EGV-SZ 1995

[Entscheide Nr. 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62] 

 

B. REGIERUNGSRAT

44

Verwaltungsverfahren

– Wird auf eine Betreibung für eine rechtskräftig veranlagte Steuerforderung hin Rechtsvorschlag erhoben, so hat die Verwaltungsbehörde zur Beseitigung des Rechtsvorschlages das Rechtsöffnungsverfahren nach Art. 80 SchKG zu beschreiten. Ihr selbst ist es verwehrt, durch Verfügung den Rechtsvorschlag aufzuheben.

Aus dem Sachverhalt:

Ein Steuerpflichtiger bezahlte die rechtskräftig veranlagten Kantons-, Bezirks- und Gemeindesteuern nicht. Nachdem auch wiederholte Mahnungen nicht zur Begleichung der Steuerausstände führten, leitete das für den Steuereinzug zuständige kommunale Steueramt die Betreibung ein. Gegen die Betreibung wurde Rechtsvorschlag erhoben. Das Steueramt hob alsdann die Betreibung in einer Verfügung auf. Der Regierungsrat trat mangels Zuständigkeit auf eine dagegen erhobene Verwaltungsbeschwerde nicht ein. Zur Zulässigkeit des gewählten Vorgehens stellte er nachfolgende, aufsichtsrechtlich motivierte Erwägung an.

Aus den Erwägungen:

2. a) Öffentlichrechtliche Geldforderungen sind von Bundesrechts wegen nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 (SR 281.1) zu vollstrecken (s. Max Imboden/René A. Rhinow/Beat Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Basel/Stuttgart 1976/1990, Nr. 50/B/I; § 78 Abs. 1 Buchstabe a, Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege vom 6. Juni 1974, nGS II-225 VRP). Ein Betreibungsbegehren ist dabei an das zuständige Betreibungsamt zu richten (Art. 67 SchKG). Dieses erlässt an den Schuldner einen Zahlungsbefehl (Art. 69ff. SchKG). Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, bewirkt dies die Einstellung der Betreibung (Art. 78 Abs. 1 SchKG). Von der hier nicht weiter interessierenden provisorischen Rechtsöffnung abgesehen, bestehen für den Gläubiger im wesentlichen zwei Wege, um den Rechtsvorschlag zu beseitigen: Der ordentliche Prozessweg (Art. 79 SchKG) und das Rechtsöffnungsverfahren (Art. 80 SchKG).

b) Hat ein Schuldner auf die betreibungsrechtliche Zahlungsaufforderung für eine öffentlichrechtliche Forderung hin Rechtsvorschlag erhoben, so ist – sofern kein Rechtsöffnungstitel vorhanden ist – der Bestand der Forderung gerichtlich feststellen zu lassen (Art. 79 SchKG). Dabei kann der Sachrichter den Rechtsvorschlag beseitigen. Erstinstanzlich zuständig zur hoheitlichen Festlegung der Leistungspflicht für eine öffentlichrechtliche Forderung ist die zuständige Verwaltungsbehörde oder – soweit ein verwaltungsgerichtliches Klageverfahren besteht – ein Verwaltungsgericht. Sofern eine Verwaltungsbehörde über eine öffentlichrechtliche Forderung einseitig entscheiden kann, ist sie auch befugt, dabei den Rechtsvorschlag direkt zu beseitigen (BGE 109 V 45; BGE 107 III 60ff. mit Verweisen = Pr 70, Nr. 252; Kreisschreiben der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes vom 28. Oktober 1981; Entscheid des Versicherungsgerichtes des Kantons St. Gallen vom 19. April 1994, GVP 1994, S. 17ff.; RRB Nr. 1207 vom 2. Juni 1991, EGV-SZ 1991, Nr. 41; kritisch Hans Fritzsche/Hans-Ulrich Walder, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, Zürich 1984, S. 227). Das Betreibungsverfahren kann in diesem Fall nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung ohne Rechtsöffnungsverfahren mit dem Pfändungsbegehren fortgesetzt werden (Art. 88ff. SchKG).

c) Wurde indessen bereits vor Einleitung des Betreibungsverfahrens eine Verfügung erlassen, die rechtskräftig und vollstreckbar geworden ist, und erhebt der Schuldner gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag, so kann und muss die mit dem Einzug betraute Verwaltungsbehörde das Rechtsöffnungsverfahren gemäss Art. 80 SchKG einleiten. Nachzusuchen ist die Rechtsöffnung beim zuständigen Richter am Ort der Betreibung, also in der Regel am Wohnsitz des Betriebenen (Fritzsche/Walder, a.a.O., S. 104, 227f.). Im Kanton Schwyz ist dies der für den Wohnbezirk zuständige Einzelrichter im summarischen Verfahren (§ 10 Abs. 1 Ziff. 2, Einführungsverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 25. Oktober 1974, nGS II-231). Dem Rechtsöffnungsrichter ist der Rechtsöffnungstitel (rechtskräftige Verfügung oder Entscheid) vorzulegen. Ausserhalb des Kantons Schwyz ist zudem der Nachweis der Vollstreckbarkeit im Sinne von Art. 4 des Konkordates über die Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe zur Vollstreckung öffentlichrechtlicher Ansprüche vom 20. Dezember 1971 (nGS II-233a) zu erbringen.

Muss das Rechtsöffnungsverfahren durchlaufen werden, so ist es der Verwaltungsbehörde verwehrt, den Rechtsvorschlag in einer Verfügung zu beseitigen (BGE 109 V 46). In dieser Hinsicht geht die Vorinstanz offensichtlich von einer unzutreffenden Rechtslage aus. (…)

d) Mit den aufgezeigten Varianten der Beseitigung eines Rechtsvorschlages werden parallele Wege wie bei der Durchsetzung privatrechtlicher Forderungen vorgesehen. Wäre es dagegen zulässig, dass Verwaltungsbehörden auch dann einen Rechtsvorschlag hoheitlich beseitigen könnten, wenn bereits vor Einleitung des Betreibungsverfahrens ein Vollstreckungstitel vorhanden ist, so würde namentlich das Konkordat über die Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe zur Vollstreckung öffentlichrechtlicher Ansprüche vom 20. Dezember 1971, dem auch der Kanton Schwyz beigetreten ist, jegliche Bedeutung verlieren.

(RRB Nr. 1098 vom 20. Juni 1995).

Anmerkungen: 1. Die Befugnis der Verwaltungsbehörden, bei der Eintreibung öffentlichrechtlicher Geldforderungen selbst und somit gewissermassen in eigener Sache über die Beseitigung der Wirkungen eines erhobenen Rechtsvorschlages zu befinden, ist in Lehre und Rechtsprechung nicht unbestritten geblieben. In einem einlässlich begründeten Entscheid vertrat die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern die Auffassung, Art. 79 SchKG verlange für den Anerkennungsprozess eine richterliche Instanz. Die Weigerung des zuständigen Betreibungsamtes, einem Fortsetzungsbegehren der Eidgenössischen Steuerverwaltung, die ein Unternehmen zur Bezahlung der Warenumsatzsteuer verpflichtet und einen von dieser erhobenen Rechtsvorschlag aufgehoben hatte, stattzugeben, wurde geschützt (Entscheid vom 24. Mai 1994, BlSchKG 59/1995, S. 10ff.).

2. In Bestätigung der bisherigen Praxis hat das Bundesgericht auf Rekurs der Eidgenössischen Steuerverwaltung mit Entscheid vom 18. Juli 1994 den erwähnten Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern aufgehoben und das zuständige Betreibungsamt angewiesen, die Betreibung fortzusetzen (BlSchKG 59/1995, S. 10ff.; der Entscheid ist nicht zur amtlichen Publikation vorgesehen). Das Bundesgericht liess sich dabei von der Erwägung leiten, dass das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs in Art. 22 Abs. 1 die Kantone anhalte, die zuständigen Gerichtsbehörden für betreibungsrechtliche Streitigkeiten zu bezeichnen. Die Anerkennungsklage im Sinne von Art. 79 SchKG bleibe davon indessen unberührt. Denn bei ihr handle es sich „um eine rein materielle Klage, die im ordentlichen Zivil- oder Verwaltungsprozessverfahren beurteilt wird". Der Hinweis auf den „ordentlichen Prozessweg" in Art. 79 SchKG verdeutliche gerade, dass der Streit über die materielle Begründetheit einer in Betreibung gesetzten Geldforderung nicht von einem kantonalen Vollstreckungsrichter, sondern vor der sachlich zuständigen Behörde auszutragen ist. Über öffentlichrechtliche Geldforderungen würden eben in der Regel erstinstanzlich Verwaltungsbehörden entscheiden.

3. In den Fällen, in welchen eine Verwaltungsbehörde nicht allein über die Pflicht zur Bezahlung einer öffentlichrechtlichen Geldforderung, sondern ausserdem über die Wirkungen eines Rechtsvorschlages befinde, komme ihr auch die Funktion einer Rechtsöffnungsinstanz zu. Die entsprechenden Bestimmungen des SchKG seien anzuwenden; insbesondere sei der Schuldner mit der Einrede zu hören, die Forderung sei getilgt, gestundet oder verjährt (Art. 81 Abs. 1 SchKG). Werde dies zu Unrecht unterlassen, stehe einem Schuldner der verwaltungsrechtliche Rechtsweg offen.

4. Bedenken gegen die bundesgerichtliche Rechtsprechung gründen hauptsächlich in der verfahrensrechtlichen Gleichstellung von Gericht und Verwaltungsbehörde. Ausserdem wird die Entscheidfindung durch die Verwaltungsbehörde gewissermassen in eigener Sache als störend empfunden (vgl. das im Entscheid angeführte Standardwerk Fritzsche/Walder, Rz 12, § 18; ferner Jacques Reymond, Mainlevée et continuation de la poursuite, SJZ 78/1982, S. 306ff.). Mit dem inzwischen erreichten Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bund und in den Kantonen, die unmittelbar oder mittelbar an eine hoheitliche Verfügung anschliesst, verlieren die Einwände an Gewicht. Wollte man zudem von den Verwaltungsbehörden verlangen, dass sie in jedem Fall bei einer öffentlichrechtlichen Geldforderung das Rechtsöffnungsverfahren durchlaufen müssen, würde das Anerkennungsverfahren für diese Art der Forderung ausgeschaltet. Geht es zudem um Ansprüche, über die eine Verwaltungsbehörde gar nicht hoheitlich befinden darf, sondern für die ein Klageverfahren (z.B. oftmals Ansprüche aus verwaltungsrechtlichen Verträgen und Konzessionen sowie aus Staatshaftung) vorgesehen wird, ist es der Verwaltungsbehörde auch verwehrt, den Rechtsvorschlag zu beseitigen. In einem Entscheid vom

22. Mai 1995 (BGE 121 V 109) schützte das Eidg. Versicherungsgericht eine Beitragsverfügung einer Kranken- und Unfallversicherung, in welcher Prämien hoheitlich festgelegt und gleichzeitig der erhobene Rechtsvorschlag aufgehoben wurde. Das Versicherungsgericht erkannte in dieser Verfahrensabwicklung namentlich keinen Verstoss gegen die in Art. 58 BV sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährten Garantien auf den verfassungsmässigen Richter bzw. einen gerichtlichen Rechtsschutz.

 

45

Verwaltungsverfahren

– Die Rechtsmittelfrist nach Art. 420 Abs. 2 ZGB ist nicht wiederherstellbar (Erw. 2).

Aus den Erwägungen:

2. a) Die Wiederherstellung einer Frist ist bei der Versäumung gesetzlicher Fristen insbesondere von Rechtsmittelfristen möglich, (Walther J. Habscheid, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Auflage, Basel und Frankfurt am Main 1990, Rz 574), sofern das anwendbare Verfahrensrecht dies vorsieht. Dabei wird mit einem Wiederherstellungsbegehren nicht die Abänderung eines Entscheids, sondern nur die Beseitigung von dessen Rechtskraft bezweckt, damit der Rechtsmittelweg wieder offensteht (Attilio R. Gadola, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, Diss. Zürich 1991, S. 99).

b) Die Beschwerdeführerin unterliess es, innert der in Art. 420 Abs. 2 ZGB vorgesehenen zehntägigen Frist den vorinstanzlichen Beschluss beim Regierungsrat anzufechten. Bei der Frist nach Art. 420 Abs. 2 ZGB handelt es sich um eine Frist des Bundesrechts. Das Versäumen einer vom Bundesrecht vorgesehenen Beschwerdefrist bewirkt, dass die jeweiligen kantonalen Vorschriften über die Wiederherstellung von Fristen nicht anwendbar sind. Die Wiederherstellung einer Bundesfrist ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur möglich, wenn die Wiederherstellung durch das materielle Bundesrecht vorgesehen ist. Da dem materiellen Bundesrecht das Rechtsinstitut der Wiederherstellung – ausser in hier nicht gegebenen Ausnahmefällen – fremd ist, sind bundesrechtliche Fristen aufgrund ihrer Rechtsnatur – sie sind Verwirkungsfristen – nicht wiederherstellbar. Dies selbst dann nicht, wenn die Frist unverschuldet versäumt worden ist (vgl. BGE 101 II 88f.; Oscar Vogel, Grundriss des Zivilprozessrechts, 3. Auflage, Bern 1992, 9. Kapitel, N 108ff.). Somit ist die von der Beschwerdeführerin versäumte Rechtsmittelfrist aufgrund ihrer Rechtsnatur nicht wiederherstellbar. Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden.

(RRB Nr. 197 vom 31. Januar 1995).

 

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Verwaltungsverfahren

– Eine Verwaltungsbehörde kann die ihr aus der Beratung durch einen Rechtsanwalt in einem erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren entstandenen Kosten nicht dem Adressaten einer Verfügung auferlegen.

Aus den Erwägungen:

1. a) Im Verwaltungsverfahren gilt allgemein der Grundsatz, dass die mit der Sache befasste Instanz das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat (iura novit curia). Dieses in § 26 Abs. 1 der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege vom 6. Juni 1974 (VRP, nGS II-225) festgehaltene Prinzip besagt, dass die entscheidende Behörde selbständig alle für einen bestimmten Tatsachenkomplex zutreffenden und anwendbaren Rechtssätze zu suchen, diese nach bester Überzeugung auszulegen und die sich daraus ergebenen Rechtsfolgen zu ziehen hat (Attilio R. Gadola, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, Zürich 1991, S. 88). Die Überprüfung einer Rechtsfrage ist somit grundsätzlich Aufgabe derjenigen Behörde, welche dafür von der Rechtsordnung vorgesehen ist. Die Pflicht der zuständigen Behörde, im Rahmen ihrer staatlichen Tätigkeit einen feststehenden Sachverhalt selbst unter eine bestimmte Rechtsnorm zu subsumieren, beinhaltet auch, dass für diese dem Staat obliegende Tätigkeit nur die im Rahmen der gesetzlichen Ordnung vorgesehenen Gebühren erhoben werden dürfen. Nimmt nun eine Behörde, aus welchen Gründen auch immer, ihre Aufgabe der Rechtsüberprüfung nicht selbst wahr, sondern beauftragt damit einen Dritten, so kann sie dessen Kosten nicht der betroffenen Person überbinden. Sie kann dieser Person nur die hiefür gesetzlich vorgesehenen Gebühren auferlegen. Eine andere Handhabung würde dazu führen, dass eine Person hinsichtlich der Kostenfolge besser- oder schlechtergestellt wäre, je nachdem, ob die zuständige Behörde ihre staatliche Aufgabe selbst vornimmt oder durch Dritte ausführen lässt (vgl. VGE 344/86 vom 6. März 1987).

b) Die Vorinstanz hat somit zu Unrecht der Beschwerdeführerin die Kosten für die anwaltschaftliche Beratung überbunden. Sie hätte der Beschwerdeführerin für die anwaltschaftlich abgeklärten Rechtsfragen Kosten nur in dem Masse auferlegen dürfen, wie sie angefallen wären, wenn sie die Rechtsfragen selbst abgeklärt hätte.

(RRB Nr. 1527 vom 23. August 1995).

