folge haben können, müssen deshalb gezielt erfasst werden. Massgebend für die Festlegung der Immissionsgrenzwerte ist die Störung des menschlichen Wohlbefindens im Sinne von Art. 15 USG, der für solche Fälle wie dem vorliegenden (Lärmimmissionen durch Besucher), die vom Katalog der Immissionsgrenzwerte nicht erfasst werden, direkt anwendbar ist (Art. 40 Abs. 3 LSV; AGVE 1990, S. 287f. mit Hinweisen; RRB Nr. 262 vom 16. Februar 1994, S. 11f.).

Zu prüfen ist demnach, ob sich wegen des Lärms, der durch den Parkplatzbetrieb entsteht, Massnahmen aufdrängen, um die Wohnbevölkerung in ihrem Wohlbefinden zu schützen (Art. 8 Abs. 1 LSV bzw. Art. 11 Abs. 2 USG in Verbindung mit Art. 15 USG).

ff) Das psychische, physische und soziale Wohlbefinden der Menschen, das für eine ungestörte Entfaltung, Leistungsfähigkeit und Lebensfreude erforderlich ist, darf nicht durch schädliche oder lästige Einwirkungen erheblich gestört werden. Ein Toleranzspielraum besteht, so dass gewisse Beeinträchtigungen hinzunehmen sind. Auf die Empfindlichkeit eines einzelnen kann zwar nicht abgestellt werden, trotzdem sind die Wirkungen der Immissionen auf Personengruppen mit erhöhter Empfindlichkeit (wie Kinder, Kranke, Betagte, Schwangere) zu berücksichtigen (Art. 13 Abs. 2 USG). Massgebende Kriterien sind zudem die Art des Lärms, die Einwirkungszeit, die Art der Nutzungszone, die Lärmvorbelastung (AGVE 1990, S. 289f.; Zäch, Kommentar USG, NN 11-16 zu Art. 15).

Die besagten Wohnhäuser liegen in unmittelbarer Nähe eines Teils der um den Betrieb der Beschwerdegegner 2 verteilten Abstellflächen, in der Wohn- und Gewerbezone (WG3) und der Wohnzone (W4). Südlich der Betriebsliegenschaft steht ein weiteres Wohnhaus, dahinter grenzt eine weitere Wohnzone (W2) an. Besonders betroffen ist die Wohnliegenschaft auf dem Grundstück Kat.-Nr. 303, auf dem selbst Parkplätze für den Betrieb reserviert sind; zudem fällt auf der vor dem Restaurant (Westseite) plazierten Parkfläche besonders viel Lärm an, weil dort einzelne Plätze bei Vollbesetzung blockiert sind, so dass jeweils das dahinter abgestellte Fahrzeug ebenfalls weggefahren werden muss, wenn der Lenker des davor parkierten Fahrzeuges das Lokal verlassen will.

Zu beachten ist nun aber besonders, dass die besagten Aussenlärmimmissionen ausschliesslich nachts und vor allem am Wochenende anfallen. Wie die Beschwerdegegner 2 selbst ausführten, hätten sie ab 20.00 Uhr und am Wochenende am meisten Gäste (geöffnet wird erst um 16.00 Uhr). Hinzu kommt, dass der ganze Betrieb freitags und samstags über die Polizeistunde hinaus bis 02.00 Uhr verlängert wird. Damit ist das Wohlbefinden der Anwohnerschaft in einer Zeit gestört, wo das Bedürfnis nach Schlaf, Ruhe, Erholung und Wohnzufriedenheit am grössten ist. Störungen nachts werden zudem in besonderem Masse negativ empfunden, weil der tagsüber bestehende Lärmpegel fehlt, und die Emissionen plötzlich auftreten. Den nächtlichen Schlafstörungen kommt zudem ein besonderes Gewicht zu, denn dauern sie über einen längeren Zeitraum an, kann dies anerkanntermassen zu krankhaften Zuständen wie chronischen Ermüdungserscheinungen usw. führen (AGVE 1990, S. 290f.; Zäch, Kommentar USG, N 12 zu Art. 15). Auch in der gemischten Wohn- und Gewerbezone, vor allem aber auch in der Wohnzone (in der die Empfindlichkeitsstufe II gilt, und demnach grundsätzlich nur nicht störende Betriebe zulässig sind, vgl. Art. 43 Abs. 1 lit. b LSV), auch wenn die betroffenen Wohnungen im Grenzbereich zur gemischten Zone liegen, besteht ein Anspruch auf ein gewisses Mass an Ruhe, und zwar vor allem nachts, wo der übrige Gewerbelärm des Quartiers praktisch wegfällt (vgl. auch Art. 38, insbesondere Abs. 3 BauR).

Da gemäss Lärmprognose durch den Parkplatzbetrieb über den Immissionsgrenzwerten liegende Störungen in Kauf genommen werden müssen, drängen sich bauliche und/oder betriebliche Massnahmen zur Emissionsbegrenzung auf (Art. 8 Abs. 1 LSV: Art. 11 Abs. 2 und 3 USG; vgl. auch § 6 lit. c der Verordung über das Tanzen und Maskengehen vom 14. Dezember 1971 [TVO, nGS V-528]).

gg) Bauliche Massnahmen (z.B. Lärmschutzwände, Überdachung) wären im vorliegenden Fall jedoch nur teilweise realisierbar, weil sie für den Parkplatz beim Sportplatz, von dem sich die Beschwerdeführerin in erster Linie gestört fühlt, auf dem Grundeigentum der Gemeinde errichtet werden müssten. Im weitern würden sich bauliche Massnahmen soweit ersichtlich nur beschränkt als tauglich erweisen. Schliesslich wären sie wirtschaftlich kaum tragbar. Zusammenfassend müssten sie deshalb als unverhältnismässig bezeichnet werden, wie der Gemeinderat zu Recht ausführt.

Hingegen sind betriebliche Massnahmen möglich und prüfenswert, und zwar in Form eines Ordnungsdienstes, in einer Beschränkung der Betriebszeiten usw. Als erste Massnahme sind die Beschwerdegegner 2 deshalb mittels Baubewilligungsauflage zu verpflichten, an den Abenden mit Polizeistundenverlängerung ab Mitternacht bis zirka 2.30 Uhr (d.h. bis sämtliche Gäste weggefahren sind) mit zwei Personen einen Ordnungsdienst aufzuziehen, der wirkungsvoll dafür zu sorgen hat, dass die Gäste die Nachtruhe achten und den Weg zum Auto möglichst ruhig zurücklegen. Ein solcher Ordnungsdienst ist geeignet, Emissionen, die vom Besucherverkehr ausgehen, zu begrenzen, was sich in der Praxis schon mehrfach gezeigt hat (AGVE 1990, S. 286; RRB Nr. 262 vom 16. Februar 1994, S. 12f.). Sollte sich diese Massnahme als ungenügend oder untauglich erweisen, sind weitergehende Beschränkungen zu prüfen. Es bleibt den Beschwerdegegnern 2 unbenommen, selbst diesbezügliche Überlegungen anzustellen und Verbesserungsvorschläge vorzulegen. Andernfalls müsste das Militär- und Polizeidepartement als für die Erteilung der Tanzbewilligung zuständige Behörde (§ 3 TVO), die in ihrem Zuständigkeitsbereich für den Vollzug der Umweltschutzgesetzgebung zu sorgen hat (§ 8 Abs. 1 der kantonalen Vollzugsverordnung zum USG vom 18. September 1985 [nGS VII-730]), eine Reduktion der Betriebszeiten, insbesondere der Polizeistundenverlängerungen, allenfalls noch weitergehende Einschränkungen ins Auge fassen (RRB Nr. 262 vom 16. Februar 1994, S. 14). Dass hiefür behördliche Kontrollen und weitere Abklärungen notwendig sind, versteht sich (das Departement wird deshalb ebenfalls mit einer Abschrift dieses Entscheides bedient und auf RRB Nr. 262 vom 16. Februar 1994 verwiesen).

(RRB Nr. 809 vom 7. Mai 1996).

 

53

Strassenrecht

- Die Abberufung eines öffentlichen Weges mit privater Unterhaltspflicht richtet sich nach den für den Widerruf (§ 34 VRP) geltenden Regeln (Erw. 5).
- Umfang der Unterhaltspflicht für einen zum öffentlichen Gebrauch bestimmten Fussweg (Erw. 6).

Aus den Erwägungen:

5. a) Zuständig für die Abrufung eines öffentlichen Weges mit privater Unterhaltspflicht ist der Gemeinderat (§§ 3 und 13 der Verordnung über die öffentlichen Wege mit privater Unterhaltspflicht vom 26. Februar 1958, WegrodelV, nGS IV-416). Sowohl diese Verordnung als auch die Verordnung über die vorläufige Regelung zum Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege vom 2. November 1988 (Fuss- und Wanderwegverordnung, nGS IV-417) schweigen sich darüber aus, unter welchen Voraussetzungen eine Wegabrufung (Entwidmung) erfolgen kann. Es ist deshalb in analoger Weise die grundsätzliche Widerrufsregelung von § 34 Abs. 1 VRP heranzuziehen. Nach dieser Bestimmung kann eine Verfügung geändert oder aufgehoben werden, wenn sich die Verhältnisse geändert haben oder erhebliche öffentliche Interesse es erfordern und dabei der Grundsatz von Treu und Glauben nicht verletzt wird. Da Private - nach allgemeiner Rechtsauffassung - keinen Anspruch auf Widmung oder Entwidmung einer Strasse besitzen, kann bei einer Abrufung Treu und Glauben kaum verletzt sein. Unter Änderung der Verhältnisse ist der Verlust der Verkehrsbedeutung zu verstehen (RRB Nr. 187 vom 1. Februar 1994; VGE 509/93 vom 23. Juli 1993; EGV-SZ 1984, Nr. 51).

b) Die Vorinstanz begründet den Verzicht auf die Abrufung des öffentlichen Fussweges Blattli-Feld im wesentlichen damit, dass dieser Fussweg die Gemeinden Bilten und Schübelbach verbinde und diesem somit regionale Bedeutung zukomme. Zudem gewährleiste dieser Weg die Querverbindung zwischen der Obertafleten-, der Mittelberg- und der Ussbergstrasse. Durch eine Wegabrufung würde diese Verbindung beseitigt. Im weiteren sei es nicht sinnvoll, einen öffentlichen Fussweg zu beseitigen, welcher das Wandern über Weidland ermögliche. Von einer Abrufung sei daher abzusehen, auch wenn der Fussweg Blattli-Feld in der Tat teilweise gar keinen physischen Bestand mehr habe. Dem hält der Beschwerdeführer insbesondere entgegen, der Fussweg Blattli-Feld habe seine Daseinsberechtigung verloren. Dieser Weg sei heute über weite Strecken inexistent und werde tatsächlich auch nicht mehr benützt. An dessen Aufrechterhaltung könne somit kein öffentliches Interesse bestehen, weshalb der anbegehrten Wegabrufung antragsgemäss stattzugeben sei.

c) Grundsätzlich liegt es im öffentlichen Interesse, die bestehenden öffentlichen Wege aufrechtzuerhalten (vgl. dazu auch Art. 37quater BV, welche Verfassungsbestimmung der Erhaltung und dem Ausbau von Fuss- und Wanderwegen in zusammenhängenden Gebieten dient). Angesichts dieser Verfassungsbestimmung sowie des darauf abgestützten Bundesgesetzes über Fuss- und Wanderwege vom 4. Oktober 1985 (FWG, SR 704) ist eine Wegabrufung nur sehr zurückhaltend zu gewähren (VGE 531/94 vom 7. Juli 1994). Das öffentliche Interesse kann die Abrufung eines öffentlichen Weges beispielsweise dann erheischen, wenn der betreffende Weg einer Anlage, welche für das Gemeinwohl von grosser Bedeutung ist, weichen muss (Schule, Spital usw.). Als weitere Gründe des öffentlichen Wohls können gelten: Gewährleistung der Verkehrssicherheit, allgemeine Verbesserung des Strassennetzes, Güterzusammenlegungen, Schutz von Landschaft, Fauna und Flora (RRB Nr. 187 vom 1. Februar 1994; VGE 509/93 vom 23. Juli 1993). Solche Gründe werden vom Beschwerdeführer weder substantiiert geltend gemacht noch sind solche im konkreten Fall ersichtlich. Im weiteren bildet der Umstand, dass der fragliche Fussweg Blattli-Feld teilweise gar nicht mehr besteht, kein entscheidrelevantes Kriterium. Die Vernachlässigung der Unterhaltspflicht darf nicht Anlass für die Annahme geänderter Verhältnisse geben, andernfalls jeder Wegeigentümer willkürlich einer Wegabrufung Vorschub leiten könnte (RRB Nr. 187 vom 1. Februar 1994). Ebenso ist nicht weiter von Bedeutung, dass der fragliche Fussweg von der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr bzw. nur noch selten benützt wird. Es darf nicht übersehen werden, dass der in weiten Teilen physisch inexistente Weg wohl zur Vermutung verleitet, es sei gar kein öffentlicher Fussweg vorhanden, was durchaus mit ein Grund sein kann, dass der Weg nicht mehr benützt wird. Damit kann aber der Öffentlichkeit das Interesse an dessen Benützung noch nicht abgesprochen werden (EGV-SZ 1984, Nr. 51). Es wird Aufgabe der Vorinstanz sein, die Grundeigentümer, auf deren Liegenschaften der Fussweg Blattli-Feld faktisch inexistent ist, zum ordnungsgemässen Unterhalt aufzufordern (§ 14 Abs. 2 WegrodelV).

d) Aus diesen Gründen besteht für den Regierungsrat keine Veranlassung, das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des öffentlichen Fussweges Blattli-Feld in Frage zu stellen. Vielmehr ist mit der mit den örtlichen und tatsächlichen Verhältnissen besser vertrauten Vorinstanz davon auszugehen, dass dem fraglichen Weg nach wie vor regionale Bedeutung zukommt. Dass der Weg nicht mehr rege benützt wird, ist insbesondere dem Umstand zuzuschreiben, dass er wegen mangelndem Unterhalt seitens der verschiedenen Grundeigentümer physisch teilweise gar nicht mehr erkennbar ist. Es ist Aufgabe des Gemeinderates, diesbezüglich Abhilfe zu schaffen und das für den ordnungsgemässen Unterhalt Erforderliche in die Wege zu leiten. Eine Wegabrufung wäre auch deshalb unsinnig, weil der öffentliche Fussweg Blattli-Feld auf den Gemeindegebieten von Bilten und Schübelbach seine Fortsetzung findet und gemäss Aktenlage keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass dort diese Fusswegverbindungen aufgehoben werden sollten. Des weiteren gilt es zu beachten, dass das Interesse an öffentlichen Fusswegen einem Wandel unterliegt. So wurden in den letzten Jahren zunehmend verschiedene Wege, die nicht mehr sichtbar waren, wieder instand gestellt bzw. sollen instand gestellt werden (beispielsweise die Pilgerwege aus dem Gebiet Einsiedeln nach Schwyz). Auch unter dem Gesichtspunkt des gesteigerten Bedürfnisses nach ruhigen und sicheren öffentlichen Wegen ist der Einwand des fehlenden öffentlichen Interesses zu verwerfen (VGE 531/94 vom 7. Juli 1994).

e) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat somit der Fussweg Blattli-Feld seine Daseinsberechtigung nicht verloren. Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, bilden im übrigen nicht so sehr objektive Gründe Anlass für die vom Beschwerdeführer anbegehrte Wegabrufung, sondern es ist hiefür vielmehr eine nachbarliche Auseinandersetzung von ausschlaggebender Bedeutung. Der Beschwerdeführer will mit der Wegabrufung im wesentlichen erreichen, dass der Beschwerdegegner 4 seine Liegenschaft nicht mehr betreten kann (…). Ein solches Unterfangen stellt jedoch zum vornherein keinen hinreichenden Grund für eine Wegabrufung dar.