 

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Verwaltungsverfahren

– Der Antrag des Gemeinderates an die Gemeindeversammlung, einer privaten Stiftung für verschiedene Um- und Renovationsarbeiten einen bestimmten Beitrag auszurichten, stellt keine anfechtbare Verfügung dar (Erw. 1).
– Beiträge der Gemeinden an den Bau und Unterhalt von Heimen stellen grundsätzlich keine gebundenen Ausgaben dar (Erw. 1d).

Aus dem Sachverhalt:

Der Stiftungsrat einer privaten Stiftung, die ein Alters- und Pflegeheim betreibt, ersuchte für anstehende Umbau- und Renovationskosten im mutmasslichen Ausmass von rund 2.9 Mio. Franken um einen Gemeindebeitrag von 2 Mio. Franken. Der Gemeinderat Z. beschloss, den Stimmberechtigten die Ausrichtung eines gleich hohen Beitrages wie ihn der Kanton ausrichtet, voraussichtlich 30% der subventionsberechtigten Kosten, zu bewilligen. Gegen den Beschluss des Gemeinderates erhob der Stiftungsrat beim Regierungsrat Verwaltungsbeschwerde.

Aus den Erwägungen:

1. Vor dem Erlass eines Entscheides prüft der Regierungsrat von Amtes wegen, ob auf die Verwaltungsbeschwerde einzutreten ist. Zu untersuchen ist vorliegend insbesondere die Zulässigkeit des Rechtsmittels (§ 27 Abs. 1 lit. e der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege vom 6. Juni 1974, nGS II-225/VRP).

a) Zulässig sind Rechtsmittel gegen Verfügungen oder Entscheide, womit ein Verfahren durch eine Sach- oder Nichteintretensverfügung oder einen entsprechenden Entscheid abgeschlossen wird (§ 36 Abs. 1 Buchstabe a VRP). Verfügungen sind dabei hoheitliche, individuelle und einseitige Anordnungen einer Behörde, mit welchen, (a) Rechte und Pflichten bestimmter Personen begründet, abgeändert oder aufgehoben werden, (b) das Bestehen, Nichtbestehen oder der Inhalt von Rechten und Pflichten festgestellt wird, (c) Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten und Pflichten abgewiesen oder durch Nichteintreten erledigt werden, (d) die Vollstreckung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen angeordnet wird.

b) Der Begriff der Anordnung enthält das Element der Rechtsverbindlichkeit. Eine behördliche Willenserklärung stellt nur dann eine Verfügung dar, wenn sie unmittelbar Rechtswirkungen entfalten kann. Blosse Auskünfte sowie Anträge fallen nicht unter den Verfügungsbegriff (Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 108f.). Mit einer Verfügung wird ein verwaltungsrechtliches Rechtsverhältnis definitiv und in erzwingbarer Weise festgelegt (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993, Rz 693; Alfred Kölz/Isabelle Hänner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, Rz 223). Das Begriffsmerkmal der Verbindlichkeit bedeutet formelle Rechtskraftfähigkeit und damit Vollziehbarkeit (Alfred Kölz, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, Zürich 1978, N 10 zu § 19 VRG-ZH; Fritz Gygi, Aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahme in der Verwaltungsrechtspflege, ZBl 1976, S. 1ff., 3). Daran fehlt es beispielsweise einem Beschluss, der nur bei Zustimmung bestimmter Parteien verbindlich wird und andernfalls durch den Spruch einer Schiedsinstanz ersetzt wird (Entscheid EVED vom 6. Februar 1985, VPB 50/1986, Nr. 15).

c) Vorliegend stimmen die Parteien grundsätzlich darin überein, dass über den anbegehrten Investitionsbeitrag letztlich die Stimmberechtigten der Gemeinde entscheiden müssen. Der Stiftungsrat der Stiftung Altersheim X. hat denn auch in seinem Gesuch vom 5. Oktober 1994 zu einem anderen Projekt den Gemeinderat gebeten, das Gesuch vordringlich zu behandeln und die Vorlage, wenn möglich, im Dezember 1994 den Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern zur Abstimmung vorzulegen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin erweisen sich demnach als widersprüchlich, wenn sie in ihrer Stellungnahme vom 25. Oktober 1995 von einer gebundenen Ausgabe ausgeht. Damit regelt der Beschluss des Gemeinderates Schwyz kein Rechtsverhältnis zur Beschwerdeführerin in verbindlicher und erzwingbarer Weise. Die Beschwerdeführerin kann gestützt darauf nicht die Auszahlung eines bestimmten Betrages verlangen. Wäre dem nämlich so, so könnte und müsste die Gemeindeversammlung über das Geschäft gar nicht mehr entscheiden.

d) Die Beschwerdeführerin wendet ein, bei den Gemeindebeiträgen handle es sich um gebundene Ausgaben, womit es gar keine Zustimmung der Gemeindeversammlung brauche. Staatsbeiträge sind nach herrschender Auffassung nur dann als gebunden zu betrachten, wenn Voraussetzungen und Höhe rechtssatzmässig bereits derart festgelegt sind, dass keine relevante Entscheidungsfreiheit mehr besteht (Adrian Hungerbühler, Das Finanzreferendum nach der aargauischen Kantonsverfassung vom 25. Juli 1980, ZBl 1985, S. 329ff., 339). Wie sich aus § 29 Abs. 2 sowie § 33 Abs. 2 des Gesetzes über die Sozialhilfe vom 18. Juni 1983 (nGS III-384/ShG) ergibt, sind zunächst die Gemeinden gesetzlich nicht verpflichtet, überhaupt an den Bau, Unterhalt und Betrieb von Heimen Beiträge auszurichten. Anders verhält es sich allerdings dann, wenn die Gemeinden bestimmte Aufgaben, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, privaten Sozialdiensten übertragen (§ 33 Abs. 2 ShG). Aber auch in diesem Fall spricht das Gesetz nur von angemessenen Beiträgen, womit anders als bei den Kantonsbeiträgen über den Umfang ein grosser Entscheidungsspielraum besteht. Dieser wird dabei auch nicht durch den Subventionsvertrag aus dem Jahre 1973 eingeengt, zumal auch die Beschwerdeführerin aus diesem Vertrag nichts mehr für sich ableiten will. Liegt somit keine gebundene, auf jeden Fall keine vollständig oder auch budgetmässig gebundene Ausgabe vor (Adrian Hungerbühler, Zum Verhältnis zwischen grossrätlicher Budgetkompetenz und regierungsrätlicher Verordnungskompetenz, in: Festschrift für Kurt Eichenberger, Aarau 1990, S. 259ff., 260f.), so kann der Gemeinderat Beiträge vor der Beschlussfassung durch die Gemeindeversammlung nicht verbindlich zusprechen. Eine andere Sicht der Dinge hätte die merkwürdige Folge, dass die Stimmbürger wohl bei der Bewilligung eines Kredites für die Sanierung der Haustechnik im Alters- und Pflegeheim der Gemeinde in Z., nicht aber über den Beitrag an ähnliche Institutionen von privaten Trägern eines Heimes mitbestimmen könnten.

e) Für das Vorliegen einer Verfügung spricht auch nicht etwa ein effektives oder vermeintliches Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches vermag eine fehlende Sachentscheidvoraussetzung nicht zu ersetzen (ZBl 1994, S. 476ff.). Zwar ist nicht zu übersehen, dass der Entscheid der Gemeindeversammlung durch den Beschluss des Gemeinderates Schwyz gleichsam etwas vorprogrammiert wird. Damit kommt dem Beschluss aber nach wie vor keine Verfügungsqualität zu.

f) Fehlt es an einem Anfechtungsobjekt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (§ 27 Abs. 2 i.V. mit § 36 VRP).

(RRB Nr. 2166 vom 19. Dezember 1995).

 

48

Zivilrecht

– Landwirtschaftliche Grundstücke aus Mündelvermögen dürfen nur freihändig nach den Regeln des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht veräussert werden (Erw. 3a–d/cc).
– Auch der freihändige Verkauf einer landwirtschaftlichen Liegenschaft aus einem Mündelvermögen bedarf der Zustimmung durch die Vormundschaftsbehörde (Erw. 3d/dd).
– Eine Genehmigung des freihändigen Verkaufs durch die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde ist dagegen nicht erforderlich (Erw. 3e).

Aus den Erwägungen:

3. a) Die Vorinstanz hat den freihändig vorgenommenen Kindskauf der Liegenschaft des Beschwerdeführers an dessen Sohn aufgrund von Art. 421 Ziff. 1 ZGB genehmigt. Dabei hat sie darauf verzichtet, die aufsichtsrechtliche Genehmigung des Verkaufs aus freier Hand durch den Regierungsrat als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde (§ 7 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 14. September 1978, EGzZGB, nGS II-175) gemäss Art. 404 Abs. 3 ZGB einzuholen. Im folgenden ist zu prüfen, ob diese Vorgehensweise rechtens war.

b) In der vorliegenden Angelegenheit besteht folgende, vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich gelöste Normenkollision: Gemäss Art. 404 Abs. 1 ZGB darf eine Veräusserung von Mündelgrundstücken nur erfolgen, wenn es die Interessen des Bevormundeten erfordern. Der Freihandverkauf bildet dabei die Ausnahme und bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (Art. 404 Abs. 3 ZGB). Demgegenüber sieht das am 1. Januar 1994 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) in Art. 69 BGBB vor, dass landwirtschaftliche Gewerbe und Grundstücke – um solche handelt es sich vorliegend – nicht freiwillig versteigert werden dürfen.

c) Bei Normenkollisionen finden im allgemeinen die Kollisionsregeln der lex specialis und der lex posterior Anwendung. Danach geht das spezielle Gesetz dem allgemeinen Gesetz (Vorrang der lex specialis) und das spätere Gesetz dem früheren Gesetz (Vorrang der lex posterior) vor. Beim Vorrang der lex specialis ist zu beachten, dass die Beurteilung, in welchem inhaltlichen Verhältnis zwei Rechtsnormen zueinander stehen, oft nicht nur eine rein logisch feststellbare Beziehung betrifft, sondern bereits Ausdruck einer Wertung ist. Es handelt sich dabei nicht um ein schematisch anwendbares Prinzip; seine Anwendung setzt voraus, dass aus dem Sinnzusammenhang heraus eine Rechtsnorm im Verhältnis zu einer anderen Rechtsnorm als Sonderregelung zu verstehen und zu behandeln ist (Ulrich Häfelin/Georg Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993, N 179).

d) aa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem BGBB gemäss dessen Art. 1 Abs. 1 folgende Zwecke:

„Dieses Gesetz bezweckt:
a. das bäuerliche Grundeigentum zu fördern und namentlich Familienbetriebe als Grundlage eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen, auf eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung ausgerichteten Landwirtschaft zu erhalten und ihre Struktur zu verbessern;
b. die Stellung des Selbstbewirtschafters einschliesslich diejenige des Pächters beim Erwerb landwirtschaftlicher Gewerbe und Grundstücke zu stärken;
c. übersetzte Preise für landwirtschaftlichen Boden zu bekämpfen."

Ausgehend von dieser Zweckbestimmung gelangt man bei der Auslegung des Verbotes der freiwilligen Versteigerung nach Art. 69 BGBB zu folgendem Ergebnis: Mit Art. 69 BGBB bezweckt der Gesetzgeber zusammen mit der Pflicht zur Bewilligung der Eigentumsübertragung (vgl. Art. 61ff. BGBB) den Schutz der landwirtschaftlichen Grundstücke vor Spekulation (vgl. Urs Vogel, Freihändiger Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken durch eine bevormundete Person, ZVW 1995, S. 44). Es sollen übersetzte Preise für landwirtschaftliche Grundstücke verhindert werden, um letztlich den Hauptzweck des bäuerlichen Bodenrechts, die Förderung und Erhaltung des bäuerlichen Grundeigentums, zu fördern bzw. zu sichern. Würde nun entgegen Art. 69 BGBB aufgrund von Art. 404 Abs. 2 ZGB ein landwirtschaftliches Grundstück aus Mündelvermögen öffentlich versteigert, müsste der Schutzzweck des BGBB in diesem Teilbereich fallengelassen werden. Es fragt sich, ob dies mit dem in Art. 404 Abs. 2 ZGB vorgesehenen Schutz des Mündels zu rechtfertigen ist.

bb) Art. 404 Abs. 2 ZGB nimmt die Interessen der entmündigten bzw. verbeirateten Person wahr, indem durch die Vorschrift des Steigerungskaufs die Gewährleistung einer freien Preisbildung und die Erzielung des bestmöglichen Erlöses angestrebt wird (vgl. BGE 80 II 377; Vogel, a.a.O., S. 44). Mit dem im gleichen Absatz enthaltenen Vorbehalt der Genehmigung des Zuschlags durch die Vormundschaftsbehörde – in Umsetzung der vormundschaftlichen Leitidee der Aufgabenteilung (Peter Tuor/Bernhard Schnyder/Jörg Schmid, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. Aufl., Zürich 1995, S. 375) –, soll namentlich verhindert werden, dass ein Vormund bzw. Beirat beim Verkauf eines Mündelgrundstücks zum Nachteil des Schutzbefohlenen eigene Vorteile verfolgt (vgl. BGE 95 II 39). Zusammenfassend setzt Art. 404 Abs. 2 ZGB somit in einem Teilaspekt den primären Zweck des Vormundschaftsrechts um, den Schutz des Schwachen (Tuor/Schnyder/Schmid, a.a.O., S. 375). Mit Art. 404 Abs. 2 ZGB soll vorab verhindert werden, dass ein Mündel beim Verkauf seines Grundstücks aufgrund seiner Schwäche und Hilfsbedürftigkeit übervorteilt wird, sei es durch den eigenen Vormund bzw. Beirat, sei es durch Dritte.

cc) Durch das Verbot der freiwilligen Versteigerung gemäss Art. 69 BGBB wird der Zweck des Art. 404 Abs. 2 ZGB, der Schutz des Mündels vor einer Übervorteilung beim Grundstückverkauf, nicht in Frage gestellt. Auch beim freihändigen Verkauf eines landwirtschaftlichen Grundstücks kann der Gefahr einer Übervorteilung angemessen begegnet werden. Hiebei ist zu berücksichtigen, das die eingehende Regelung des BGBB betreffend Erwerb und Erwerbspreis von landwirtschaftlichen Grundstücken (vgl. Art. 61 bis 69 BGBB) dem Schutzzweck von Art. 404 Abs. 2 ZGB entgegenkommt und ihn keinesfalls verunmöglicht. Würde hingegen die öffentliche Versteigerung beim Verkauf von landwirtschaftlichem Grund und Boden aus Mündelvermögen in Abweichung von Art. 69 BGBB zugelassen, müsste der durch Art. 69 BGBB verfolgte Zweck fallengelassen werden. Eine solche Auflösung der Normenkollision würde zudem zu einer schwer zu rechtfertigenden Bevorzugung von entmündigten bzw. verbeirateten Personen und deren Erben gegenüber anderen Personen führen, da durch den Steigerungsverkauf im Vergleich zur Regelung des BGBB (vgl. insbesondere mit Art. 66 BGBB) ein viel höherer Verkaufserlös erreicht werden kann (vgl. Vogel, a.a.O., S. 44).

Aus diesem gesamten Sinnzusammenhang heraus ergibt sich als Resultat der Gegenüberstellung der beiden Normen, dass die Regelung des BGBB über das Verbot der freiwilligen Versteigerung von landwirtschaftlichen Grundstücken im Vergleich zu dem in Art. 404 Abs. 2 ZGB enthaltenen Grundsatz der öffentlichen Versteigerung von Mündelgrundstücken als Sonderregelung zu verstehen ist. Das gewichtige Interesse des Mündels gemäss Art. 404 Abs. 2 ZGB vermag keine Ausnahme von dem in Art. 69 BGBB enthaltenen Verbot zu rechtfertigen. Art. 69 BGBB geht somit sowohl als speziellere Regelung (Vorrang der lex specialis), als auch als spätere Regelung (Vorrang der lex posterior) in der Frage, ob ein landwirtschaftliches Grundstück aus Mündelvermögen freiwillig versteigert werden darf, Art. 404 Abs. 2 ZGB vor.

dd) Zusammenfassend ergibt sich, dass auch landwirtschaftliche Grundstücke aus Mündelvermögen nur freihändig nach den Regeln des BGBB verkauft werden dürfen.