6. Im folgenden bleibt noch zu prüfen, ob der Beschwerdeführer zu Recht verpflichtet worden ist, das über seine Liegenschaft führende Teilstück des öffentlichen Fussweges Blattli-Feld auf einer Breite von 90 cm instand zu stellen.

a) Der Gemeinderat führt die Aufsicht über die zum öffentlichen Gebrauch bestimmten Wege mit privater Unterhaltspflicht (§ 14 Abs. 1 WegrodelV). Er überwacht namentlich den ordnungsgemässen Unterhalt dieser Wege (§ 14 Abs. 2 WegrodelV). Wird eine Unterhaltspflicht nicht oder nicht ordnungsgemäss erfüllt, so hat der Gemeinderat den oder die Pflichtigen zur Vornahme der erforderlichen Unterhaltsarbeiten zu verhalten und, im Falle der Weigerung, sie auf Kosten der Pflichtigen ausführen zu lassen (§ 15 Abs. 1 WegrodelV).

b) In bezug auf die Benutzungsart, Benutzungszeit und Beschaffenheit der öffentlichen Wege mit privater Unterhaltspflicht sind mangels anderweitiger Regelung im Wegverzeichnis und abweichenden Ortsgebrauchs die gleichen Regeln sinngemäss anwendbar, die für die privaten Wege in den §§ 62-66 des Einführungsgesetzes zum schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 14. September 1978 (EGzZGB, nGS II-175) festgesetzt sind (§ 2 WegrodelV). In diesem Sinne berechtigt das öffentliche Fusswegrecht, über den Weg zu gehen, nicht aber zu fahren, zu reiten oder Vieh zu treiben (§ 62 Abs. 1 EGzZGB). Die Breite des Fussweges beträgt 90 cm (§ 62 Abs. 2 EGzZGB).

c) Am Augenschein konnte festgestellt werden, dass der über das Grundstück des Beschwerdeführers führende Weg eine Breite von rund einem halben Meter aufweist. Dieser Weg führt teilweise über offenes Wiesland und liegt teilweise im Waldareal. In westlicher Richtung ist ab der Liegenschaft des Beschwerdeführers höchstens noch ansatzweise ein Fussweg zu erkennen, wobei dieser teilweise von der ursprünglichen Linienführung abweicht. In östlicher Richtung ist demgegenüber ab der Liegenschaft des Beschwerdeführers überhaupt kein Fussweg mehr über offenes Wiesland auszumachen.

d) Als Ortsgebrauch gilt allgemein, wenn bestimmte Übungen in einer bestimmten Gegend für ein einzelnes Sachgebiet befolgt werden (Henri Deschenaux, Schweizerisches Privatrecht, Basel und Stuttgart 1967, Band II, S. 46f.). Der Beschwerdeführer macht nun geltend, das über seine Liegenschaft führende Teilstück des öffentlichen Fussweges Blattli-Feld sei dem Ortsgebrauch entsprechend nie 90 cm breit gewesen, sondern zur Schonung des Wieslandes entsprechend schmäler. Sodann sei der Weg zu keinem Zeitpunkt asphaltiert oder gekiest gewesen. Auch als die Allgemeine Genossame Reichenburg zirka im Jahre 1986 die Wasserleitung erstellt habe, die teilweise im Bereich des öffentlichen Fussweges verlaufe, sei der Weg nicht auf einer Breite von 90 cm instand gestellt worden, da er auch zuvor nie diese Breite aufgewiesen habe. Diese Ausführungen werden von der Vorinstanz nicht bestritten.

e) Das über die Liegenschaft des Beschwerdeführers führende Teilstück des öffentlichen Fussweges befindet sich in einem durchaus begehbaren Zustand. Ein Fussweg ist vorhanden, dies im Gegensatz zu den tatsächlichen Gegebenheiten auf den Nachbargrundstücken des Beschwerdeführers. Es besteht daher keine Veranlassung, den Beschwerdeführer zu weiteren Unterhaltsmassnahmen anzuhalten, zumal an öffentliche Fusswege über landwirtschaftliche Grundstücke bezüglich Wegbeschaffenheit in der Tat nicht die gleichen Anforderungen zu stellen sind wie beispielsweise an solche in besiedelten Gebieten.

Ebensowenig besteht Anlass, eine Wegbreite von 90 cm zu verlangen, da nach unbestritten gebliebener Behauptung des Beschwerdeführers der über seine Liegenschaft führende Fussweg bislang nie eine solche Breite aufwies.

(RRB Nr. 889 vom 29. Mai 1996).

 

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Arbeitsvergebung

- Der Zuschlag einer Arbeit kann nur dann von der Erbringung einer Erfüllungsgarantie abhängig gemacht werden, wenn die Stellung einer solchen im Leistungsverzeichnis verlangt worden ist.

Aus dem Sachverhalt:

Der Regierungsrat hatte in einem ersten Beschwerdeverfahren den Vergebungsbeschluss eines Gemeinderates für die Baumeisterarbeiten für einen Schulhausneubau aufgehoben. In einem zweiten Vergebungsbeschluss vergab der Gemeinderat die erwähnten Arbeiten unter anderem mit folgender Bedingung:

„1.2 Der Schlussabrechnung ist von einer Bank oder Versicherung eine Bürgschaftsgarantie beizulegen.

1.3 Bei Vertragsabschluss erbringt der Unternehmer eine Erfüllungsgarantie in Form einer Solidarbürgschaft einer Bank in Höhe von 50% der Auftragssumme. Dauer der Garantie bis vorliegender Schlussabrechnung und der Bürgschaftsverpflichtung gemäss Punkt 1.2"

Der Regierungsrat hat in einem zweiten Beschwerdeverfahren das Rechtsmittel gutgeheissen und Ziff. 1.3 des Vergebungsbeschlusses aufgehoben.

Aus den Erwägungen:

2. Die sachlichen und zeitlichen Grundlagen der Bewerbung sind in einem ausführlichen Leistungsverzeichnis niederzulegen, welches die Beschreibung der einzelnen Arbeiten, die Materialqualitäten, die voraussichtlichen Mengen und besondere Bedingungen für die Ausführung enthält. Hiefür können die einschlägigen Normenwerke verwendet werden (§ 7 Abs. 1 SubmV).

a) Die Vorinstanz beruft sich darauf, dass in Ziff. 4 der „Allgemeinen Bedingungen und Firmenangaben" auch die Erbringung einer Erfüllungsgarantie mitenthalten sei.

Ziff. 4 lautet wie folgt:

„4. Garantieleistung

Der Unternehmer leistet folgende Sicherheiten, bezogen auf die

Abrechnungssumme:

2.1 Bankgarantie/Versicherungsgarantie"

Die Vorinstanz legt diese Ziffer umfassend aus, während die Beschwerdeführerin ihr nur Bedeutung im Rahmen der SIA-Norm 118 „Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten" zumisst. In NPK-Position 011.110 wird für die Ausführung insbesondere die SIA-Norm 118 als verbindlich erklärt.

b) Zweifelsohne ist die umstrittene Ziff. 4 interpretationsbedürftig, ist sie doch kein Musterbeispiel einer klaren und unmissverständlichen Bedingung für die Arbeitsvergebung. Zwar wurde zwischen der Beschwerdeführerin und der Vorinstanz noch kein Werkvertrag abgeschlossen, so dass bei Unklarheiten die in Ziff. 10 der „Allgemeinen Bedingungen und Firmenangaben" enthaltene Rangordnung noch nicht greift.

c) Die Vorinstanz beruft sich sodann darauf, dass die Beschwerdeführerin gemäss § 7 Abs. 5 SubmV eine Textbereinigung hätte verlangen können, sofern der Text der Offertposition unklar, ungenau oder irreführend war. Diese Auffassung ist unzutreffend, liegt doch bei Ziff. 4 genau genommen gar keine Offertposition vor, weil vom Offerenten gar kein Angebot für eine Bank- oder Versicherungsgarantie verlangt wird.

d) Ziff. 4 ist im Zusammenhang mit dem gesamten Leistungsverzeichnis auszulegen. Neben dem Abschnitt „Allgemeine Bedingungen und Firmenangaben" enthält das Leistungsverzeichnis auch einen Abschnitt „Ergänzungen zu den Bestimmungen des SIA 118, Ausgabe 1977". Darin wird unter dem Titel „Zu Art. 181 Garantieleistung" bestimmt, dass der Unternehmer für Garantieleistungen eine Garantiesumme von 10% der gesamten Abrechnungssumme sicherstellen müsse.

Aus dem Umstand, dass in NPK-Position 011.110 die SIA-Norm 118 als verbindlich erklärt wird und im Abschnitt „Ergänzungen..." dazu ausdrücklich auf Art. 181 SIA-Norm 118 Bezug genommen wird, kann Ziff. 4 der allgemeinen Bedingungen nur so verstanden werden, dass der Unternehmer eine Sicherheitsleistung für die Mängelhaftung zu erbringen hat (vgl. auch Peter Gauch, Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 157-190, Zürich 1992, Anm. 1ff. zu Art. 181). Aus dem gesamten Zusammenhang des Leistungsverzeichnisses musste der Unternehmer nicht annehmen, dass mit Ziff. 4 „Garantieleistung" die Erbringung einer Erfüllungsgarantie bzw. einer Sicherheitsleistung im Sinne von Art. 149 Abs. 3 SIA-Norm 118 gefordert war. Ist aber Ziff. 4 im soeben dargelegten Sinne (blosse Mängelgarantie) zu verstehen, so entspricht die Auflage Ziff. 1.3 im angefochtenen Beschluss nicht den geforderten Leistungen gemäss der Ausschreibung und ist aufzuheben.

e) Der Klarheit halber ist festzuhalten, dass die vergebenden Stellen durchaus die Möglichkeit haben, sich gegen allfällige Risiken abzusichern. Hätte die Vorinstanz die Erbringung einer sog. Erfüllungsgarantie oder einer vergleichbaren Sicherheitsleistung verlangen wollen, so hätte sie dies jedoch in den Ausschreibungsunterlagen (von allen Offerenten) klar verlangen müssen. Diese Auffassung entspricht denn auch den Anforderungen an die Ausschreibungsunterlagen, wie sie vom GATT-/WTO-Abkommen bzw. der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen verlangt werden, die zwar vorliegend nicht direkt anwendbar sind. Nach § 14 Abs. 1 Buchst. g der kantonalen Vollzugsverordnung zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungewesen vom 25. Juni 1996 (ABl. 1996, S. 969ff.) haben die Ausschreibungsunterlagen mindestens die verlangten finanziellen Garantien und Angaben zu enthalten. Auch nach Art. 26 der europäischen Baukoordinierungsrichtlinie muss die vergebende Stelle in den Ausschreibungsunterlagen bekanntgeben, welche Nachweise sie für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmers verlangt (Christian Bock, Das europäische Vergaberecht für Bauaufträge, Basel und Frankfurt am Main 1993, S. 346ff.).

Des weitern besteht für die öffentliche Hand die Möglichkeit, das Kriterium der Kreditwürdigkeit etc. eines Unternehmen bei der Vergabe im Rahmen von § 16 Abs. 1 SubmV zu berücksichtigen (EGV-SZ 1994, Nr. 63, 1986 Nr. 13). Stützt sie sich aber auf ein solches Kriterium, so sind die entsprechenden Umstände, die für oder gegen die Anwendung eines Kriteriums sprechen, zu belegen.

(RRB Nr. 1207 vom 9. Juli 1996).

 

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Arbeitsvergebung

- Beizug von Fachleuten bei der Prüfung von Angeboten (Erw. 2).
- Ermittlung des wirtschaftlich vorteilhaftesten Angebotes in einem Wettbewerb für Ingenieurarbeiten (Erw. 3).
- Bei Ingenieurarbeiten lässt sich nur in Extremfällen nachvollziehbar feststellen, ob die unternehmerischen Selbstkosten gedeckt sind.

Aus den Erwägungen:

2. Nach § 13 Abs. 1 Verordnung über die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen (Submissionsverordnung) vom 6. Februar 1976 (nGS IV-494/ SubmV) sind Angebote fachlich, rechnerisch und bezüglich Material zu prüfen und auf eine Basis zu bringen, welche einen objektiven Vergleich zulässt. Es können Sachverständige beigezogen werden. Dass neben den Verwaltungsstellen Externe zur Mitwirkung bei der Verfahrensabwicklung bei Arbeitsvergebungen beigezogen werden können, ergibt sich auch aus dem Wortlaut von § 20 SubmV. Vorliegend wurde das Ingenieurbüro X. AG beigezogen, worauf die Interessenten bereits in den Ausschreibungsunterlagen hingewiesen wurden (Deckblatt). Nicht vorgesehen war dagegen eine eigentliche Jurierung.

Zieht eine Behörde zur Behandlung eines Geschäftes Fachkräfte bei, so überträgt sie damit keine Entscheidungskompetenz auf Dritte. Die Behörde hat in eigener Verantwortung eine Angelegenheit zu prüfen und die ihr gesetzlich aufgetragenen Entscheidungen zu treffen. Dies hat vorliegend der Gemeinderat Y. denn auch getan. Darüber konnten im übrigen die Bewerber in Anbetracht der klaren Formulierung unter Ziffer 2.2.4 der Offertunterlagen nicht im Zweifel sein. Auf jeden Fall war die Beurteilung durch das beigezogene Ingenieurbüro für den Gemeinderat Y. nicht in dem Sinne verbindlich, als nach der in dessen Beurteilung festgelegten Reihenfolge zu vergeben gewesen wäre.

3. Nach § 16 Abs. 1 SubmV erfolgt die Vergebung an denjenigen Bewerber, der das günstigste Angebot eingereicht hat. Als günstigstes Angebot gilt dasjenige, das unter Berücksichtigung insbesondere der sachgerechten und rechtzeitigen Ausführung der Arbeit oder Lieferung den tiefsten Preis aufweist. Das niedrigste Angebot ist somit nicht immer das günstigste. Den Zuschlag soll somit der Bewerber mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot erhalten.

a) Den Beschwerdeführerinnen ist zuzustimmen, dass das Angebot mit dem tiefsten Preis nicht immer das wirtschaftlich vorteilhafteste ist. Dies trifft sicherlich für die Erbringung von Architektur- und Ingenieurdienstleistungen in besonderem Masse zu. Eine umsichtige und sorgfältige Bearbeitung vermag durchaus einen höheren Preis zu rechtfertigen. Umgekehrt lässt sich nicht annehmen, der höhere Preis garantiere für sich allein eine bessere Qualität. Die Qualität der angebotenen Arbeit lässt sich indessen nicht direkt in Zahlen umrechnen. Vielmehr ist auf eine Reihe von Kriterien wie etwa Referenzen, eingesetzte Arbeitskräfte, zur Verfügung stehende technische Mittel, Wirtschaftlichkeit vorgeschlagener Lösungen usw. abzustellen. Die Gewichtung dieser Faktoren obliegt dabei den Vergebungsbebörden, denen ein erhebliches Ermessen eingeräumt wird. Von einem in erster Linie von der Vergebungsbehörde zu treffenden und zu verantwortenden Entscheid über den Zuschlag ist auch deshalb auszugehen, weil der Beizug eines Ingenieurs oder Architekten ausgeprägter als bei einem Baumeister oder Lieferanten für Material in erheblichem Masse eine Vertrauenssache ist. Im Rechtsmittelverfahren schreitet demnach der Regierungsrat erst ein, wenn die Bewertung der Angebote sich nicht auf sachliche Kriterien und eine stichhaltige Begründung stützen lässt (RRB Nr. 1524 vom 29. August 1995).

b) Die fachliche Überprüfung der eingegangenen Offerten war für den vorliegenden Fall dem Ingenieurbüro X. AG übertragen. Der Bewertung legte das Büro mit differenzierter Gewichtung folgende Gesichtspunkte zugrunde: Infrastruktur des Büros (personelle Besetzung, technische Hilfsmittel, Kapazität, Haftpflichtversicherung), Fachkompetenz (allgemein, speziell), Projektorganisation, Referenzen (allgemein, speziell), Angebot (abgegebene Unterlagen, Stellungnahmen), Honorare. Das Ergebnis war, dass die Angebote der beiden beschwerdeführenden Büros gleichauf an erster Stelle lagen (Durchschnittsbewertung: 5.5). Mit einem Durchschnitt von 5.1 folgt unmittelbar darauf das Angebot der beschwerdegegnerischen A. AG auf dem dritten Platz. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die vergebenen Punktzahlen für das Honorar zu ungefähr 23% in die Berechnung eingeflossen sind. Ferner ist in Rechnung zu stellen, dass die Honorarbewertung auf die Abweichung vom Mittel berechnet wurde. Das Angebot der Beschwerdegegnerin 2 schnitt entsprechend auch hinsichtlich des Honorares schlechter ab, als jene der beiden Beschwerdeführer. Berücksichtigt man, dass für die Ermittlung des günstigsten Angebotes im Sinne von § 16 SubmV neben der Qualität eines Angebotes dessen Preisniveau zu berücksichtigen und damit das tiefere Angebot besser abschneiden sollte, ist die Bewertung in bezug auf das Honorar zu korrigieren. Dies führt zu einer Annäherung der drei erstplazierten Angebote, die im wesentlichen zu einem Gleichstand führt. Es kann deshalb angenommen werden, dass die drei Angebote der Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdegegnerin 2 weitgehend gleichauf liegen. Zu diesem Schluss muss man auch deshalb gelangen, weil der beurteilende Ingenieur das Risiko, dass die A. AG den tiefen Preis durch halbherzige Vertragserfüllung zu kompensieren suche, als relativ gering einschätzt.