Dieses Ergebnis hat jedoch nicht zur Folge, dass eine Vormundschaftsbehörde die freihändige Veräusserung eines landwirtschaftlichen Grundstücks aus Mündelvermögen nicht gemäss Art. 421 Ziff. 1 ZGB genehmigen muss. Die Genehmigung als solche wird durch die vorliegende Normenkollision in keiner Weise in Frage gestellt und bleibt auch bei der Veräusserung eines landwirtschaftlichen Grundstücks aufgrund der ihr zugedachten Aufgabe, Schutz des Mündels vor Übervorteilung, notwendig. Art. 421 Ziff. 1 ZGB bleibt anwendbar.

e) Zurückkommend auf die Ausgangsfrage, ob die Vorinstanz im vorliegenden Fall zu Recht auf die aufsichtsrechtliche Genehmigung des Verkaufs aus freier Hand durch den Regierungsrat gemäss Art. 404 Abs. 3 ZGB verzichtet hat, ergibt sich: Die aufsichtsrechtliche Genehmigung gemäss Art. 404 Abs. 3 ZGB bezieht sich nur auf die Form der Veräusserung, nicht jedoch auf den Kaufvertrag als solchen (vgl. August Egger, Zürcher Kommentar, Zürich 1948, N 8f. zu Art. 404 ZGB; Joseph Kaufmann, Zürcher Kommentar, Zürich 1924, N 11 zu Art. 404 ZGB). Vorliegend war die Form der Veräusserung durch Art. 69 BGBB zwingend festgelegt. Dementsprechend erübrigte sich die Einholung der aufsichtsrechtlichen Genehmigung beim Regierungsrat. Die Vorgehensweise der Vorinstanz ist daher nicht zu beanstanden.

(RRB Nr. 1528 vom 29. August 1995).

 

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Zivilrecht

– Die Bestellung einer Vertretungsbeistandschaft im Sinne von Art. 392 Ziff. 1 ZGB im Hinblick auf eine Erbteilung setzt voraus, dass der zu verbeiständende Erbe abwesend ist, selbst keinen Vertreter zu bezeichnen vermag und die Erbteilung zeitlich dringlich ist.

Aus den Erwägungen:

1. Der Beschwerdeführer verlangt, es sei für seinen Bruder L., dessen Aufenthaltsort unbekannt sei, eine kombinierte Beistandschaft im Sinne von Art. 392 Ziff. 1 sowie Art. 393 Ziff. 1 und 3 ZGB zu errichten, damit nun endlich die Erbteilung für das einzige im Nachlass befindliche Grundstück abgeschlossen, und die Erbengemeinschaft aufgelöst werden könne. Gemäss Art. 392 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB hat die Vormundschaftsbehörde auf Ansuchen eines Beteiligten oder von Amtes wegen einen Beistand zu ernennen, wenn eine mündige Person in einer dringenden Angelegenheit infolge von Krankheit, Abwesenheit oder dergleichen weder selbst zu handeln, noch einen Vertreter zu bestellen vermag (sog. Vertretungsbeistandschaft). Soweit einem Vermögen die nötige Verwaltung fehlt, hat sodann die Vormundschaftsbehörde gemäss Art. 393 Ziff. 1 und 3 ZGB das Erforderliche anzuordnen und bei längerer Abwesenheit einer Person mit unbekanntem Aufenthalt sowie bei Ungewissheit der Erbfolge einen Beistand zu ernennen (sog. Verwaltungsbeistandschaft).

2. Der Vertretungsbeistandschaft gemäss Art. 392 Ziff. 1 ZGB liegt der Tatbestand zugrunde, dass die handlungsfähige Person faktisch nicht oder nicht genügend in der Lage ist, in einer Angelegenheit zu handeln (beispielsweise zufolge Abwesenheit). Im Begriff der Handlungsunfähigkeit eingeschlossen ist das Unvermögen, einen gewillkürten Stellvertreter zu ernennen. Ist der Verhinderte in der Lage, durch einen bereits bestellten oder noch (rechtzeitig) bestellbaren Stellvertreter zu handeln, muss bzw. darf nicht verbeiständet werden (Bernhard Schnyder/Erwin Murer, Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Bern 1984, NN 39 und 47 zu Art. 392). Im weiteren genügt die Unmöglichkeit des eigenen Handelns für die Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft nicht. Die Bestellung eines Beistandes setzt zusätzlich die Erledigung einer zeitlich wie materiell dringenden Angelegenheit voraus (Schnyder/Murer, a.a.O., N 56 zu Art. 392).

3. a) In Doktrin und Praxis ist unbestritten, dass auch für einzelne Handlungen einer erbberechtigten Person unter Umständen eine Vertretungsbeistandschaft im Sinne von Art. 392 Ziff. 1 ZGB errichtet werden kann (Hans Michael Riemer, Grundriss des Vormundschaftsrechts, Bern 1981, S. 125; ZVW 23, 1968, Nr. 52). Voraussetzung ist jedoch auch hier, dass der zu verbeiständende Erbe abwesend ist, keinen Vertreter zu bezeichnen vermag, und es sich um eine dringend zu erledigende Angelegenheit handeln muss. Abwesenheit im Sinne von Art. 392 Ziff. 1 ZGB kann nicht nur bei Aufenthalt an einem unbekannten Ort vorliegen, sondern auch bei Aufenthalt an einem bekannten Ort. Im zweiten Fall dann, wenn die Person überhaupt nicht bzw. nicht innert nützlicher Frist erreicht werden kann – ein Kriterium, das im Einzelfall von der Dringlichkeit der zu erledigenden Sache einerseits und von den zur Verfügung stehenden Kommunikationsmitteln andererseits bestimmt wird (Schnyder/Murer, a.a.O., N 54 zu Art. 392).

b) Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe zwecks Unterzeichnung des partiellen Erbteilungsvertrages bereits zweimal versucht, mit L. an seiner letztbekannten Wohnadresse in M. (Brasilien) brieflich Kontakt aufzunehmen. Die beiden Schreiben seien indessen jeweils als unzustellbar zurückgesandt worden. Ebenso auch ein direkt vom Notariat X. an L. gerichtetes Schreiben. Zudem seien auch seine Bemühungen, via die Schweizerische Botschaft in Brasilien mit seinem Bruder Kontakt herzustellen bzw. die derzeit gültige Wohnadresse ausfindig zu machen, gescheitert. Dadurch werde rechtsgenüglich dargetan, dass alle Versuche, L. zu erreichen, erfolglos geblieben seien. Für solche Fälle habe jedoch der Gesetzgeber die Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft vorgesehen (Art. 392 Ziff. 1 ZGB), zumal der Nachlassteilung auch die gesetzlich vorgesehene Dringlichkeit nicht abgesprochen werden könne.

c) Es trifft zu, dass die an L. gerichteten Schreiben jeweils in die Schweiz retourniert wurden. Gemäss Auffassung der Schweizerischen Botschaft in Brasilien dürfte dies auf den Umstand zurückzuführen sein, dass L. sein Postfach in M. nicht erneuert hat. Im weiteren ist aktenkundig, dass die Schweizerische Botschaft – auf Anfrage des Beschwerdeführers, bei der Suche seines Bruders behilflich zu sein – sogleich einen in M. lebenden Schweizer Bürger bat, mit L., welcher angeblich auf dem Wochenmarkt in M. jeweils Gemüse verkauft, Kontakt aufzunehmen, damit sich dieser mit dem Beschwerdeführer in Verbindung setzt. Sodann lässt sich den Akten entnehmen, dass dieser Schweizer Bürger mehrmals vergeblich versuchte, L. auf dem Gemüsemarkt persönlich zu kontaktieren, weshalb er den Händler eines benachbarten Gemüsestandes bat, L. auszurichten, er möge mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufnehmen. Wie die Schweizerische Botschaft wörtlich ausführt, habe das „Buschtelefon" offenbar insoweit funktioniert, als sich L. daraufhin am Domizil eines andern Schweizer Bürgers in M. gemeldet hat, welcher jedoch zur fraglichen Zeit abwesend war.

d) Aus dieser Sachdarstellung geht hervor, dass sich L. nicht an einem unbekannten Ort aufhält. Er lebt nach wie vor in der Gegend um M. und kann, wenn auch mit einem gewissen Aufwand, ausfindig gemacht bzw. erreicht werden. Dies wird etwa durch die Tatsache untermauert, dass sich L. am Domizil eines andern, in der Sache nicht involvierten Schweizer Bürgers meldete, was wohl auf einen fehlerhaften Informationsfluss zurückzuführen ist. Im weiteren ist zu berücksichtigen, dass L. gemäss eigener Aussage des Beschwerdeführers gar nicht weiss, dass er Miterbe eines landwirtschaftlichen Grundstücks ist. Dies kann ihm nun beispielsweise brieflich via die Schweizerische Botschaft mitgeteilt werden. Die Kenntnisnahme dieses Erbanfalls dürfte L. mit grosser Wahrscheinlichkeit veranlassen, mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufzunehmen. Hinzu kommt, dass es sich bei der Unterzeichnung des partiellen Erbteilungsvertrages nicht um eine zeitlich dringende Angelegenheit im Sinne von Art. 392 Ziff. 1 ZGB handelt. Auch wenn der Wunsch der 89jährigen M., ihren Erbanteil noch zu Lebzeiten veräussern zu können, verständlich erscheint, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Erbschaft seit nunmehr 65 Jahren unverteilt ist. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, rechtfertigt es sich bei dieser Sachlage nicht, auf einmal eine zeitliche Dringlichkeit rekonstruieren zu wollen, zumal nach dem Gesagten auch davon ausgegangen werden kann, dass L. innert nützlicher Frist erreicht werden kann und gegebenenfalls einen eigenen Stellvertreter zu bestimmen vermag. Im übrigen wäre es M. sowie auch den übrigen Miterben freigestanden, bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Erbteilung zu verlangen. Wenn davon abgesehen wurde, geht es jedenfalls nicht an, dieses Versäumnis zum Anlass zu nehmen, um nunmehr eine zeitliche Dringlichkeit für die Bestellung eines Beistandes für L. geltend zu machen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der vorgeschlagene Teilungsvertrag die gesetzlich vorgeschriebenen Erbquoten vollumfänglich berücksichtigt, wäre es doch auch denkbar, dass L. auf einen ihm nicht zugewiesenen Parzellenteil Anspruch erheben könnte.

e) Somit ergibt sich, dass (zumindest im jetzigen Zeitpunkt) die Voraussetzungen für die Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft im Sinne von Art. 292 Ziff. 1 ZGB für L. nicht erfüllt sind. Ebensowenig sind auch die Voraussetzungen für die Errichtung einer Verwaltungsbeistandschaft gegeben (Art. 393 Ziff. 1 und 3 ZGB). Zum einen ist der Aufenthaltsort von L. nicht unbekannt (Art. 393 Ziff. 1 ZGB), zum andern besteht im vorliegenden Fall keine Ungewissheit über die Erbfolge (Art. 393 Ziff. 3 ZGB). Zudem ist zu berücksichtigen, dass in der Lehre umstritten ist, ob bei längerer Abwesenheit einer Person mit unbekanntem Aufenthalt sowie bei Ungewissheit der Erbfolge überhaupt eine Verwaltungsbeistandschaft im Sinne von Art. 393 Ziff. 1 und 3 ZGB errichtet werden kann oder ob nicht vielmehr eine Erbschaftsverwaltung gemäss Art. 554 Ziff. 1 ZGB anzuordnen wäre (Riemer, a.a.O., NN 23 und 26 zu § 6). Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.

(RRB Nr. 690 vom 11. April 1995).

 

50

Sozialhilfe

– Ansprüche auf Sozialhilfe haben auch Ausländer; geltend machen können solche Ansprüche allerdings nur Ausländer, die sich legal in der Schweiz aufhalten (Erw. 2).

Aus den Erwägungen:

1. Die Beschwerdeführerin ist am 25. Februar 1994 illegal in die Schweiz eingereist, obwohl ihr Einreisegesuch zuvor abgewiesen worden war. Sie verweilte illegal in der Schweiz, d.h. sie erhielt unter keinem möglichen Titel (Familiennachzug; Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft des Ehemannes) eine Aufenthaltsbewilligung. Mangels eines Aufenthaltsrechts verfügte die Fremdenpolizei am 23. November 1994, gestützt auf Art. 12 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG, SR 142.20) die Ausreise bis 15. Januar 1995. Nach Ablauf dieser Ausreisefrist stellte sie am 19. Januar 1995 bei der Empfangsstelle ein Asylgesuch. Gestützt auf die Asylgesetzgebung wird sie und ihre Tochter nun vom Bund unterstützt.

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sind nicht die fremdenpolizeilichen bzw. asylrechtlichen Fragen. Es ist allein die Frage umstritten, ob die Beschwerdeführerin vom Zeitpunkt ihrer illegalen Einreise am 25. Februar 1994 bis zur festgesetzten Ausreise am 15. Januar 1995 Anspruch auf Fürsorgeunterstützung durch die Vorinstanz gehabt hätte.

2. Nach § 11 des Gesetzes über die Sozialhilfe (ShG, nGS III-384) haben die Gemeinden dafür zu sorgen, dass Hilfesuchenden die nötige und fachgerechte Sozialhilfe zuteil wird (Abs. 1), die u.a. auch die Vermittlung wirtschaftlicher Hilfe umfasst (Abs. 2). Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe hat, wer für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen nicht hinreichend oder rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann (§ 15 ShG). Sie erstreckt sich auf die Gewährung des notwendigen Lebensunterhaltes im Sinne eines sozialen Existenzminimums (§ 16 Abs. 1 ShG).

a) Es ist unbestritten, dass auch Ausländer Anspruch auf Fürsorgeleistungen haben (vgl. Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern 1993, S. 88; Art. 20ff. des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger vom 24. Juni 1977, ZUG, SR 851.1). Der Unterstützungswohnsitz fällt in der Regel mit dem zivilrechtlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 23ff. ZGB zusammen (§ 18 Abs. 1 ShG). Für Ausländer gilt grundsätzlich die Ausstellung einer Anwesenheitsbewilligung als Wohnsitzbegründung (Art. 4 Abs. 2 ZUG). Selbstverständlich können nur jene Personen Hilfe beanspruchen, die sich legal, d.h. rechtmässig in der Schweiz aufhalten. Auch aus Art. 21 ZUG ergibt sich nichts anderes. Der Aufenthaltskanton bzw. im innerkantonalen Verhältnis die Aufenthaltsgemeinde sind nur unterstützungspflichtig, wenn der Aufenthalt legal ist, d.h. eine Anwesenheitsbewilligung vorhanden ist. Nur ein legaler Aufenthalt lässt in einer Notlage den gesetzlichen Anspruch auf Unterstützungsleistung entstehen. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit der Notfallgemeinde nach § 21 ShG. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.

Das Sozialhilfesystem würde aus den Angeln gehoben, wenn jedermann, der sich illegal in der Schweiz aufhält, Anspruch auf Fürsorgeleistung erheben könnte.

b) Der Vorinstanz bzw. der Fremdenpolizei kann auch nicht vorgeworfen werden, sie hätten die Anwesenheit der Beschwerdeführerin zu lange geduldet, so dass sie quasi einen bewilligten Aufenthalt und damit Anspruch auf Fürsorgeleistungen geltend machen könne. Aus den Akten ergibt sich, dass die Fremdenpolizei von einer an sich zulässigen, sofortigen Ausweisung absah, da die Beschwerdeführerin im 7. Monat schwanger war. Danach erhielt ihr Ehegatte eine Arbeitsbewilligung, und man wartete zu, ob er sich bewähre, damit allenfalls eine Bewilligung im Familiennachzug erteilt werden könnte. Die Probezeit verlief jedoch negativ. Erst danach setzte man der Beschwerdeführerin und ihrem Kind eine Ausreisefrist an. Das Verhalten der Vorinstanz wie der kantonalen Fremdenpolizei ist deshalb unter diesem Gesichtspunkt keineswegs zu beanstanden. Aus dieser Rücksichtnahme hinsichtlich der Ausweisung kann aber nun nicht ein Anrecht auf Fürsorgeunterstützung konstruiert werden.