c) Konnte aber der Gemeinderat Y. die drei Angebote der Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdegegnerin 2 insgesamt als gleichauf bewerten, so ist sein Vergebungsbeschluss nicht zu beanstanden. Die Vorteile in der Qualität der beiden Beschwerdeführerinnen werden durch das tiefere Angebot der Beschwerdegegnerin 2 ungefähr aufgewogen. Die Entscheidung des Gemeinderates, in diesem Fall den Zuschlag an die Beschwerdegegnerin 2 zu erteilen, ist somit nicht unhaltbar.

4. Nach § 18 Al. 6 SubmV sind Angebote nicht zu berücksichtigen, wenn sie sich als offensichtliche Unterangebote erweisen. Dies trifft dann zu, wenn die unternehmerischen Selbstkosten eindeutig nicht gedeckt sind. Ob dies der Fall ist, lässt sich in der Regel lediglich annäherungsweise feststellen. Es kann mit anderen Worten kein genauer Betrag errechnet werden, ab welchem von einem Unterangebot gesprochen werden kann. Zwischen einem kostendeckenden Angebot und einem Unterangebot besteht in der Regel keine scharfe Trennlinie, sondern vielmehr ein Trennungsband, eine Grauzone, in welcher jene Angebote anzusiedeln sind, die vielleicht kostendeckend sind, vielleicht aber auch Unterangebote darstellen, ohne dass das eine oder andere hieb- und stichfest nachgewiesen werden kann. Es ist durchaus auch denkbar, dass ein tieferes Angebot die Kosten deckt, ein höheres Angebot aber ein Unterangebot darstellt, weil die Kostenfaktoren von einem Anbieter zum anderen erhebliche Unterschiede aufweisen. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass der benötigte Zeitaufwand, der in die Berechnung einbezogen wird, letztlich immer auf einer Schätzung beruht. Die Submissionsverordnung trägt diesem Umstand insofern Rechnung, als nur gerade offensichtliche Unterangebote auszuschliessen sind. Jene Offerten hingegen, welche sich im Bereiche der Grauzone befinden, sind bei der Vergebung zu berücksichtigen (RRB Nr. 1805 vom 27. September 1994; RRB Nr. 405 vom 6. März 1990, EGV-SZ 1990, Nr. 69; VGE 536/79 vom 17. August 1979).

Bei der Vergebung von Ingenieurarbeiten fällt es noch deutlich schwerer als bei Bauaufträgen oder bei Lieferungen, von einem Unterangebot zu sprechen. Ob ein Angebot die unternehmerischen Selbstkosten noch zu decken vermag, lässt sich nur gerade bei Angeboten mit extremen Abweichungen feststellen. Das vorliegend zu beurteilende Angebot der Beschwerdegegnerin 2 liegt nur gerade rund Fr. 1000.- unter dem zweiten arithmetischen Mittel (vgl. Richtlinien des Regierungsrates vom 26. Januar 1976 zur Ausschaltung von Unterangeboten bei öffentlichen Angeboten und Lieferungen, ABl 1976, S. 83). Die Beschwerdegegnerin 2 hat ihre Kalkulation der Vorinstanz gegenüber näher begründet. Aufgrund des geringen Ausmasses, für welches ihr Angebot im Unterangebotsverdacht sich befindet, der Feststellung des beratenden Ingenieurs, dass der Nachweis zur Deckung der unternehmerischen Selbstkosten erbracht werden könne, und der erwähnten Grenzen für die Nachweis- und Überprüfbarkeit eines kostendeckenden Angebotes bei Ingenieuraufträgen ist die Entscheidung der Vorinstanz, die den Nachweis der Deckung der unternehmerischen Selbstkosten als erbracht erachtet, nicht zu beanstanden.

(RRB Nr. 1959 vom 26. November 1996).

 

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Arbeitsvergebung

- Zeitlicher Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt (Erw.1).
- Das Binnenmarktgesetz schliesst eine Schlechterstellung auswärtiger Anbieter aus (Erw. 2).
- Unmassgeblichkeit der sekundären Vergebungskriterien Sitz im Kanton bzw. in der Gemeinde und Beschäftigung einheimischer Arbeitskräfte (Erw. 3).

Aus den Erwägungen:

1. Die Vorinstanz hat für ihren Vergebungsentscheid nicht nur auf die kantonale Verordnung über die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen (Submissionsverordnung) vom 6. Februar 1976 (nGS IV-494/SubmV), sondern ebenfalls auf das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) vom 6. Oktober 1995 (AS 1996, S. 1738) abgestellt. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten die Anwendbarkeit und Massgeblichkeit des bundesrechtlichen Erlasses.

a) Der Bundesrat hat das Binnenmarktgesetz mit Ausnahme der Art. 9 Abs. 1-3 in bezug auf Art. 5 auf den 1. Juli 1996 in Kraft gesetzt. Die davon ausgenommenen Bestimmungen treten auf den 1. Juli 1998 in Kraft (AS 1996, S. 1742). Die erwähnten Ausnahmen betreffen den bundesrechtlich geforderten Rechtsschutz im öffentlichen Beschaffungswesen der Kantone und Gemeinden. Nicht aufgeschoben ist damit das Inkrafttreten der materiellen Regeln des Bundesgesetzes. Daran ändert auch die Vorschrift in Art. 11 BGBM, wonach Kantone und Gemeinden sowie andere Träger öffentlicher Aufgaben ihre Vorschriften innert zwei Jahren seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mit diesem in Einklang zu bringen und die erforderlichen organisatorischen Bestimmungen zu erlassen haben, nichts (vgl. Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Binnenmarkt [Binnenmarktgesetz, BGBM] vom 23. November 1994, BBl 1995 I, S. 1213ff., 1277; ferner Thomas Cottier/Manfred Wagner, Das neue Bundesgesetz über den Binnenmarkt [BGBM], Übersicht und kurzer Kommentar, AJP 1995, S. 1582ff., 1590; Attilio Gadola, Rechtsschutz im öffentlichen Beschaffungswesen, AJP 1996, S. 967, 977ff.). Ab dem 1. Juli 1996 ist damit namentlich eine Schlechterstellung von auswärtigen Anbietern nicht mehr zulässig.

b) Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, die Anwendung des Binnenmarktgesetzes auf Wettbewerbe, die bereits vor dem 1. Juli 1996 ausgeschrieben worden seien, stelle eine unzulässige Rückwirkung dar. Das Binnenmarktgesetz selbst enthält keine Übergangsbestimmung. Gemäss einer allgemeinen Regel sind in zeitlicher Hinsicht diejenigen Rechtsregeln anwendbar, die bei Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben. Bei Bewilligungsverfahren ist dies - bei Fehlen anderslautender Regelungen - der Zeitpunkt der Eröffnung des Bewilligungs- oder des Rechtsmittelentscheides. Ähnlich verhält es sich bei der Beurteilung von Subventionsgesuchen als eine Form der Leistungsverwaltung (Imboden/Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl./Ergänzungsband, Nr. 15/B/I. /II. /III. /c). Diese allgemeinen übergangsrechtlichen Grundsätze sind von den Rechtspflegebehörden bei Fehlen von Übergangsrecht zu übernehmen, sofern sie sich nicht als unpassend erweisen und namentlich nicht gegen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und gegen Treu und Glauben verstossen (Rhinow/Krähenmann, a.a.O., Nr. 15/B/VII mit Hinweisen).

aa) Der für das Beschaffungswesen massgebende Tatbestand verwirklicht sich ähnlich wie bei Gesuchen um Bewilligungen oder Subventionen mit dem Zuschlag oder der Ausführung der Arbeit oder Lieferung. Diese Ereignisse fanden bzw. finden nach dem 1. Juli 1996 statt, womit die materiellen Vorschriften des Binnenmarktgesetzes zur Anwendung gelangen.

bb) Eine Anwendung des Binnenmarktgesetzes auf die strittige Arbeitsvergebung verstösst ebenfalls nicht gegen Treu und Glauben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerinnen in Kenntnis um die Anwendung des neuen Rechts nicht am Wettbewerb teilgenommen oder ihr Angebot anders berechnet hätten. Im einen wie im anderen Fall mussten die Beschwerdeführerinnen mit erheblicher Konkurrenz rechnen.

cc) Im Gegensatz zum Binnenmarktgesetz enthält die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen eine Übergangsregelung (ABl 1996, S. 375). Die vorliegend - auf jeden Fall nicht unmittelbar - anwendbare Bestimmung von Art. 22 legt fest, dass die Vereinbarung für die Vergebung von Aufträgen gilt, die nach dem Inkrafttreten der Vereinbarung ausgeschrieben oder vergeben werden. Enthielte das Binnenmarktgesetz eine analoge Bestimmung, so wäre es im zu beurteilenden Fall nicht anwendbar. Die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen verlangt indessen im Gegensatz zum Binnenmarktgesetz den Erlass von kantonalem Ausführungsrecht und die Vorkehr von organisatorischen Massnahmen. Erst der Erlass dieses Ausführungsrechts gestattet die Durchführung eines der Interkantonalen Vereinbarung und insbesondere der Internationalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen des GATT/WTO genügenden Wettbewerbes. Aus diesen Umständen erklärt sich die besondere Übergangsbestimmung in Art. 22 IVöB (ähnlich liegen die Verhältnisse beim Art. 37 des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen vom 16. Dezember 1994, AS 1996, S. 508). Das dringende Bedürfnis, diese interkantonale Regelung auch für das Binnenmarktgesetz als anwendbar zu erklären, besteht nicht. Organisatorische Vorkehren sind - wie bereits ausgeführt - innert zweier Jahre zu treffen. Dagegen sind die materiellen Regeln für die Vergebung der Arbeiten eben direkt anwendbar.

dd) Der Gemeinderat X. hat demnach vorliegend zu Recht die materiellen Vorschriften des Binnenmarktgesetzes auf seinen Vergebungsbeschluss angewendet.

2. Nach § 16 Abs. 1 SubmV erfolgt die Vergebung an denjenigen Bewerber, der das günstigste Angebot eingereicht hat. Als günstigstes Angebot gilt dasjenige, das unter Berücksichtigung insbesondere der fachgerechten und rechtzeitigen Ausführung der Arbeit oder Lieferung den tiefsten Preis aufweist. Das niedrigste Angebot ist somit nicht immer das günstigste. Von keiner der Parteien wird geltend gemacht, dass von den Beschwerdeführerinnen oder von der Beschwerdegegnerin 2 nicht eine fachgerechte und rechtzeitige Ausführung der Arbeit erwartet werden kann. In qualitativer Hinsicht erweisen sich demnach deren Angebote als gleichermassen vorteilhaft. Daraus ergibt sich, dass das um rund 2000 Franken tiefere Angebot der Beschwerdegegnerin 2 als das günstigste zu bezeichnen ist. Da nach Art. 5 Abs. 1 BGBM kantonale und kommunale Vorschriften Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz bei der Zulassung zum öffentlichen Markt nicht benachteiligen dürfen, sind Vergebungsregeln, die auf den Wohnsitz oder die Geschäftsniederlassung abstellen, nicht weiter beachtlich. Unter diesen rechtlichen Voraussetzungen erfolgte der Zuschlag zu Recht an die Firma A. AG.

3. Selbst wenn die sekundären Vergebungskriterien gemäss § 16 Abs. 2 SubmV vorliegend noch zur Anwendung kämen, wäre der Vergebungsbeschluss des Gemeinderates X. nicht aufzuheben. Bezogen auf die Gemeinden besteht derzeit weder mit dem Kanton St. Gallen noch mit dem Kanton Glarus eine Gegenrechtserklärung. Für die Vergebungen der Kantone wurde immerhin eine solche mit dem Kanton St. Gallen (ABl 1994, S. 1511) abgeschlossen, wogegen der Kanton Glarus in der Vergangenheit durch eine ausgesprochen protektionistische, auswärtige Anbieter konsequent diskriminierende Vergabepolitik aufgefallen ist.

aa) Von den im vorliegenden Verfahren beteiligten Bewerberinnen hat nur gerade die Konsortialpartnerin B. AG ihren Sitz im Kanton Schwyz, womit sie sich auf das sekundäre Kriterium gemäss § 16 Abs. 2 Buchstabe a SubmV berufen kann. Ein zu grosses Gewicht darf diesem Umstand indessen nicht beigemessen werden, weil das Kriterium von der Arbeitsgemeinschaft erst noch von der eindeutig kleineren Konsortialpartnerin in Anspruch genommen werden kann. Eine verpflichtende Zusage in bezug auf die Aufteilung der Arbeiten auf die zwei Unternehmen besteht offenbar nicht. Die Beschwerdeführerinnen gehen von einer Aufteilung von 70% für die Firma B. AG und von 30% für die Firma C. AG aus. Der Gemeinderat X. erklärte, dass je nach Beschäftigungslage die Gewichtung wohl anders ausfallen könnte.

bb) Von den elf Angestellten der Firma B. AG haben deren zehn ihren Wohnsitz im Kanton Schwyz. Bei der Konsortialpartnerin C. AG trifft dies für keine Angestellten zu. Bei der Fa. A. haben 23 Angestellte ihren Wohnsitz im Kanton Schwyz, wovon vier sogar in der Gemeinde X. Auch wenn man die Grössenverhältnisse der beteiligten Unternehmungen noch etwas in Rechnung stellt, spricht das Kriterium gemäss § 16 Abs. 2 Buchstabe c SubmV der Beschäftigung einheimischer Arbeitskräfte eher für die A. AG.

b) Nach der Rechtsprechung des Regierungsrates hat die Vergebungsbehörde die einzelnen Kriterien zu gewichten und alsdann den Zuschlag zu erteilen. Dieser Gestaltungsspielraum ergibt sich zunächst daraus, dass bereits bei der Ermittlung des günstigsten respektive des annähernd gleich günstigen Angebotes, also bei der Handhabung unbestimmter Rechtsbegriffe, eine Rechtsfolge nicht rechtssatzmässig präzise festgelegt wird. Ferner können einzelne der sekundären Kriterien mehr oder weniger vollständig erfüllt werden. Ein Vergebungsbeschluss ist demnach lediglich aufzuheben, wenn er sich auf keine sachliche Begründung stützt, sich als willkürlich erweist oder einen Verstoss gegen Treu und Glauben beinhaltet (RRB Nr. 254 vom 16. Februar 1994; EGV-SZ 1994, Nr. 64).

Im vorliegenden Fall kann durchaus davon ausgegangen werden, dass die beiden Angebote im wesentlichen gleich günstig sind. Rein preislich ergeben sich gewisse Vorteile für die Beschwerdegegnerin 2. Von den sekundären Vergebungskriterien spricht jenes des Geschäftssitzes teilweise für die Beschwerdeführerinnen. Jenes für die Beschäftigung einheimischer Arbeitskräfte erfüllen beide Unternehmen teilweise mit einem gewissen Übergewicht für die Beschwerdegegnerin 2. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren durfte die Vorinstanz, ohne ihren Ermessensspielraum zu überschreiten bzw. das Ermessen zu missbrauchen, den Zuschlag an die A. AG erteilen.

(RRB Nr. 1625 vom 24. September 1996).

 

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Ausländerrecht

- Der Widerruf einer Aufenthaltsbewilligung, die zum Verbleib beim schweizerischen Ehepartner erteilt worden war, verstösst gegen Treu und Glauben, wenn die Bewilligung versehentlich nach dem Tod des Ehegatten verlängert worden ist (Erw.2).
- Gesichtspunkte für die Beurteilung eines Gesuches um Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (Erw.3).