(RRB Nr. 322 vom 14. Februar 1995).

Anmerkung: In einem Urteil vom 27. Oktober 1995 (BGE 121 I 367ff.) hat das Bundesgericht ein selbständiges Recht auf Existenzsicherung als neues ungeschriebenes Recht der Bundesverfassung anerkannt. Träger dieses Grundrechts sind alle Menschen, unabhängig von Staatsangehörigkeit und aufenthaltsrechtlichem Status. Ob im Lichte dieser neueren Rechtsprechung dem Bundesverfassungsrecht mit dem Vorbehalt der Zuständigkeit der Notfallgemeinde bereits genüge getan wird (Erw. 3a am Schluss des ersten Absatzes), bedürfte näherer Prüfung. Zu einer kritischen Würdigung der eingeleiteten Rechtsprechung des Bundesgerichts siehe Andreas Kley-Struller, AJP 1996, S. 756ff.

 

51

Sozialhilfe

– Die Ausrichtung von wirtschaftlicher Hilfe kann mit der Auflage verbunden werden, eine günstigere Wohnung zu suchen (Erw. 7).

Aus den Erwägungen:

7. Im weiteren ist auf die Auflagen Ziff. 1 Absätze 2–4 des vorinstanzlichen Beschlusses, wonach der Beschwerdeführer das von ihm allein bewohnte 51/2-Zimmer-Einfamilienhaus (Fr. 1800.– pro Monat) aufgeben und eine billigere Kleinwohnung suchen müsse, einzugehen.

a) Die Gewährung wirtschaftlicher Hilfe kann mit Bedingungen verbunden werden, wenn dadurch die richtige Verwendung der Hilfe sichergestellt werden soll, oder die Lage des Hilfsempfängers und seiner Angehörigen verbessert werden kann. Bedingungen können dabei unter anderem Verhaltensregeln zum Inhalt haben, die nach den Umständen angebracht erscheinen (§ 9 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d ShV).

b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erfolgt die erwähnte Auflage zu Recht. Es geht nicht an, die öffentliche Fürsorge zu beanspruchen und gleichzeitig alleine in einem 51/2-Zimmer-Einfamilienhaus, dessen Miete Fr. 1800.– pro Monat beträgt, zu wohnen. Durch das Bewohnen einer kleineren Wohnung könnte der Beschwerdeführer zumindest Fr. 800.– pro Monat einsparen und damit seine finanzielle Situation wesentlich verbessern. Das Finden einer solchen Wohnung sollte in der Gemeinde X. kein Ding der Unmöglichkeit darstellen, obwohl dem Beschwerdeführer zuzugestehen ist, dass ein Arbeitsloser diesbezüglich mehr Mühe haben dürfte. Das beschwerdeführerische Argument, wonach das 51/2-Zimmer-Einfamilienhaus voll eingerichtet sei, verfängt sodann nicht, da es durchaus Möglichkeiten gibt, Möbel und andere Gegenstände vorübergehend anderweitig einzustellen.

Der Beschwerdeführer hat somit baldmöglichst eine billigere Wohnung zu finden. Dies unter vorgängiger Einholung des Einverständnisses der Vorinstanz. Gelingt dies nicht, so ist der Nachweis mittels schriftlichen Belegen zu erbringen, dass die erforderlichen Bemühungen gemacht wurden. Auf das Ansetzen einer Frist für das Vorlegen eines neuen Mietvertrages ist zu verzichten, da dies wegen der Ungewissheit bezüglich Erfolgsaussichten keinen grossen Sinn ergibt. Hingegen hat der Beschwerdeführer, ab Rechtskraft dieses Entscheides, am Ende jeden Monats der Vorinstanz die entsprechenden detaillierten Belege über seine Bemühungen bezüglich Wohnungssuche einzureichen.

c) Die Androhung seitens der Vorinstanz, wonach bei einem Nichtbefolgen der erwähnten Anordnungen die Fürsorge ausgesetzt werde, erfolgt zu Recht. Grundsätzlich sind zwar diejenigen Fürsorgeleistungen, die zur Deckung des Grundbedarfs ausgerichtet werden, gegen Entzug geschützt. Liegt hingegen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Unterstützten vor, so kann auch eine gänzliche Verweigerung von Fürsorgeleistungen angeordnet werden (vgl. Felix Wolffers, Kürzung von Sozialleistungen bei selbstverschuldeter Notlage?, in Zeitschrift für öffentliche Fürsorge, ZöF, Nr. 6/1988, S. 92f.). Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass die Fürsorgeleistungen an den Beschwerdeführer ausgesetzt werden können, wenn sich dieser in rechtsmissbräuchlicher Weise zuwenig um eine neue Wohnung bemüht bzw. keine oder nur ungenügende Abklärungen für entsprechende Bemühungen vorweisen kann.

(RRB Nr. 966 vom 30. Mai 1995).

 

52

Sozialhilfe

– Für die im Zusammenhang mit dem Tod entstandenen Kosten haben grundsätzlich die Erben aufzukommen (Erw. 2).
– Der Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe, der einem Erblasser bis zu seinem Tode zustand, umfasst nicht die Deckung der Todesfallkosten (Erw. 3).

Aus den Erwägungen:

2. Die Fähigkeit eines Menschen, Rechte und Pflichten zu haben, erlischt mit dessen Tod (Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 ZGB). Mit dem Tod fallen die Rechte und Pflichten bzw. die verschiedenen Bestandteile, die das Vermögen der verstorbenen Person gebildet haben, jedoch nicht auseinander. Sie gehen, soweit sie übertragungsfähig sind, als eine Einheit auf einen neuen Träger, die Erben, über. Dabei verschmelzen die Vermögen des Erblassers und des Erben ununterscheidbar zu einer einheitlichen Masse. Das hat zur Folge, dass die Erben für die Schulden des Erblassers nicht nur mit den durch den Erbgang auf sie übergegangenen Vermögensbestandteilen, sondern auch mit ihrem eigenen Vermögen haften (vgl. Peter Tuor/Bernhard Schnyder/Jörg Schmid, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, Zürich 1995, S. 428f.). Nach der herrschenden Meinung unterliegen auch die sogenannten Erbgangsschulden der Solidarhaftung der Erben. Bei Erbgangsschulden handelt es sich um Verpflichtungen, die nach dem Tode des Erblassers zu Lasten der Erbengemeinschaft entstanden sind. Hiezu gehören namentlich die Begräbniskosten (vgl. BGE 93 II 13; Tuor/Schnyder/Schmid, a.a.O., S. 541).

Zusammenfassend haben somit grundsätzlich die Erben für die mit dem Tode eines Erblassers entstandenen Kosten aufzukommen. Sie können sich dieser Verpflichtung entziehen, indem sie die Erbschaft entweder nach Art. 566ff. ZGB ausschlagen oder die Durchführung einer amtlichen Liquidation gemäss Art. 593ff. ZGB verlangen. Ob hingegen – wie von den Beschwerdeführerinnen geltend gemacht – die Erben aus der dem Erblasser geleisteten wirtschaftlichen Hilfe Ansprüche auf Bezahlung der Erbgangsschulden durch den Staat ableiten können, ist nachstehend zu prüfen. Dabei ist insbesondere zu klären, ob der Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe eines Verstorbenen im Rahmen der Universalsukzession auf die Erben übergeht, oder ob das Recht auf Gewährung des sozialen Existenzminimums – ähnlich dem Recht auf ein schickliches Begräbnis gemäss Art. 53 Abs. 2 BV – Wirkungen über den Tod hinaus entfaltet (vgl. Detlev Chr. Dicke in Kommentar BV, Basel/Zürich/ Bern 1987 ff., Art. 53 BV, Rz 10).

3. a) Das Recht auf Existenzminimum wird in der schweizerischen Lehre grundsätzlich als Grundrecht anerkannt. Es ist unmittelbar im Grundsatz der Menschenwürde begründet und hat somit menschenrechtlichen Charakter (vgl. J. P. Müller in Kommentar BV, Basel/Zürich/Bern 1987 ff., Einleitung zu den Grundrechten, Rz 94). Mit diesem Grundrecht soll jenes Mindestmass an persönlicher Sicherheit und ökonomischem und sozialem Wohl gesichert werden, welches ein menschenwürdiges Dasein überhaupt gestattet (vgl. Felix Wolffers, Grundriss des Sozialhilferechts, Bern 1993, S. 69). Dementsprechend erstreckt sich die wirtschaftliche Hilfe im Kanton Schwyz auf die Gewährung des notwendigen Lebensunterhalts im Sinne eines sozialen Existenzminimums (vgl. § 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Sozialhilfe vom 18. Mai 1983, ShG, nGS III-384). Träger dieses Grundrechts ist jede natürliche Person, die sich in der Schweiz berechtigtermassen aufhält, also auch Minderjährige und Entmündigte (vgl. Wolffers, a.a.O., S. 88).

b) Ansprüche eines Erblassers gehen auf die Erben über, soweit sie übertragbar sind. Nach schwyzerischem Recht steht der Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe einzig demjenigen zu, der für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen mit gleichem Wohnsitz nicht hinreichend oder rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann (§ 15 ShG). Eine Übertragbarkeit des Anspruchs auf die Erben kann aus dieser Bestimmung wie aus dem Sozialhilfegesetz insgesamt nicht abgeleitet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die wirtschaftliche Hilfe weder gepfändet noch abgetreten werden darf (§ 16 Abs. 4 ShG). Auch geht aus dem Recht auf Sozialhilfe als solchem keine derartige Übertragbarkeit hervor. Es soll dem Hilfsbedürftigen selbst und nicht Dritten den notwendigen Lebensunterhalt gewährleisten. Eine Übertragbarkeit des Anspruchs auf wirtschaftliche Hilfe des Erblassers an die Erben ist daher zu verneinen.

c) Zu klären bleibt, ob der Schutzbereich des Rechts auf Sozialhilfe auch Ansprüche auf Leistungen über den Tod des Hilfebedürftigen hinaus beinhaltet. Der Schutzbereich eines Grundrechts ist von dem mit ihm verfolgten Ziel her zu bestimmen (Müller, a.a.O., Rz 98). Ziel des Rechts auf Existenzminimum ist es, einem jeden Individuum ein menschenwürdiges Dasein zu garantieren. Ein solches Dasein kann naturgemäss nur zu Lebzeiten eines Menschen ermöglicht werden. Im Gegensatz zum verfassungsmässigen Recht auf eine schickliche Beerdigung fällt daher insbesondere der Gedanke, dass auch dem toten menschlichen Körper noch Achtung gebührt, und ihm daher ein schickliches Begräbnis zu garantieren ist (vgl. Dicke, a.a.O., Rz 10), nicht in den vom Recht auf Sozialhilfe geschützten Bereich. Aus dem Recht auf Sozialhilfe können keine über den Tod des Hilfeempfängers hinausgehenden Ansprüche abgeleitet werden. Die Beschwerdeführerinnen gehen auch in dieser Hinsicht mit ihrer Annahme, dass die wirtschaftliche Hilfe auch die Todesfallkosten eines Hilfeempfängers mitumfasst, fehl.

(RRB Nr. 1718 vom 18. Oktober 1995).

 

53

Planungs- und Baurecht

– Es liegt im Ermessen der kommunalen Planungsbehörden, im gleichen Gebiet aus Gründen des Umweltschutzes nur eine Abbauzone auszuscheiden (Erw. 11).

Aus den Erwägungen:

10. Die Vorinstanz begründet die Nichteinzonung des Areals des Steinbruchs X. im wesentlichen damit, dass aus Gründen der Umweltbelastung, insbesondere wegen der Zunahme des Schwerverkehrs, nur ein Abbauvorhaben im fraglichen Gebiet tragbar sei. Das Projekt Y. sei bevorzugt worden, weil es weiter vom Wohngebiet entfernt liege und zudem keine Aussenanlagen vorgesehen seien. Alsdann bestehe schon gegen das Projekt Y., welches weiter vom Wohngebiet entfernt liege, eine grosse Opposition seitens der Bevölkerung.

Dem hält die Beschwerdeführerin I insbesondere entgegen, die Vorinstanz stehe einem Untertagabbau positiv gegenüber. Indem nur das Gebiet Y. einer Abbauzone zugewiesen worden sei, liege eine rechtsungleiche Behandlung der Beschwerdeführerin I vor. Zudem sei das Steinmaterial im Steinbruch X. um einiges besser als jenes im Steinbruch der Beschwerdegegnerin 2/I.

11. Im folgenden ist zu untersuchen, ob die Vorinstanz das Areal Steinbruch X. zu Recht nicht einer Abbau- und Ablagerungszone zugewiesen, bzw. im übrigen Gemeindegebiet belassen hat.

a) Nach Art. 21 Abs. 2 RPG sind Nutzungspläne anzupassen, wenn sich die Verhältnisse erheblich geändert haben. Die Verhältnisse haben sich dabei „erheblich" geändert, wenn sie das Gemeinwesen nach allgemeiner Erfahrung zu anderem Verhalten veranlasst hätten, wären sie zur Zeit der Nutzungsplanung Wirklichkeit gewesen. Planung und Wirklichkeit müssen im Lauf ihrer Entwicklung zur Übereinstimmung gebracht werden können – aber nicht jede erhebliche Änderung der Verhältnisse zieht eine Planänderung nach sich. Jeder Anpassung muss – wie den Eingriffen in das Eigentum überhaupt – eine Interessenabwägung vorausgehen. Bei der Interessenabwägung kommt den Planungsgrundsätzen des Raumplanungsgesetzes sowie des kantonalen Rechts eine zentrale Bedeutung zu (vgl. RRB Nr. 1591 vom 30. August 1994; EGV-SZ 1985, Nr. 8; BGE 109 Ia 113ff.).

b) Bereits 1984, als der Steinbruch X. noch in Betrieb war, hätte eine Einzonung desselben erfolgen können, was jedoch nicht geschah. Die Verhältnisse haben sich zwar in der Zwischenzeit insofern verändert, als heute ein Projekt für einen Untertagabbau vorliegt, und der bestehende Steinbruch nicht mehr weiterbetrieben werden kann bzw. rekultiviert werden muss. Es kann jedoch nicht gesagt werden, dass die Behörde das heutige Projekt für den unterirdischen Gesteinsabbau im damaligen Zeitpunkt einer Abbau- und Ablagerungszone zugewiesen hätte. Vielmehr haben sich die Verhältnisse eher zuungunsten der Beschwerdeführerin I geändert, da seit 1988 im Gebiet Y., unweit vom Gebiet Z. entfernt, ein zweites Projekt für den Untertagabbau von Gestein besteht. Dieses Projekt der Beschwerdegegnerin 2/I wird von der Vorinstanz bevorzugt, wobei diese davon ausgeht, dass kein Raum für zwei parallele Projekte für den Untertagabbau im gleichen Gebiet bestehe. Es kann deshalb nicht von einer erheblichen Veränderung der Verhältnisse ausgegangen werden, welche für eine Zuweisung des Areals Steinbruch X. in eine Abbau- und Ablagerungszone spricht. Bleibt zu erwähnen, dass ohnehin kein Anspruch auf Ausscheidung einer Nutzungszone besteht (EJPD/BRP, Erläuterungen zum RPG, N 12 zu Art. 15).

c) Was den Einwand rechtsungleicher Behandlung anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes dem Gleichheitsprinzip bei Planungsmassnahmen nur eine abgeschwächte Bedeutung zukommt. Ein Grundeigentümer hat keinen aus Art. 4 BV folgenden Anspruch darauf, im Zusammenhang mit dem Erlass einer Zonenordnung gleich behandelt zu werden wie alle übrigen Grundeigentümer, die von einer Raumplanungsmassnahme berührt werden. Es liegt im Wesen der Ortsplanung, dass Zonen gebildet und irgendwo abgegrenzt werden müssen, und dass Grundstücke ähnlicher Lage und Art bau- und zonenrechtlich völlig verschieden behandelt werden können. Verfassungsrechtlich genügt, dass die Planung sachlich vertretbar, d.h. nicht willkürlich ist. Das Gebot der Rechtsgleichheit fällt insoweit mit dem Willkürverbot zusammen (vgl. BGE 114 Ia 257).