Aus dem Sachverhalt:

Im März 1992 heiratete H. in seiner türkischen Heimat die Schweizer Bürgerin U. Kurz darauf ist er seiner Ehefrau in die Schweiz gefolgt. Im August 1992 erteilte sodann die Fremdenpolizei des Kantons Schwyz H. eine bis zum 25. November 1992 gültige Aufenthaltsbewilligung B. zum Verbleib bei seiner Ehefrau. Diese Aufenthaltsbewilligung wurde unter anderem am 21. Dezember 1994 bis zum 25. November 1995 verlängert. Am 23. Dezember 1994 verstarb U. Am 29. November 1995 wurde die Aufenthaltsbewilligung erneut um ein Jahr verlängert. Als Aufenthaltszweck wurde auch bei dieser Bewilligung „Ehemann einer Schweizer Bürgerin" bzw. „Monteur" angegeben. Im März 1996 schliesslich hat die Fremdenpolizei des Kantons Schwyz die bis zum 15. November 1996 gültige Aufenthaltsbewilligung widerrufen, ihm die Bewilligung für einen weiteren Aufenthalt verweigert und Frist bis zum 30. Juni 1996 gesetzt, um das schwyzerische Kantonsgebiet zu verlassen. Die beim Regierungsrat erhobene Verwaltungsbeschwerde wurde gutgeheissen.

Aus den Erwägungen:

2. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung am 29. November 1995 in Kenntnis des Umstandes, dass seine Ehefrau Ende 1994 verstorben ist, erfolgt sei. Diese Bewilligung sei ohne Bedingung erteilt worden. Zudem verstosse der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

a) Aus den eingereichten Unterlagen geht nicht eindeutig hervor, ob die Vorinstanz bei der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung am 29. November 1995 sich dessen bewusst war, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers verstorben war. Der Beschwerdeführer hat auf dem Verlängerungsgesuch am 27. Oktober 1995 zutreffend angegeben, dass er verwitwet ist. Auf der Kopie der Bewilligung vom 29. November 1995 wird der Zivilstand des Beschwerdeführers von der Vorinstanz auch mit „verwitwet" angegeben. Daraus ist zu schliessen, dass diese erkannt hat, dass sich der Zivilstand des Beschwerdeführers geändert hat. Dennoch ist die Vorinstanz bei der Bewilligungsverlängerung vom 29. November 1995 davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer immer noch verheiratet ist. Auf dem Ausländerausweis vom 29. November 1995 ist nämlich unter der Rubrik „Aufenthaltszweck" unter anderem eingetragen, dass der Beschwerdeführer „Ehemann einer Schweizerin" ist. Da der Aufenthaltszweck regelmässig eine Bedingung der Aufenthaltsbewilligung ist, an die der Ausländer gebunden ist (Peter Kottusch, Zur rechtlichen Regelung des Familiennachzugs von Ausländern, ZBl 1989, S. 355; Art. 5 Abs. 1 ANAG; Art. 10 Abs. 3 ANAV), trifft die Behauptung, die Bewilligung vom 29. November 1995 sei ohne Bedingung erteilt worden, nicht zu. Die Bewilligung wurde erteilt zum Zweck des Zusammenlebens mit der Ehefrau und unter der Bedingung, dass dieser Aufenthaltszweck nicht entfalle.

b) Der ursprüngliche Zulassungsgrund bzw. die ursprüngliche Bedingung für die Aufenthaltsbewilligung, nämlich der Verbleib bei der schweizerischen Ehefrau, war bereits im Zeitpunkt der letzten Verlängerung vom 29. November 1995 nicht mehr erfüllt. Der Beschwerdeführer hatte an sich keinen Anspruch mehr auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Die Vorinstanz hätte von einer Verlängerung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens absehen können, wenn sie sich des Wegfalls des Zulassungsgrundes bewusst gewesen wäre. Nun registrierte sie zwar die Zivilstandsänderung, trug ihr aber bei der Erteilung der Aufenthaltsbewilligung - offenbar versehentlich - nicht Rechnung. Dieses Versehen durch einen Widerruf der Aufenthaltsbewilligung ungeschehen machen zu wollen, verstösst gegen Treu und Glauben, zumal der Beschwerdeführer die Bewilligungsverlängerung keineswegs erschlichen hat. Tatsächlich ist während der Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligung kein Widerrufsgrund im Sinne von Art. 9 Abs. 2 ANAG eingetreten. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben.

3. Ist der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung aufzuheben, kann der Beschwerdeführer bis zu deren Ablauf in der Schweiz bleiben. Die Frage, ob die Bewilligung verlängert werden kann und soll, stellt sich - wie der Beschwerdeführer zutreffend bemerkt - heute noch nicht, zumal noch nicht einmal ein entsprechendes Gesuch vorliegt. Immerhin scheinen im Hinblick auf die allfällige Behandlung eines Verlängerungsgesuchs folgende Hinweise zweckmässig:

a) Der Ausländer hat, von Ausnahmen wie staatsvertraglichen Sonderregeln abgesehen, grundsätzlich keinen Anspruch auf Anwesenheit in der Schweiz bzw. auf eine fremdenpolizeiliche Bewilligung (Art. 4 ANAG). Dies trifft gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch für die Verlängerung einer einmal erteilten, jedoch befristeten Aufenthaltsbewilligung zu (Art. 5 Abs. 1 ANAG; BGE 111 Ib 2f., 109 Ib 178, 106 Ib 127).

b) Eine Sonderbehandlung erfährt der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers. Nach Art. 7 ANAG hat er Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Nach einem ordentlichen Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf eine Niederlassungsbewilligung. Der Anspruch erlischt, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Art. 7 Abs. 2 ANAG).

c) Der Anspruch gemäss Art. 7 ANAG besteht nur, solange die Ehe rechtlichen Bestand hat. Die Ehe besteht rechtlich nicht mehr, wenn der schweizerische Ehegatte verstorben ist (Ziffern 641.1 und 643.21 der Weisungen A des Bundesamtes für Ausländerfragen zur Ausländergesetzgebung vom 15. Januar 1993, nachstehend: Weisungen BAA). Der Tod des schweizerischen Ehegatten eines Ausländers oder einer Ausländerin führt zum Erlöschen des Anspruchs auf eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb der Beschwerdeführer aus Art. 7 ANAG keinen solchen Anspruch herleiten kann (BGE 120 Ib 20f.).

d) Da sich der Beschwerdeführer erst seit dem 16. Mai 1992 ordnungsgemäss und ununterbrochen in der Schweiz aufhält, hat er auch keinen Anspruch auf eine Niederlassungsbewilligung, da es an der erforderlichen Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren fehlt. Die Zeit, die der Beschwerdeführer als Asylbewerber im Rahmen des Asylverfahrens in der Schweiz verbracht hat, kann dabei nicht mitberücksichtigt werden, da der Asylbewerber während dieser Zeit über keine fremdenpolizeiliche Anwesenheitsberechtigung verfügt hat, sondern lediglich ein vorläufiges Anwesenheitsrecht besitzt (RRB Nr. 1594 vom 12. September 1995, E. 2f.; Weisungen BAA, Ziff. 634.3). Der Aufenthalt des Beschwerdeführers als Asylbewerber war demzufolge nicht ordnungsgemäss im Sinne von Art. 7 Abs. 2 ANAG. Im übrigen setzt Art. 7 Abs. 2 ANAG voraus, dass die Ehe rechtlich noch besteht, was vorliegend nicht der Fall ist.

e) Bestehen aus Art. 7 ANAG keine Aufenthaltsansprüche mehr, so wird der Ausländer in den fremdenpolizeilichen Status zurückversetzt, den er vor der Heirat besessen hat (Weisungen BAA, Ziff. 641.3; VGE 735/95 vom 22. März 1996, E. 3b). Der Beschwerdeführer verfügte vor der Heirat mit seiner Schweizer Ehefrau über keine fremdenpolizeiliche Anwesenheitsberechtigung.

(RRB Nr. 1208 vom 9. Juli 1996).

 

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Jagdrecht

- Erhaltung eines vielfältigen Lebensraumes für wildlebende Säugetiere und Vögel und Interessen an der Durchführung eines alpinen Skitouren-Crosses (Erw. 2a-c).
- Bei umsichtiger Vorbereitung sind umwelt- und naturverträgliche Sportveranstaltungen im alpinen und voralpinen Rahmen durchaus möglich (Erw. 2d).