Die grundsätzliche Überlegung der Vorinstanz, wonach im fraglichen Gebiet aus Gründen der Umweltbelastung, insbesondere wegen der Zunahme des Schwerverkehrs, nur ein Abbauvorhaben tragbar sei, ist vertretbar. Zwei parallel betriebene Abbauvorhaben im selben Gebiet würden zweifelsohne zu einer Kumulation von Immissionen und damit zu einer in diesem Ausmass unerwünschten Beeinträchtigung der Wohngebiete führen. Des weiteren ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Projekt Y. gegenüber dem Projekt X. Vorteile aufweist, welche von der Beschwerdeführerin I nicht bestritten sind und auch nicht widerlegt werden (vgl. Beschwerdeschrift, Ziff. 8). Diese bestehen im wesentlichen darin, dass das Projekt Y. weiter vom Wohngebiet entfernt liegt und zudem keine Aussenanlagen vorsieht. Die Beschwerdeführerin I argumentiert lediglich damit, das Gesteinsmaterial im Steinbruch X. sei von besserer Qualität als dasjenige im Steinbruch Y. Dies stellt nun aber eine reine, in keiner Weise belegte Behauptung dar. Aufgrund der bei den Akten liegenden Berichte und Karten ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich bei beiden Steinbrüchen um denselben Kieselkalk handelt. (…) Selbst wenn die Behauptung der Beschwerdeführerin I zutreffen würde, was jedoch nicht der Fall ist, würde dies an der sachlichen Vertretbarkeit des vorinstanzlichen Entscheides nichts ändern. Von Willkür kann auf jeden Fall nicht die Rede sein. Eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes ist somit zu verneinen.

d) Aus den unter lit. c oben getroffenen Erwägungen geht hervor, dass die Nichteinzonung des Areals Steinbruch X. unter den konkreten Umständen sachlich vertretbar ist. Die Vorinstanz hat ihr Planungsermessen richtig und zweckmässig ausgeübt. Da es bei der vorliegenden Frage, welches der zwei im gleichen Gebiet gelegenen Abbauprojekte zu bevorzugen ist, grundsätzlich um ein lokales Anliegen geht, bei dessen Wahrnehmung Sachnähe und Ortskenntnis von Bedeutung sind, besteht seitens des Regierungsrates keine Veranlassung, die Nichteinzonung des Areals Steinbruch X. zu beanstanden. Dies nicht zuletzt deshalb, weil keine übergeordneten, vom Kanton zu sichernden Interessen tangiert werden.

(RRB Nr. 961 vom 30. Mai 1995).

 

54

Planungs- und Baurecht

– Es ist mit dem Bundesrecht durchaus vereinbar, Einzelheiten der ökologisch notwendigen Pufferzonen in bezug auf den Schutz von Moorbiotopen mittels verwaltungsrechtlichen Verträgen nach Erlass des Schutzzonenplanes zu regeln, sofern dabei die bundesrechtlich vorgegebenen Fristen eingehalten werden.

Aus den Erwägungen:

3. a) Die Beschwerdeführer beanstanden am aufgelegten Schutzkonzept das Fehlen von Pufferzonen, die von Gesetzes wegen ausgeschieden werden müssten. Pufferflächen seien Teil der zu schützenden Biotope und müssten deshalb gleichzeitig mit der Schutzverordnung festgelegt werden. Mit dem Verzicht auf ökologisch ausreichende Pufferflächen und der daraus resultierenden möglichen oder wahrscheinlichen Verschlechterung der Flach- und Hochmoorbiotope sowie des Auengebietes von nationaler Bedeutung werde Bundesrecht verletzt.

b) Von einem Verzicht auf die Festlegung von Pufferflächen durch das Justizdepartement kann nicht gesprochen werden. Unzutreffend ist auch, dass der Kanton bzw. das gemäss § 7 Abs. 2 BiotopschutzV als zuständig bezeichnete Justizdepartement den bundesrechtlichen Schutzauftrag nicht erfüllt bzw. nicht erfüllen will. Ob der eingeschlagene Weg für die Festlegung von Pufferzonen zu Beanstandungen Anlass gibt, ist im folgenden zu prüfen.

aa) Gemäss Art. 3 Abs. 1 AuenV, HochmoorV und FlachmoorV haben die Kantone nach Anhören der Grundeigentümer und Bewirtschafter den genauen Grenzverlauf der Objekte festzulegen und ökologisch ausreichende Pufferzonen auszuscheiden.

Mit der vorliegenden Schutzverordnung, zu dessen integrierendem Bestandteil der Schutz- und Pflegeplan gehören (§ 2 Abs. 3 SchutzV), ist die Pflicht der Abgrenzung der Schutzobjekte unbestrittenermassen erfüllt.

Was die Festlegung der Pufferzonen betrifft, sollen diese gemäss § 14 SchutzV „nach Möglichkeit an den im Schutzplan speziell bezeichneten Stellen ausgeschieden werden", und zwar mittels verwaltungsrechtlichen Verträgen, die zwischen dem Justizdepartement und den betroffenen Grundeigentümern und Bewirtschaftern abzuschliessen sind. Die Regelung der Pufferzonen über den Weg von individuellen Vertragsabschlüssen ist gangbar und zulässig. Denn der Vollzug des Biotop- bzw. Moorschutzes kann mit Schutzverordnungen und (verwaltungsrechtlichen oder auch privatrechtlichen) Verträgen erfolgen (Art. 18c Abs. 1 NHG; § 5 lit. a BiotopschutzV). So können beispielsweise in Bewirtschaftungsverträgen für Moorbiotope auch Vereinbarungen für die ökologisch ausreichenden Pufferzonen integriert oder bei verschiedenen Bewirtschaftern von Biotop und Pufferzone separate Verträge für die Bewirtschaftung von Pufferzonen abgeschlossen werden. Gegenstand eines solchen Vertrages kann auch das Schutzobjekt selbst inklusive Pufferzone sein (Schriftenreihe Umwelt Nr. 213, Pufferzone für Moorbiotope, Bern 1994, S. 14; VLP-Schriftenreihe Nr. 60, Bundesinventare, Bern 1993, S. 48f.). Da zudem Pufferzonen, die die schutzwürdigen und schutzbedürftigen Areale vor einer Gefährdung durch umgebende Nutzungen und den davon ausgehenden Belastungen schützen sollen, mit Vorteil parzellenweise oder nach Bewirtschaftungseinheiten ausgeschieden werden sollen (bevor Meter-Breiten hoheitlich festgelegt werden), ist der eingeschlagene Weg nicht zuletzt im Hinblick auf die Akzeptanz durch die betroffenen Grundeigentümer und Bewirtschafter zu bevorzugen (Schriftenreihe Umwelt Nr. 213, S. 18f.). Dies entspricht auch der im Kanton Schwyz vorherrschenden Politik, Naturschutz in erster Linie mit den Betroffenen zu betreiben. Da man sich auf diesem Wege für die praktische Anwendung und Durchsetzung der Schutz- und Unterhaltsmassnahmen mehr Effektivität verspricht, dürften individuelle, vertragliche Abmachungen auch im Interesse des Naturschutzes liegen. Demzufolge ist der von der Vorinstanz eingeschlagene vetragliche Weg für die Festlegung von Pufferzonen im Grundsatz gutzuheissen.

bb) Es stellt sich die Frage, ob das Justizdepartement die Pufferzonen zusammen mit der Schutzverordnung hätte ausscheiden müssen, oder ob das vorgesehene zweistufige Verfahren zulässig ist.

Nach Art. 18a Abs. 2 NHG haben die Kantone den Schutz und den Unterhalt der Biotope von nationaler Bedeutung zu ordnen, rechtzeitig die zweckmässigen Massnahmen zu treffen und für deren Durchführung zu sorgen. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung kann der Bundesrat nach Anhören der Kantone für die Anordnung von Schutzmassnahmen Fristen bestimmen. Geregelt werden diese (nebst der Bezeichnung der Biotope von nationaler Bedeutung und der Festlegung der Schutzziele) in besonderen Verordnungen bzw. Inventaren (Art. 16 Abs. 1 der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz vom 16. Januar 1991 [NHV, SR 451.1]). Gemäss Art. 6 AuenV, HochmoorV und FlachmoorV müssen die Massnahmen nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der jeweiligen Verordnung innert drei Jahren (Abs. 1), in den finanzschwachen und mittelstarken Kantonen, die durch den entsprechenden Schutz stark belastet sind, innert höchstens sechs Jahren (Abs. 2) getroffen werden. Für den Kanton Schwyz gilt in bezug auf den Schutz der Hoch- und Flachmoore die sechs-, in bezug auf den Schutz der Auen die dreijährige Frist. Diese Fristen sind noch nicht abgelaufen.

Dem Kanton Schwyz bzw. dem zuständigen Justizdepartement bleibt somit noch Zeit, die notwendigen Pufferzonen auszuscheiden. Auch die aufgelegte Abgrenzung der Schutzobjekte sowie die angeordneten Schutz- und Unterhaltsmassnahmen müssen erst innert den vorerwähnten Fristen definitiv erfolgen. Wenn jedoch, wie die Beschwerdeführer behaupten, Pufferzonen nur gleichzeitig mit der Schutzverordnung festgelegt werden dürften, hätte dies vorliegend zur Folge, dass die Schutzverordnung ihre Wirkung erst entfalten könnte, wenn die verlangten Pufferzonen rechtskräftig ausgeschieden wären. Diese Konsequenz würde jedoch alles andere als im Interesse des Moorschutzes liegen. Sie ist von den Beschwerdeführern offensichtlich auch nicht beabsichtigt. Denn diese gehen davon aus, dass die Schutzverordnung an sich bereits teilweise in Kraft getreten ist, was sie mit ihrer Beschwerde ausdrücklich nicht verhindern wollen.

Ihr diesbezügliches Verhalten ist allerdings widersprüchlich, wenn sie einerseits verlangen, die Pufferzonen müssten gleichzeitig mit der Schutzverordnung festgelegt werden, anderseits jedoch der Meinung sind, die Schutzverordnung sei trotz der hängigen Beschwerden in Kraft getreten (s. hiezu vorstehend Ziff. 2). Das von der Vorinstanz in die Wege geleitete zweistufige Verfahren ist deshalb von der Sache her durchaus zu begrüssen, weil der Biotopschutz auf diese Weise gegenüber dem bisherigen Zustand eine eindeutige Verbesserung erfährt, und nicht durch die in der Praxis infolge ihrer Umstrittenheit mit grösseren Schwierigkeiten verbundene Festlegung von Pufferzonen verzögert wird. Der eingeschlagene Weg drängt sich vorliegend um so mehr auf, als die vorsorglichen Schutzmassnahmen des Eidgenössischen Departementes des Innern auf Ende 1994 ausgelaufen sind.

cc) Zu beurteilen bleibt, ob die Regelung über die Pufferzonen in der vorliegenden Schutzverordnung der bundesrechtlichen Regelung, wonach Biotope zwingend (u.a.) durch ökologisch ausreichende Pufferflächen geschützt werden müssen (Art. 14 Abs. 2 lit. d NHV; Art. 3 Abs. 1 AuenV, HochmoorV und FlachmoorV) gerecht wird.

Im Wortlaut der Schutzverordnung sowie den dazugehörenden Erläuterungen kommt der verpflichtende Charakter des bundesrechtlichen Auftrages zuwenig klar zum Ausdruck. So schreibt § 14 SchutzV vor, dass „an den im Schutzplan speziell bezeichneten Stellen nach Möglichkeit ökologisch ausreichende Pufferzonen ausgeschieden werden sollen". In der Legende zum Schutzplan wird zu jenen mit einem Stern (*) bezeichneten Stellen festgehalten, dass hier „ökologisch erwünschte" Pufferzonen mit verwaltungsrechtlichen Verträgen geschaffen werden sollen. Im Erläuterungsbericht (S. 17f.) werden die Pufferzonen lediglich zu den „wünschbaren, freiwilligen" und nicht zu den „unbedingten", d.h. für die Erreichung des Schutzzieles notwendigen Massnahmen gezählt. Diese offene Formulierung der Pufferzone und ihrer Realisierung widerspricht insbesondere den Art. 3 Abs. 1 der AuenV, HochmoorV und FlachmoorV, welche die Kantone verpflichten, zur Erreichung des Schutzzieles ökologisch ausreichende Pufferzonen festzulegen. Wo solche Übergangsbereiche zur Erhaltung der Schutzobjekte (Naturschutzzonen) notwendig sind, müssen sie zwingend ausgeschieden werden (Schriftenreihe Umwelt Nr. 213, S. 1; VLP-Schriftenreihe Nr. 60, S. 46f.; BUWAL, Pufferzonen-Schlüssel, Bern 1994, S. 9). Insofern können im Rahmen der geplanten Vertragsabschlüsse nicht Verhandlungen über die Grundsatzfrage, ob eine Pufferzone im konkreten Bewirtschaftungsbereich überhaupt ausgeschieden werden soll, geführt werden. Vereinbart werden können „lediglich" Details über die Abgrenzung, über die Bewirtschaftung, über die finanziellen Beiträge usw.

Auf der andern Seite wird im Erläuterungsbericht (S. 20) ausgeführt, dass im Schutzplan markiert ist, „wo ökologisch ausreichende Pufferzonen auszuscheiden sind". Dem angefochtenen Einspracheentscheid sowie der vorinstanzlichen Vernehmlassung ist zudem zu entnehmen, dass das Justizdepartement die Realisierung von Pufferzonen nicht in Abrede stellen will, hingegen deren zeitliche Priorität gegenüber der Abgrenzung des Schutzgebietes und der übrigen Schutz- und Unterhaltsmassnahmen anders gewichtet. Dass dieses zweistufige Verfahren dem Interesse des Moorschutzes nicht grundsätzlich entgegensteht, wurde bereits erwähnt (s. vorstehend lit. bb). Der Umstand, dass für die Festlegung der Pufferzonen von Bundesrechts wegen noch Zeit bleibt, ändert nichts daran, dass diese Pflicht des Kantons in § 14 SchutzV nicht klar zum Ausdruck kommt, was mit einer verbindlicheren Formulierung dieser Bestimmung zu korrigieren ist (s. Disp.-Ziff. 2).

dd) Zusammenfassend ergibt sich, dass der vom Justizdepartement eingeschlagene Weg, die Details der ökologisch notwendigen Pufferzonen mittels verwaltungsrechtlichen Verträgen in einem späteren Zeitpunkt zu regeln, grundsätzlich zu keinen Beanstandungen Anlass gibt. Solange die hiefür zur Verfügung stehende Frist nicht abgelaufen ist, liegt keine Verletzung von Bundesrecht vor. Die Beschwerde ist demzufolge im Sinne der Erwägungen abzuweisen. Das Justizdepartement ist hingegen an die vorgeschriebenen Fristen zu erinnern, die in bezug auf den Auenschutz im November 1995, in bezug auf den Hochmoorschutz im Februar 1997 und in bezug auf den Flachmoorschutz im Oktober 2000 ablaufen.

(RRB Nr. 318 vom 14. Februar 1995).

 

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Planungs- und Baurecht

– Anwendbare Vorschriften über den Orts- und Landschaftsbildschutz (Erw. 3a/b).
– Bedeutung des Bundesinventars der geschützten Ortsbilder der Schweiz (Erw. 3c/aa) sowie des Ortsbildinventars (Erw. 3c/bb).
– Die Anforderungen einer negativen ästhetischen Generalklausel sind weniger streng als diejenigen einer positiven ästhetischen Klausel (Erw. 3d).