Aus den Erwägungen:

1. Die Route des alpinen Tourenski-Cross Braunwald-Glarus verläuft gemäss dem von den Organisatoren ihrem Gesuch vom 22. Februar 1996 beigelegten Plan auf weiten Strecken durch das Jagdbanngebiet Nr. 9 „Silbern-Jägern-Bödmerenwald". Eidgenössische Jagdbanngebiete (Banngebiete) dienen dem Schutz und der Erhaltung von seltenen und bedrohten wildlebenden Säugetieren und Vögeln und ihren Lebensräumen sowie der Erhaltung von gesunden, den örtlichen Verhältnissen angepassten jagdbaren Arten (Art. 1 der Verordnung über die eidgenössischen Jagdbanngebiete vom 30. September 1991, VEJ, SR 922.31; Hans-Jörg Blankenhorn, Eidgenössische Jagdbanngebiete - Lebensräume für Wildtiere, in: BUWAL-Bulletin 3/92, S. 35ff.). Die Durchführung von sportlichen Anlässen und sonstigen gesellschaftlichen Veranstaltungen in Banngebieten ist nur zulässig, wenn dadurch das Schutzziel nicht beeinträchtigt werden kann. Veranstaltungen bedürfen einer kantonalen Bewilligung (Art. 5 Abs. 2 VEJ).

Umstritten ist weder die Bewilligungspflicht noch die Zuständigkeit der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung gemäss § 3 Abs. 1 der kantonalen Jagd- und Wildschutzverordnung vom 20. Dezember 1989 (nGS VII-762).

2. a) Der geplante Crosslauf führt auf zwei Streckenabschnitten durch das Banngebiet. Einerseits zwischen Bützi 2155 und Brunalpelihöchi sowie anderseits zwischen Silberenseeli-Twären 2319-nördlich Butzen-Fürstein und Gampeleggen. Betroffen ist jeweils das Gebiet I mit integralen Schutzbestimmungen. Für das Banngebiet Nr. 9 gelten die Zielsetzungen: Erhaltung des Gebiets als vielfältigen Lebensraum für wildlebende Säugetiere und Vögel; Schutz der wildlebenden Tiere vor Störungen.

Die von der Vorinstanz eingeholten Mitberichte der verschiedenen Fachinstanzen sind alle klar und unmissverständlich ausgefallen. Ohne Ausnahme wird die Durchführung des alpinen Tourenski-Crosslaufes abgelehnt. Übereinstimmend wird festgehalten, dass die vom Lauf betroffenen Regionen als Einstandsgebiete für Rauhfusshühner (Birkwild und Schneehühner) sowie für Gemsen gelten. Als ausgesprochener Wintereinstand soll dieses Gebiet gerade in der 2. Winterhälfte nicht gestört werden.

b) Der Beschwerdeführer dagegen bringt vor, dass der Wettkampf auf einer Route durchgeführt werde, die in der offiziellen Tourenkarte enthalten sei. Die Routenführung entspreche derjenigen des Sommer-Hauptverbindungsweges von Braunwald ins Klöntal. Da die Wettkampf-Teilnehmer in Gruppen geführt würden, sei die Belastung des Gebietes nicht grösser, als wenn sich an Spitzentagen zahlreiche individuelle Skitourenfahrer auf der gleichen Strecke bewegen. Zudem seien die Organisatoren wie die Teilnehmer erfahrene Tourenskiläufer, deren Ethos es entspreche, auf die Natur Rücksicht zu nehmen und ihren Sport in Verbindung mit der Natur und nicht gegen diese auszutragen. Das Vorhaben werde auch vom Kur- und Verkehrsverein Braunwald nachhaltig unterstützt, da jede Tourismusregion versuchen müsse, so innovativ wie möglich zu sein und den Gästen etwas anzubieten. Dies könne mit dem Wettlauf ohne Zweifel gemacht werden.

c) Zur Beurteilung der Beschwerde ist eine Interessenabwägung zwischen dem Schutz der wildlebenden Tiere vor Störungen einerseits und der Durchführung des Crosslaufes andererseits vorzunehmen. Lenkender Massstab dieser Interessenabwägung sind die im Gesetz vorgesehenen Schutzziele. Dem Schutz der wildlebenden Tiere in Banngebieten vor Störungen kommt von Gesetzes wegen ein höheres Gewicht zu als dem privaten Interesse an der Durchführung eines Crosslaufes. Dass Wildtiere durch touristische Veranstaltungen gestört werden, ist bekannt (vgl. Christa Mostel-Berger, Wie stark werden unsere Wildtiere gestört?, in: BUWAL-Bulletin 2/95, S. 44f.).

Gestützt auf die verschiedenen Mitberichte von Fachinstanzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an ungestörten Lebensräumen und Einstandsgebieten im Winter eindeutig. Dem Tourismus, auch dem sog. sanften, stehen genügende Flächen im Voralpen- und Alpengebiet zur Verfügung, ohne dass zwingend Banngebiete beansprucht werden müssen. Die Organisatoren bleiben denn auch den Beweis schuldig, dass ein Crosslauf nur auf dieser Route und keiner anderen möglich sei. Dass eine Routenänderung zeitlich nicht mehr möglich sein soll, haben sie selbst zu verantworten (vgl. nachfolgend Erw. 2d).

Das Argument, dass die Route in der offiziellen Skitourenkarte eingetragen und damit von den Behörden genehmigt sei, ist unzutreffend. Bei den Skitourenkarten handelt es sich um private Produkte, mit deren Herausgabe keine behördliche Erlaubnis verbunden ist. Ebensowenig überzeugt das Argument, dass die Route an schönen Tagen individuell von gleichviel Tourenfahrern wie am Wettkampf begangen wird. Massgebend ist, dass es sich beim Wettkampf um eine organisierte Veranstaltung - sogar mit Renncharakter - handelt, die während mehreren Stunden ein Gebiet intensiv beansprucht. Dies stört Wildtiere mehr als Tourenfahrer, die unregelmässig und gemütlich die Gegend durchqueren.

Bereits in einem früheren Beschwerdeverfahren (RRB Nr. 1307 vom 2. August 1995) hat der Regierungsrat den Schutz der wildlebenden Tiere höher eingestuft als eine Wegverlegung, obwohl kein Jagdbanngebiet vorlag. In einem Banngebiet sind die Schutzinteressen schon von Gesetzes wegen höher zu gewichten.

Zusammenfassend überwiegen die Argumente zugunsten des Schutzes der Wildtiere, weshalb die Vorinstanz zu Recht eine Bewilligung für die Durchführung eines Tourenski-Wettkampfes verweigert hat. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist deshalb abzuweisen.

Da die Beschwerde sofort entschieden werden konnte, ist das Gesuch um provisorische Bewilligung des Crosslaufes gegenstandslos geworden. Ein solches Gesuch hätte aus den gleichen Gründen nicht bewilligt werden können.

d) Der Regierungsrat weist ausdrücklich darauf hin, dass umwelt- und naturverträgliche Sportveranstaltungen auch im alpinen und voralpinen Raum möglich sind, wie z.B. die soeben durchgeführten Junioren-Skiweltmeisterschaften 1996 auf dem Hoch-Ybrig bewiesen haben. Von den Organisatoren solcher Anlässe muss aber verlangt werden, dass sie sich frühzeitig um die entsprechenden Belange des Natur- und Umweltschutzes kümmern. Es ist deshalb erstaunlich, dass es die Organisatoren trotz der umgehend erhobenen Einwände der Vorinstanz am 5. Dezember 1995 offenbar erst Mitte Februar 1996, bzw. am 21./22. Februar 1996 für nötig fanden, ein Bewilligungsgesuch einzureichen. Dieses wurde speditiv und nach Einholung von Mitberichten innert Wochenfrist erledigt. Selbst nach diesem negativen Entscheid wurde die Beschwerdefrist an den Regierungsrat beinahe vollständig ausgenützt und erst am 18. März 1996, also knapp eine Woche vor dem Wettkampf, Beschwerde erhoben. Bei diesem zeitlichen Ablauf, und offenbar ohne dass ernsthafte Alternativen je geprüft wurden, haben es sich die Organisatoren selbst zuzuschreiben, dass der Lauf in letzter Minute geändert oder abgesagt werden muss. Bei einer frühzeitigen Planung und einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den erhobenen Einwänden, wäre eine Routenänderung schon viel früher möglich gewesen.

(RRB Nr. 512 vom 20. März 1996).