Aus den Erwägungen:

3. Hauptstreitpunkt im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist die Frage, ob sich der Neubau des Wohn- und Geschäftshauses mit dem massgeblichen Orts- und Landschaftsbild vereinbaren lässt.

a) Nach § 56 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes vom 14. Mai 1987 (PBG, nGS IV-493) müssen sich Bauten und Anlagen „so in die Umgebung eingliedern, dass sie das Landschafts-, Orts-, Quartier- und Strassenbild nicht stören". Art. 1 Abs. 2 des Baureglements der Gemeinde Schwyz vom 10. August 1990 umschreibt den Zweck der kommunalen Bauordnung u.a. mit der Berücksichtigung der Anliegen des Natur-, Landschafts- und Ortsbildschutzes. Art. 8 Abs. 1 BauR wiederholt den allgemeinen Grundsatz des kantonalen Rechts, stellt aber in den Kern- und Zentrumszonen, im Sichtbereich von künstlerisch und geschichtlich wertvollen Stätten, Bauten und Anlagen und bei Bauten, die das Strassen-, Platz- oder Landschaftsbild wesentlich beeinflussen, erhöhte Anforderungen an die Gestaltung (Abs. 2 lit. a, c und d). In diesen Fällen haben sich insbesondere die Gebäudelängen von Bauten und Anlagen sowie die Dächer und Dachaufbauten in Grösse und Form ins herkömmliche Ortsbild einzugliedern (Abs. 3).

Ob ein Bauvorhaben mit dem Orts- und Landschaftsbild in Einklang steht, muss in erster Linie von den örtlichen Baubewilligungsbehörden beurteilt werden. Sie verfügen über die besten Ortskenntnisse, und ihnen obliegt es, im Rahmen ihres Planungsauftrages dem Orts- und Landschaftsschutz Rechnung zu tragen (Art. 3 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes über die Raumplanung, RPG, SR 700). Der Regierungsrat legt sich deshalb bei der Beurteilung solcher Fragen eine gewisse Zurückhaltung auf.

b) Die Bauparzellen KTN 1103/1104 liegen zwischen Reichsgasse und Reichsstrasse im Zentrum von Schwyz. Gemäss der rechtskräftigen Ortsplanung von Schwyz liegen die beiden Parzellen in der Kernzone A gemäss Art. 27 BauR. Die darin vorgesehenen besonderen Kernzonenpläne und -bestimmungen sind noch nicht rechtskräftig und deshalb auch nicht anwendbar.

c) § 56 Abs. 2 PBG enthält einen Vorbehalt zugunsten der besonderen Vorschriften über den Natur- und Heimatschutz. Dabei sind im Hinblick auf den umstrittenen Neubau zwei Aspekte zu beachten:

aa) Schwyz ist als Stadt/Flecken im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz enthalten (vgl. Anhang zur Verordnung über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz [VISOS] vom 9. September 1981, SR 451.12). Dieses Inventar stützt sich auf Art. 5 des schweizerischen Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG, SR 451). Zum ISOS hält das Eidgenössische Departement des Innern fest: „Dieses Bundesinventar ist in erster Linie rechtsverbindlich für den Bund selber, und zwar bei der Erstellung von bundeseigenen Bauten und Anlagen, bei der Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen sowie bei der Gewährung von Bundesbeiträgen. Eine direkte rechtliche Wirkung, die Kantone, Gemeinden und Private bindet, ist jedoch aus dem Inventar nicht abzuleiten" (zitiert nach Schweizerische Vereinigung für Landesplanung, Bundesinventare, Schriftenfolge Nr. 60, Bern 1993, S. 22ff.). Absoluten Schutz garantiert die Aufnahme eines Objekts ins ISOS bestimmt nicht, da viele Objekte sich regelmässig in einer Bauzone befinden und damit einem gewissen Veränderungsdruck unterworfen sind. Dem ISOS kommt vor allem eine zweifache praktische Bedeutung zu: Die Aufnahme eines Objektes ins ISOS, womit seine nationale, überkantonale Bedeutung anerkannt wird, darf von den kantonalen oder Gemeindebehörden beim Vollzug ihrer Planung nicht einfach „übersehen" werden. Zudem gibt die Inventarisierung diesen Objekten regelmässig ein besonderes Gewicht, wenn es beispielsweise im Zuge baulicher Massnahmen darum geht, das Interesse an einem Projekt gegen das Interesse an der Erhaltung eines ISOS-Objekts abzuwägen (VLP-Schrift Nr. 60, S. 24f.). Das ISOS trat für Schwyz auf den 1. Oktober 1981 in Kraft.

bb) Die Gemeinde Schwyz besitzt seit wenigen Jahren ein Ortsbildinventar. Dieses kann bei der konkreten Anwendung von relativ offenen und interpretationsbedürftigen Vorschriften (ausserordentlich) wertvolle Hilfeleistung bieten. Es stellt eine Beurteilungsgrundlage dar, die es erlaubt, bauliche Vorkehren im Zusammenhang, in ihrer Wirkung für das Ortsbild, für einen Strassenzug, für eine Häusergruppe zu erfassen. Das Ortsbildinventar füllt das Einordnungsgebot mit Leben; es erleichtert Privaten und Behörden die Beantwortung der Frage, ob ein Neu-, An- oder Umbau sich gut ins Ortsbild einfügt, ob er erhöhten Anforderungen gerecht zu werden vermag. Es macht auch Entscheidungen der Behörden besser nachvollziehbar, weil es die unbestimmten Rechtsbegriffe (wie besonders sorgfältige Gestaltung) objektiviert und veranschaulicht (RRB Nr. 1985 vom 3. Dezember 1991). Indirekt, als Beurteilungsgrundlage und Interpretationshilfe für die Behörden, kann das Ortsbildinventar also Rechtswirkungen entfalten, auch wenn es selbst keine unmittelbar anwendbaren Rechtssätze enthält. Es hat in diesem Sinne verwaltungsanweisende Bedeutung, gleich wie das KIGBO (kantonales Inventar geschützter Bauten und Objekte).

d) Sowohl § 56 Abs. 1 PBG als auch die einschlägigen kommunalen Bestimmungen sind als Beeinträchtigungsverbot umschrieben. Die Anforderungen einer solchen negativen ästhetischen Generalklausel sind nach der Rechtsprechung geringer als diejenigen einer positiven ästhetischen Klausel (BGE 114 Ia 345).

Eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes ist nicht erst bei besonders schweren Eingriffen gegeben, nicht erst, wenn ein Eingriff geradezu hässlich, ärgerlich oder ausgesprochen störend wirkt. Die Bejahung einer Beeinträchtigung setzt aber einen Gegensatz zum Bestehenden voraus, der so erheblich stört, dass ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit sich rechtfertigt. Beeinträchtigen bedeutet demnach das Gleiche wie zur Unzierde gereichen (BGE 101 Ia 219). Die Beeinträchtigung ist sodann stets am Wert des zu schützenden Objektes zu messen (ZR 1985, 23). Je höher der Wert eines Schutzobjektes, um so höher die Empfindlichkeit gegenüber Einwirkungen und umgekehrt (Erich Zimmerlin, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, 2. A., Aarau 1985, § 159, N 5). Daraus ergibt sich, dass an die Einordnung des geplanten Neubaus erhöhte Anforderungen zu stellen sind, da die Lage des Baugrundstücks am südlichen Rand der Ital-Reding-Hofstatt ein empfindlicher Standort ist. Deshalb verlangt auch Art. 8 Abs. 2 BauR Schwyz in solchen Fällen eine besonders sorgfältige Gestaltung.

(RRB Nr. 1230 vom 4. Juli 1995).

 

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Planungs- und Baurecht

– Grundstücke, die bislang zum Baugebiet gehörten und von einem Moorbiotop von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung erfasst werden, sind auszuzonen (Erw. 4a – f).

Aus den Erwägungen:

4. a) Nach Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG, SR 451) ist dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten durch die Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und anderer geeigneter Massnahmen entgegenzuwirken. Besonders zu schützen sind dabei nach Art. 18 Abs. 1bis NHG Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen. Mit dem Inkrafttreten von Art. 24sexies Abs. 5 BV und der Art. 18a – 18d NHG wurde der Biotopschutz noch verstärkt, indem Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung sowie Biotope von nationaler Bedeutung zwingend geschützt sind. Bei den in Art. 24sexies Abs. 5 BV enthaltenen Vorschriften handelt es sich um direkt anwendbares Bundesrecht (BGE 118 Ib 15; BGE 117 Ib 246; Bernhard Waldmann, Der Schutz von Mooren und Moorlandschaften, in: Baurecht 4/94, S. 96).

b) Biotope von nationaler Bedeutung werden vom Bundesrat nach Anhörung der Kantone bezeichnet. Er bestimmt ihre Lage und legt die Schutzziele fest (Art. 18a Abs. 1 NHG), und zwar gemäss Art. 16 der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz vom 16. Januar 1991 (NHV, SR 451.1) in besonderen Verordnungen (Inventaren im Sinne von Art. 5 NHG). Durch die Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutung in ein solches Bundesinventar wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung oder jedenfalls grösstmögliche Schonung verdient (Art. 6 Abs. 1 NHG). Nach Art. 18a Abs. 2 NHG haben die Kantone den Schutz und den Unterhalt der Biotope von nationaler Bedeutung zu ordnen, rechtzeitig die zweckmässigen Massnahmen zu treffen und für deren Durchführung zu sorgen.

c) In der Verordnung über den Schutz der Hoch- und Übergangsmoore von nationaler Bedeutung vom 21. Januar 1991 (HochmoorV, SR 451.32, in Kraft seit 1. Februar 1991) und der Verordnung über den Schutz der Flachmoore von nationaler Bedeutung vom 7. September 1994 (FlachmoorV, AS 1994, S. 2092ff., in Kraft seit 1. Oktober 1994) hat der Bundesrat die entsprechenden Schutzobjekte inventarisiert. Die Kantone sind nun verpflichtet, diese Schutzobjekte noch zu individualisieren, indem sie den genauen Grenzverlauf festzulegen, ökologisch ausreichende Pufferzonen auszuscheiden und die zur ungeschmälerten Erhaltung der Objekte geeigneten Schutz- und Unterhaltsmassnahmen zu treffen haben (Art. 3 und 5 HochmoorV/FlachmoorV). Diesen bundesrechtlichen Auftrag hat das Justizdepartement zu erfüllen (§ 7 Abs. 2 der Verordnung über den Biotopschutz und den ökologischen Ausgleich vom 24. September 1992 [BiotopschutzV, nGS VII-742] in Verbindung mit § 5 lit. i der Vollzugsverordnung über die Aufgaben und die Gliederung der Departemente und der Staatskanzlei vom 16. Juni 1992 [nGS I-45]).

d) Das Gebiet Teufböni wurde als Objekt Nr. 454 ins Hochmoorinventar sowie als Objekt Nr. 2680 ins Flachmoorinventar aufgenommen. Für dieses Gebiet ist noch kein parzellenscharfer Schutzperimeter rechtskräftig ausgeschieden worden. Das Amt für Raumplanung, zuständige kantonale Fachstelle für den Naturschutz (§ 21 Abs. 1 BiotopschutzV in Verbindung mit RRB Nr. 1958 vom 10. November 1992), führte hingegen bereits am 17. September 1988 eine Geländeaufnahme durch. Dabei wurde festgestellt, dass gewisse Teilflächen der bestehenden Bauzone im Hochmoorbereich liegen, so insbesondere auch Teile der beiden ausgezonten Bauplätze der Beschwerdeführerin. Gestützt auf diese Feststellung sowie auf Vorschlag des Justizdepartements sah sich die Vorinstanz veranlasst, unter anderem das im Hochmoorbereich liegende Gebiet auszuzonen und unter anderem die beiden Bauplätze der Beschwerdeführerin der Naturschutzzone NZ zuzuweisen.

e) Für den Regierungsrat besteht keine Veranlassung, die von der kantonalen Fachstelle für Naturschutz durchgeführte Geländeaufnahme bzw. den im Geländeplan festgelegten Hochmoorperimeter in Frage zu stellen. Indem die Vorinstanz daher unter Berücksichtigung dieser Geländeaufnahme dem vorliegend fraglichen Gebiet Schutzwürdigkeit beimass und die beiden Bauplätze der Beschwerdeführerin der Naturschutzzone NZ zuwies, hat sie das ihr zustehende Planungsermessen weder unsachlich noch unzweckmässig ausgeübt. Im Gegenteil. Gestützt auf höherrangige Interessen drängt sich die fragliche Auszonung geradezu auf, zumal die Kantone (bzw. auch die kommunalen Planungsbehörden) unter anderem dafür zu sorgen haben, dass die Zonenpläne mit der Verordnung über den Schutz der Hoch- und Übergangsmoore von nationaler Bedeutung übereinstimmen (Art. 5 Abs. 1 lit. a HochmoorV). Auch wenn nicht die ganze Fläche der beiden ausgezonten Bauplätze im Hochmoorperimeter gemäss Geländeaufnahme vom 17. September 1988 liegt, rechtfertigt es sich dennoch, diese vollumfänglich auszuzonen, da Hochmoorbiotope zusätzlich noch durch ökologisch ausreichende Pufferzonen zu schützen sind (Art. 3 Abs. 1 HochmoorV). Soweit sich demnach die Beschwerde gegen die Auszonung der beiden fraglichen Bauplätze im Gebiet Teufböni richtet, ist sie abzuweisen. Im übrigen wird im Genehmigungsverfahren (§ 28 PBG) zu prüfen sein, ob aus den vorerwähnten Gründen nicht auch die gemäss revidiertem Zonenplan in der Wohnzone W2 belassene und noch unüberbaute Parzelle westlich der ausgezonten Bauplätze der Naturschutzzone NZ zugewiesen werden muss.

f) Einmal abgesehen davon, dass vorliegend eine Interessenabwägung nicht in Frage kommt (BGE 117 Ib 247; Waldmann, a.a.O., S. 98), vermöchten die privaten Interessen der Beschwerdeführerin gegen das öffentliche Interesse an der Auszonung der beiden Bauplätze ohnehin nicht aufzukommen. Insbesondere ist ihr Einwand, wonach die bestehenden Erschliessungsanlagen (Strassen, Kanalisation etc.) unter Einbezug der beiden ausgezonten Bauplätze dimensioniert worden seien, unbehelflich. Biotope von nationaler Bedeutung sind absolut zu schützen, und zwar unbesehen bereits getätigter Vorleistungen. Schutzobjekte müssen ungeschmälert erhalten werden (Art. 4 HochmoorV). Soweit die Beschwerdeführerin sodann im Zusammenhang mit der vorgenommenen Auszonung die Geltendmachung von Schadenersatzforderungen in Aussicht stellt, bleibt es ihr selbstverständlich unbenommen, das hiefür Erforderliche in die Wege zu leiten. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass der Kanton für allfällige Nutzungseinschränkungen Abgeltungen und Bewirtschaftungsbeiträge leistet (§§ 10ff. BiotopschutzV).

(RRB Nr. 1446 vom 22. August 1995).

 

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Planungs- und Baurecht

Leitsätze zu Beschwerdeentscheiden des Regierungsrates und des Bundesgerichtes, in welchen Ausnahmebewilligungen nach Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) für Bauvorhaben im Kanton Schwyz beurteilt worden sind: Standortgebundenheit einer Erschliessungsstrasse (Ziff. 1); Wiederaufbau (Ziff. 2); teilweise Änderung (Ziff. 3); Interessenabwägung (Ziff. 4).

1. Das Bundesgericht bestätigt seine Rechtsprechung, wonach Erschliessungsstrassen zu Baugebieten nicht aufgrund von Art. 24 Abs. 1 RPG bewilligt werden dürfen (BGE 118 Ib 497). Das Planauflageverfahren nach § 28 der schwyzerischen Strassenbauverordnung genügt den bundesrechtlichen Anforderungen an eine Nutzungsplanung nicht. Erschliessungsstrassen ausserhalb der Bauzonen können demnach grundsätzlich nur aufgrund eines Erschliessungsplanes im Sinne der §§ 25ff. PBG bewilligt werden (BGE in Sachen H. c. VerwGer SZ, RR SZ u.a. vom 12. März 1996).

2. Drei ausgehobene Mulden, die mit Laub und Steinen gefüllt sind und während sieben Jahren nicht benutzt und unterhalten wurden, können nicht mehr als bestimmungsgemäss benutzbare Fischzuchtbecken angesehen werden. Deren Lebensdauer ist abgelaufen, weshalb Wiederaufbau und teilweise Änderung ausser Betracht fallen (RRB Nr. 1311 vom 2. August 1995).

3. Der Bauherr erstellte zu seinem ausserhalb der Bauzone gelegenen Ferienhaus ohne Bewilligung eine Pergola (gedeckter Sitzplatz mit Cheminée und Terrasse, Stützmauern sowie Aussentreppe). Das Vorhaben kann nicht als teilweise Änderung bewilligt werden, da kein körperlicher Zusammenhang des gedeckten Sitzplatzes zum bestehenden Ferienhaus vorliegt. Die Pergola ist sodann nicht standortgebunden (RRB Nr. 102 vom 17. Januar 1995).

4. Einem Wanderweg, der durch ein Einstandsgebiet für Wild und entlang einer Moorlandschaft führt, stehen überwiegende Interessen der Jagd und des Moor- und Landschaftsschutzes entgegen (RRB Nr. 1307 vom 2. August 1995).

 

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Arbeitsvergebung

– Für die Bestimmung des günstigsten Angebotes im Sinne von § 16 Abs. 1 SubmV kann namentlich die Garantie besonderer Qualitätsmerkmale eine ins Gewicht fallende Rolle spielen (Erw. 2).

Aus den Erwägungen:

2. a) Nach § 16 Abs. 1 Verordnung über die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen (Submissionsverordnung) vom 6. Februar 1976, nGS IV 494/SubmV erfolgt die Vergebung an denjenigen Bewerber, der das günstigste Angebot eingereicht hat. Als günstigstes Angebot gilt dasjenige, das unter Berücksichtigung insbesondere der fachgerechten und rechtzeitigen Ausführung der Arbeit oder Lieferung den tiefsten Preis aufweist. Das niedrigste Angebot ist somit nicht immer das günstigste. So kann in Berücksichtigung anderer Faktoren auch ein höheres Angebot das günstigste sein und den Zuschlag rechtfertigen.

b) Die Submissionsverordnung kennt zudem eine Reihe von Ausschlussgründen. So sind gemäss § 18 Al. 4 SubmV Angebote nicht zu berücksichtigen, wenn sie Merkmale ungenügender Erfahrung und Sachkenntnis aufweisen. Die Vorinstanz stützt sich weder in ihrer Vergebungsverfügung noch in der Vernehmlassung auf diese Bestimmung, was darauf schliessen lässt, dass die allgemeinen Vergebungsgrundsätze gemäss § 16 SubmV massgebend für den Zuschlag an die Beschwerdegegnerin waren. Der Ausschluss eines Angebotes ist vor allem dann gerechtfertigt, wenn ungenügende Erfahrung und Sachkenntnis qualifiziert vorhanden sind. Dies hat die Vorinstanz jedenfalls nicht angenommen, ansonsten sie sich auf § 18 Al. 4 SubmV hätte abstützen müssen.

c) Die in § 16 Abs. 1 SubmV genannten Faktoren (fachgerechte und rechtzeitige Ausführung, tiefster Preis) sind – wie sich aus der Umschreibung insbesondere ergibt – ausdrücklich nicht abschliessend. In Frage kommen vor allem etwa folgende weitere Faktoren: Garantieleistungen, Lieferungsbedingungen, Unterhalts- und Reparaturanfälligkeit, Unterhalts- und Reparaturdienst, technische und qualitative Unterschiede, Leistungsfähigkeit usw. (EGV-SZ 1986, Nr. 13; RRB Nr. 1239 vom 3. August 1993).

d) Ob eine Unternehmung für die Ausführung einer Arbeit über die notwendigen Mittel, die Erfahrung und die Sachkenntnis verfügt, ist einerseits anhand objektiver Kriterien (Inventar an Maschinen, Geräten usw., Personal, insbesondere Kader, bisher ausgeführte ähnliche Arbeiten usw.) zu prüfen. Dabei können Referenzen eingeholt werden. Ob dann aufgrund der objektiven, abklärbaren Kriterien die erforderliche Sachkenntnis und Erfahrung zu bejahen ist, um ohne besonderes Risiko eine Vergebung verantworten zu können, ist eine Wertungsfrage. Die Begriffe ungenügende Erfahrung und ungenügende Sachkenntnis sind unbestimmte Gesetzesbegriffe, die je nach den Anforderungen, welche der Auftrag in persönlicher, technischer, kapazitätsmässiger Hinsicht usw. stellt, einen verschiedenen Inhalt aufweisen. So kann der gleichen Unternehmung die Erfahrung und Eignung für einen einfacheren Auftrag durchaus zugesprochen werden, während sie für eine komplexere Aufgabe als zuwenig erfahren zu qualifizieren ist (EGV-SZ 1985, Nr. 16). Daraus ergibt sich, dass der Vorinstanz ein doppelter Beurteilungsspielraum zukommt. Einmal bei der Auslegung der Begriffe ungenügende Erfahrung und Sachkenntnis und ein zweites Mal bei der Beurteilung, ob und in welchem Ausmass ein konkreter Auftrag besonders qualifizierte Voraussetzungen an einen Bewerber stellt. Steht der Vorinstanz in doppelter Hinsicht ein Beurteilungsspielraum zu, so hält sich der Regierungsrat als Rechtsmittelinstanz bei der Überprüfung eines Vergabeentscheides zurück. Der Regierungsrat hat nicht seine eigenen Werturteile an die Stelle jener der Vorinstanz zu setzen. Ist die vorinstanzliche Auffassung, wonach die qualitativ anspruchsvollen Sichtbetonarbeiten besondere Erfahrung erfordern, sowie die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin über die Voraussetzungen nicht bzw. nicht in genügendem Ausmasse verfügt, vertretbar, so ist die Vergebung an die Beschwerdegegnerin zu bestätigen.

e) Aus den Akten des Vergebungsverfahrens geht eindeutig hervor, dass die Ausführung der Sichtbetonbauteile als entscheidwesentliches Kriterium für die Arbeitsvergebung galt.

Bereits im Devis verlangte die Bauherrschaft Referenzobjekte für Sichtbetonbau. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Qualität dieser Referenzen gegebenenfalls überprüft und bei der Vergabe der Arbeiten berücksichtigt werde. Ebenfalls im Devis wurde unter dem Titel „Qualitätssicherung" dem Bauunternehmer die Verpflichtung auferlegt, Sichtbetonbauteile, die nicht den Qualitätsvorstellungen der Bauherrschaft entsprechen, auf eigene Kosten wieder zu entfernen und neu zu errichten.

Hinsichtlich der im Devis angegebenen Referenzobjekte für Sichtbetonbau führten die Architekten aus, dass bei den von der Beschwerdeführerin genannten Objekten keine grossflächigen Sichtbetonbauteile erstellt wurden. Beim Objekt der Beschwerdegegnerin seien zwar die Vorstellungen der Architekten auch nicht genau erfüllt, die Beschwerdegegnerin sei jedoch bei entsprechender Planung und Konsultation von Spezialisten eher in der Lage, die Sichtbetonarbeiten auszuführen.

Vor der Arbeitsvergebung haben sodann Vertreter der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin mit den Architekten als Referenzbauwerk für die Sichtbetonteile den Neubau der Firma X. in Y. besichtigt. Dieses Bauwerk gibt die Qualitätsansprüche hinsichtlich der Sichtbetonteile vor, wie sie die Bauherrschaft beim Schulhaus Z. verlangt. Die entsprechenden Qualitätsanforderungen wurden vor der Arbeitsvergabe in einer Aktennotiz niedergelegt und den Arbeitsgemeinschaften zur Unterschrift vorgelegt. Die Aktennotiz ist eine Präzisierung der im Devis als besondere Vereinbarung enthaltenen Klausel betreffend Qualitätssicherung. Die Aktennotiz wurde nur von der Beschwerdegegnerin, nicht hingegen von der Beschwerdeführerin unterschrieben.

f) Gestützt auf diesen Verfahrensablauf konnte und musste die Beschwerdeführerin bei Erhalt der Vergebungsmitteilung wissen, weshalb ihre Referenzen ungenügend waren, und dass deswegen das teurere Angebot für die Bauherrschaft als das günstigste galt. Die Beschwerdeführerin hätte sich dementsprechend in der Beschwerdeschrift zur Wehr setzen können bzw. sich konkret mit der Frage der Qualitätserbringung und anderen Referenzobjekten auseinandersetzen müssen. Sie macht aber nicht ansatzweise geltend, bei welchem Bauprojekt sie entsprechende Sichtbetonteile erstellt hat. Auch wenn der Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären ist, kommt dem Mitwirkungsgrundsatz der Parteien eine wichtige Funktion zu. Dies insbesondere dann, wenn nur die Partei über entsprechendes Wissen verfügt. Es kann nicht Aufgabe des Regierungsrates als Rechtsmittelinstanz sein, Nachforschungen zu betreiben, welche Bauten der Beschwerdeführerin dem geforderten Standard am nächsten kommen. Hat die Beschwerdeführerin entsprechende Angaben unterlassen, obwohl sie aufgrund des Vergabeverfahrens wissen musste, dass Bauten mit Sichtbetonteilen für die Arbeitsvergebung entscheidrelevant sind, so hat sie die Nachteile ihrer Unterlassung selbst zu tragen.

g) Der vergebenden Vorinstanz ist bei dieser Sachlage kein Vorwurf zu machen, wenn sie im Rahmen von § 16 Abs. 1 SubmV das Kriterium der fachgerechten Ausführung insoweit aufgerechnet hat, dass das Angebot der Beschwerdegegnerin als das günstigste erscheint. Zwar kann das Mass der Aufrechnung nicht rechnerisch bestimmt werden. Jedenfalls ist aber nicht zu beanstanden, dass bei einem Auftragsanteil von zirka 25% an Sichtbetonteilen die Differenz von zirka Fr. 20000.– bei einer Gesamtsumme von zirka 1.7 Mio. Franken aufgewogen wird.

Auch wenn der Regierungsrat in seiner jüngsten Praxis betont hat, dass bei gleichwertigen Angeboten – und wenn die Sekundärkriterien weder für das eine noch das andere Angebot sprechen – das tiefste Angebot zu berücksichtigen sei, widerspricht es diesem Grundsatz nicht, ein höheres Angebot zu berücksichtigen, wenn der Preisunterschied durch andere Vorteile wettgemacht wird, die klar ausgewiesen und begründet werden. Dies ist hier der Fall.

(RRB Nr. 1387 vom 8. August 1995).

 

59

Arbeitsvergebung

– Bedeutung der sekundären Vergebungskriterien des Wohnsitzes oder Sitzes eines Bewerbers (Erw. 3a) und der umweltschonenden Ausführung oder der Lieferung (Erw. 3b).

Aus den Erwägungen:

3. Strittig ist ferner, ob die Vorinstanz die sekundären Vergebungskriterien nach § 16 Abs. 2 SubmV richtig angewendet hat.

a) Aus dem Vergebungsbeschluss des Gemeinderates X. ist ersichtlich, dass mehrfach einheimische Anbieter mit dem Argument den Zuschlag erhielten, es liege ein annähernd gleich günstiges Angebot vor, womit der ortsansässige gegenüber einem auswärtigen Bewerber den Vorzug verdiene. Damit übersieht der Gemeinderat X. offensichtlich, dass der Wohnsitz bzw. der Sitz eines Bewerbers als sekundäres Vergebungskriterium seit der Revision der Submissionsverordnung vom 13. Mai 1994 (ABl 1994, S. 733f.) stark an Bedeutung eingebüsst hat. Namentlich im innerkantonalen Verhältnis ist es seit dieser Revision unzulässig, einheimische Bewerber zu bevorzugen (§ 16 Abs. 2 Buchstabe a spricht deshalb nur noch vom Sitz bzw. Wohnsitz im Kanton und lässt damit Bezirk und Gemeinde weg). Unter dem Aspekt des Sitzes konnte damit eine Bevorzugung des Beschwerdegegners 2 gegenüber der in der Gemeinde Z. ansässigen Beschwerdeführerin I nicht begründet werden.

b) Geblieben als sekundäres Vergebungskriterium ist dagegen jenes der umweltschonenden Ausführung der Arbeit oder der Lieferung (§ 16 Abs. 2 Buchstabe d SubmV). Die Vorinstanz erblickt nun darin einen Vorteil aus ökologischer Sicht, dass der Beschwerdegegner 2 den Sitz in der Gemeinde X. habe und damit kürzere Anfahrtswege anfallen würden. Diese Argumentation überzeugt vorliegend nicht.

aa) Wie sich aus dem Bericht des Regierungsrates an den Kantonsrat zur Revisionsvorlage 1992 sowie aus den Beratungen in der kantonsrätlichen Kommission ergibt, sollten ökologische Vorteile nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie klar ausgewiesen sind. Dagegen sollte das Kriterium der umweltschonenden Ausführung nicht dazu dienen, einheimische Anbieter zu bevorzugen. Der regierungsrätlichen Botschaft (RRB Nr. 171 vom 28. Januar 1992) lässt sich dazu wörtlich entnehmen:

„Gegen die Einführung eines zusätzlichen sekundären Vergebungskriteriums (umweltschonende Ausführung der Arbeit oder der Lieferung) ist an sich nichts einzuwenden. Immerhin gilt es darauf hinzuweisen, dass unter diesem Kriterium nicht ein versteckter Protektionismus Platz greifen darf. So darf aufgrund dieses Kriteriums nicht zwangsläufig derjenige Bewerber bevorzugt werden, der seinen Sitz am Ort der Erfüllung der geforderten Leistung hat."

Der Vertreter des Regierungsrates in der vorberatenden kantonsrätlichen Kommission führte sodann aus:

„Er ist ferner der Meinung, dass gerade das Anfahrtsproblem nicht übergewichtet werden dürfe. So sei es nach seiner Meinung nicht zulässig, einen Unternehmer aus Rothenthurm gegenüber einem Unternehmer aus Schwyz zu benachteiligen, weil der erstgenannte seine Arbeitskräfte täglich von Rothenthurm hierher führen müsse."

Aus den weiteren Beratungen der erwähnten vorberatenden Kommission ergibt sich, dass aus unterschiedlichen Anfahrtswegen nur dann ein zu berücksichtigender Vorteil resultiert, wenn zum Beispiel in grossem Masse Material mit Lastwagen über weite Strecken transportiert werden muss. Ein derartiger Vorteil hinsichtlich einer umweltschonenden Ausführung der Arbeit ist im vorliegenden Fall nicht belegt.

bb) Selbst wenn man noch gelten lassen wollte, dass auch die Anfahrtswege der Angestellten ins Gewicht fallen würden, so wäre vorliegend wohl kaum ein eindeutiger Vorteil zugunsten des Beschwerdegegners 2 auszumachen. Von keiner Seite wird geltend gemacht, die Arbeitskräfte des Beschwerdegegners 2 seien alle in X. wohnhaft. Damit werden auch sie mit einem Motorfahrzeug zur Arbeit fahren. Umgekehrt weist die Beschwerdeführerin I darauf hin, dass sie derzeit sechs Mitarbeiter aus der Gemeinde X. beschäftige, die im wesentlichen auch dort eingesetzt würden.

(RRB Nr. 258 vom 7. Februar 1995).

 

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Arbeitsvergebung

– Die Vergebungsbehörde hat Varianten sachlich zu prüfen. In Grenzfällen hat der Bewerber, der eine Variante eingereicht hat, die Nachteile einer unzureichenden Vergleichbarkeit zu tragen (Erw. 2).

Aus den Erwägungen:

2. Die Vorinstanz vertritt in ihrer Vernehmlassung die Auffassung, dass kein Anrecht eines Bewerbers, der eine Unternehmervariante einreicht, besteht, dass seine Variante von der Bauherrschaft angenommen werden muss. Unternehmervarianten könnten, müssten aber nicht berücksichtigt werden. Eine Verpflichtung, Varianten zu verwirklichen, welche dem vorgegebenen Leistungsverzeichnis bzw. den Anforderungen der Projektinstanzen nicht genügten, bestehe nicht.

a) Auszugehen ist davon, dass der Staat wie jeder private Nachfrager bei Arbeitsvergebungen selbst bestimmt, was er bestellen will. Die dafür notwendigen Entscheide fallen in den gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren (z.B. Kreditbewilligung durch die Stimmbürger) und werden von den zuständigen Behörden getroffen. Was der Submission unterliegt, bestimmen die verantwortlichen Behörden und Verwaltungsstellen und nicht etwa die Anbieter. Der für einen demokratischen Staat typische Wettbewerb von Ideen und Meinungen findet in den dafür vorgesehenen Versammlungen, Abstimmungen usw. und nicht im Submissionsverfahren statt.

b) Umgekehrt ist im Auge zu behalten, dass die Submissionsverordnung ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, Varianten einzugeben (§ 7 Abs. 3 Verordnung über die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen [Submissionsverordnung] vom 6. Februar 1976, nGS IV-494/SubmV).

Auf diesem Hintergrund kann das Gemeinwesen Varianten genausowenig wie ein Privater, der sie zulässt (Art. 15 Abs. 3 SIA-Norm 118), einfach übergehen. Treu und Glauben gebieten sowohl im Privatrecht als auch im öffentlichen Recht, dass das erweckte Vertrauen nicht grundlos enttäuscht wird (Georg Müller, Kommentar BV, N 60 zu Art. 4 BV; BGE 116 Ib 187). Zumindest darf der mit einer Variante am Wettbewerb Teilnehmende eine sachliche Auseinandersetzung mit seinem Angebot erwarten. § 13 Abs. 2 SubmV gebietet daher auch, dass Varianten, die eine Änderung der Aufgabe oder ein neues Programm zur Folge haben, durch Umrechnung vergleichbar zu machen sind. Dieser Verpflichtung ist die Vorinstanz durchaus nachgekommen, hat sie sich doch intensiv mit den beiden im Streite stehenden Verbundsystemen einerseits und andererseits auseinandergesetzt.

c) Wann noch eine Variante und wann etwas völlig anderes angeboten wird, lässt sich im Einzelfall nicht ohne weiteres beurteilen. Aus dem Wortlaut von § 13 Abs. 2 SubmV kann immerhin geschlossen werden, dass nicht nur Abänderungen in der Herstellungsart, sondern auch solche des Projektes als Varianten zulässig sind (vgl. zu den Begriffen Projekt- und Herstellungsvariante: Peter Gauch, Der Werkvertrag, 3. Auflage, Zürich 1985, Rz 334; Peter Galli, Die Submission der öffentlichen Hand im Bauwesen, Diss. Zürich 1981, S. 64). Allerdings wird – je weiter sich eine Variante vom Leistungsverzeichnis entfernt – die Vergleichbarkeit zunehmend schwieriger (RRB Nr. 1973 vom 28. November 1986, EGV-SZ 1986, Nr. 40). Diese Nachteile hat zweifellos der Anbieter einer Variante mitzutragen. Er muss es akzeptieren, dass primär die Vergebungsinstanz die erforderliche Bewertung trifft und in Grenz- und Übergangsfragen auch zu seinen Ungunsten entscheiden kann. Die Folgen der Nichtbeweisbarkeit von Tatsachen bzw. der nicht ohne übermässigen Aufwand zu führenden Beweise hat zu tragen, wer eine Variante einreicht. Ihm ist dies eher zuzumuten als demjenigen, der sich an das Leistungsverzeichnis hält (RRB Nr. 1139 vom 21. Juni 1994).

(RRB Nr. 1524 vom 29. August 1995).

 

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Schulrecht

– Nimmt ein Kandidat in Kenntnis einer gesundheitlichen Störung an einer Prüfung teil, kann er sich nicht im nachhinein auf eine krankheitsbedingte verminderte Leistungsfähigkeit berufen, sondern muss das Prüfungsergebnis akzeptieren (Erw. 4).

Aus den Erwägungen:

4. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, gesundheitliche Probleme hätten verhindert, dass sein Sohn an der Aufnahmeprüfung normale Leistungen habe erbringen können. Es sei ihm deshalb zu gestatten, eine Nachprüfung zu absolvieren. Zur Stützung seines Beschwerdegrundes reichte der Beschwerdeführer zwei ärztliche Zeugnisse vom 20. März und 9. Mai 1995 ein, in denen ausgeführt wird, dass M. in der Zeit vom 6. bis 14. März 1995 (die Aufnahmeprüfung fand am 8./9. März 1995 statt) aufgrund einer akuten Erkrankung (Angina, kombiniert mit einer akuten beidseitigen Bindehautentzündung mit hohem Fieber) zu 100% arbeitsunfähig gewesen sei, diese Krankheit habe „einen deutlich behindernden Einfluss nicht nur auf körperliche, sondern vor allem auch auf intellektuelle Leistungen" gehabt.

Zur Diskussion steht somit nicht eine falsche Benotung der Prüfungsleistungen, sondern, ob die gesundheitliche Situation, in der sich der Bewerber damals befunden hatte, vorliegend in dem Sinne beachtet werden muss, dass dem Prüfling zu gestatten ist, die Prüfung zu wiederholen (nicht in Frage kommen kann eine nachträgliche Aufwertung der Prüfungsleistungen, denn wie sich die gesundheitliche Störung notenmässig ausgewirkt hat, lässt sich nicht feststellen [RRB Nr. 1863 vom 18. Oktober 1994, S. 11]).

b) Wenn ein Prüfling in Kenntnis allfälliger gesundheitlich bedingter Störungen an einer Prüfung teilnimmt, kann er sich im nachhinein grundsätzlich nicht mehr darauf berufen, sondern muss das Prüfungsergebnis akzeptieren. Denn es ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit nicht hinnehmbar, dass es ein Kandidat mit der Prüfung einfach einmal versucht, in der Erwartung, dass bei einem Misserfolg das Ergebnis nicht gewertet werde. In konstanter Rechtsprechung nehmen denn auch der Bundesrat sowie der Schweizerische Schulrat in ihrer Beschwerdepraxis an, dass das Risiko eines Misserfolges bewusst in Kauf nimmt, wer in Kenntnis einer bestehenden gesundheitlichen Störung eine Prüfung dennoch in Angriff nimmt oder fortsetzt. Da die massgeblichen kantonalen Rechtserlasse keine diesbezügliche Regelung beinhalten, hat sich der Regierungsrat der vorerwähnten Rechtsprechung angeschlossen (EGV-SZ 1987, Nr. 40 mit Hinweisen; RRB Nr. 1863 vom 18. Oktober 1994, S. 10; RRB Nr. 1748 vom 22. Oktober 1991, E. 2).

c) Obwohl sich der Sohn des Beschwerdeführers dieser Konsequenzen offenbar nicht bewusst war, kann auf das negative Ergebnis der Aufnahmeprüfung nicht zurückgekommen werden.

Die gesundheitlichen Störungen haben angeblich bereits zwei Tage vor dem Prüfungstermin begonnen. Trotzdem hat sich der Bewerber, anscheinend mit der Unterstützung der Eltern, dafür entschieden, die Prüfung zu absolvieren, da sich sein Zustand bis am Vortag nicht wesentlich verschlechtert habe. Den weitern Verlauf schildert der Beschwerdeführer wie folgt:

„…Als M. nach dem 1. Prüfungstag nach Hause kam, haben wir ihn befragt, und er hatte das Gefühl, es würde schon gehen. Am Morgen des 2. Prüfungstages hatte sich der Gesundheitszustand von M. verschlechtert, wir haben ihm aber gesagt, er solle die Prüfung fertig absolvieren. Zu diesem Zeitpunkt konnten meine Frau und ich den Grad der Krankheit unseres Sohnes nicht einschätzen und auch nicht beurteilen, ob sich die Krankheit letztendlich leistungsmindernd auswirkt. Am darauffolgenden Tag hatte sich der Zustand von M. wiederum verschlechtert, so dass er das Bett hüten musste. Die Krankheit hatte nun ihren Fortgang genommen und ist derart ausgebrochen, dass meine Frau mit M. am nächsten Tag, Samstag, 11.3.1995, zum Notfallarzt … zur Behandlung gehen musste. Ab 13.3.95 war M. bei Hrn. Dr. X. in Behandlung und musste Antibiotikum einnehmen …"

Nach Bekanntwerden des Prüfungsresultates hat der Beschwerdeführer mit der Kantonsschule Kontakt aufgenommen und die gesundheitlichen Störungen seines Sohnes während der Prüfung geschildert. Dort hat man ihn offenbar auf die Beschwerdemöglichkeit hingewiesen.

d) Dieser Ablauf macht deutlich, dass der Bewerber und seine Eltern das Risiko des Scheiterns mehr oder weniger bewusst in Kauf nahmen. Sie haben sich ja wegen den auftauchenden gesundheitlichen Störungen offensichtlich Gedanken darüber gemacht, ob deswegen die Aufnahmeprüfung absolviert werden könne. Man hat sich sogar nach dem ersten Prüfungstag erneut überlegt, ob es zweckmässig sei, die Prüfung am zweiten Tag fortzusetzen. Der Bewerber selbst hatte das Gefühl, „es würde schon gehen". Erst nach dem negativen Prüfungsbericht hat man die Krankheit als Entschuldigungsgrund ins Feld geführt.

Dem Bewerber und seinen Eltern musste jedoch bereits vor dem Prüfungstermin klar sein, dass zumindest physisch keine optimalen Prüfungsvoraussetzungen gegeben waren. Zumindest hätten sie deswegen bereits damals mit der Kantonsschule Kontakt aufnehmen müssen, wo man sie sicher über die Konsequenzen einer Prüfungsteilnahme bzw. über die Möglichkeit einer Verschiebung des Prüfungstermins aufgeklärt hätte (eine Prüfung ausserhalb des ordentlichen Termins wäre möglich gewesen, vgl. § 6 der Weisungen). Auf gar keinen Fall hätte der Bewerber jedoch am zweiten Tag die Prüfung fortsetzen dürfen, ohne die Schule bzw. die prüfungsabnehmende Person auf seinen Krankheitszustand aufmerksam zu machen. Eltern und Bewerber hätten auch deshalb vorsichtiger sein müssen, da sie ja aufgrund der durchschnittlichen Schulleistungen nicht annehmen durften, das Bestehen der Aufnahmeprüfung sei für M. eine Selbstverständlichkeit, zumal die Lehrerschaft von diesem eingeschlagenen Weg alles andere als überzeugt war.

Der ganze Ablauf und die Schilderung des Beschwerdeführers lassen zudem darauf schliessen, dass die Krankheit erst nach dem Prüfungstermin richtig ausgebrochen ist. Hätte der Bewerber schon damals hohes Fieber gehabt, hätte man ihn kaum zur Teilnahme an der Prüfung bewegt. Er selbst wäre hiezu auch kaum imstande gewesen.

e) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die im nachhinein geltend gemachten Krankheitssymptome auch im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf das Prüfungsergebnis haben können. Der Beschwerdeführer oder Bewerber hätte seine damalige gesundheitliche Verfassung vor oder während der Prüfung anzeigen müssen. Diese strenge Praxis muss aufrecht erhalten bleiben, weil es andernfalls ein Leichtes wäre, Prüfungsresultate nachträglich in Frage zu stellen. Der Schule ist allerdings zu empfehlen, den Bewerber vorgängig in den Unterlagen oder anlässlich der Prüfung auf die Konsequenzen einer Prüfungsteilnahme trotz gesundheitlicher Probleme aufmerksam zu machen.

(RRB Nr. 968 vom 30. Mai 1995).

 

62

Schulrecht

– Bemessungskriterien für Stipendien (Erw. 2/3).
– Berechnung des Elterneinkommens bei geschiedenen Eltern (Erw. 4a/b).
– Besondere persönliche Verhältnisse können auch in einer besonderen Situation der Eltern bestehen; vorliegend kannte der Vater des Gesuchstellers die steuerrechtlichen Folgen einer Umwandlung von Geschäfts- in Privatvermögen, weshalb für die Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern uneingeschränkt von der rechtskräftigen Steuerveranlagung auszugehen ist (Erw. 4c – f).

Aus den Erwägungen:

2. Nach § 6 Abs. 1 der Verordnung über Stipendien und Studiendarlehen vom 12. September 1975 (StipV, nGS VI-708) richtet sich die Höhe der Stipendien nach der wirtschaftlichen Lage der Eltern oder der unterstützungspflichtigen Verwandten, nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers, nach den Kosten des Studiums oder der beruflichen Ausbildung und nach den verfügbaren Mitteln (vgl. auch §§ 14 und 15 der Vollzugsverordnung zur Verordnung über Stipendien und Studiendarlehen vom 28. Oktober 1986, VVzStipV, nGS VI-709). Diesen Bemessungskriterien wird im Rahmen eines Punktesystems Rechnung getragen (§ 6 Abs. 2 StipV i.V.m. §§ 16–19 VVzStipV).

3. Der Beschwerdeführer anerkennt, dass er an sich keinen Anspruch auf Stipendien habe, soweit bei der Berechnung der finanziellen Leistungsfähigkeit seiner Eltern exakt auf deren steuerbares Einkommen der direkten Bundessteuer (Veranlagungsverfügungen 1993/94 vom 12. August 1993 und vom 15. Dezember 1994) abgestellt werde. Es seien indessen weitere Umstände zu berücksichtigen, welche für die Gewährung von Stipendien sprechen würden. So habe er während den letzten beiden Jahren jeweils Stipendien erhalten, da lediglich das Einkommen seiner geschiedenen Mutter massgebend gewesen sei. Infolge der revidierten stipendienrechtlichen Bestimmungen werde nunmehr auch das Einkommen seines Vaters berücksichtigt. Dieses Einkommen sei nun aber ungewöhnlich hoch, da im Zusammenhang mit der Gründung einer Kollektivgesellschaft ein Grundstück vom Geschäftsvermögen der bisherigen einfachen Gesellschaft ins Privatvermögen überführt worden sei, und diese Transaktion eine massive Steuerforderung ausgelöst habe. Unter Berufung auf § 14 lit. d und § 15 Abs. 4 VVzStipV verlangt nun der Beschwerdeführer, diesen Umständen gebührend Rechnung zu tragen.

4. a) Grundlage für die Bemessung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern ist das steuerbare Einkommen der direkten Bundessteuer gemäss rechtskräftiger Veranlagung (§ 16 Abs. 1 VVzStipV). Liegt die letzte Steuereinschätzung mehr als drei Jahre zurück, wird ein mögliches Stipendium solange als Darlehen gewährt, bis aufgrund der neuen rechtskräftigen Veranlagung das Stipendium berechnet werden kann (§ 16 Abs. 2 VVzStipV).

b) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, bislang sei für die Bemessung der finanziellen Leistungsfähigkeit lediglich auf das Einkommen seiner Mutter abgestellt worden, kann er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Mit Änderung vom 5. Juli 1994 (in Kraft seit 1. August 1994, vgl. ABl 1994, S. 1108ff.) wurde die Vollzugsverordnung zur Verordnung über Stipendien und Studiendarlehen (VVzStipV) teilrevidiert. Dabei ist eine neue Bestimmung eingeführt worden, wonach bei mündigen Bewerbern 60 Prozent des zusammengerechneten Einkommens der geschiedenen Eltern die Berechnungsgrundlage für die finanzielle Leistungsfähigkeit ergeben (§ 15 Abs. 1 lit. c VVzStipV). Da die Eltern des Beschwerdeführers geschieden sind, hat die Vorinstanz deren steuerbares Einkommen der direkten Bundessteuer gemäss rechtskräftigen Veranlagungen 1993/94 zu Recht zusammengezählt und davon 60 Prozent als Berechnungsgrundlage für die finanzielle Leistungsfähigkeit herangezogen. Die Vorinstanz hat sich nämlich an die vom Gesetzgeber vorgegebene Berechnungsweise zu halten, insbesondere auch an geänderte Berechnungsgrundsätze für die Stipendienbemessung. Das Abstellen auf die Steuereinschätzung gewährleistet im übrigen auch eine rechtsgleiche Praxis und ermöglicht der Stipendienbehörde eine einheitliche, wenig Aufwand verursachende und demzufolge entsprechend speditive Behandlung der zahlreichen Gesuche (RRB Nr. 1626 vom 19. September 1995; EGV-SZ 1992, Nr. 44).

c) Der Beschwerdeführer macht im weiteren geltend, die Einkommensverhältnisse seines Vaters (gemäss Veranlagungsverfügung 1993/94 vom 15. Dezember 1994) würden nicht dessen tatsächlicher Finanzlage entsprechen. Im Zusammenhang mit der Gründung einer Kollektivgesellschaft sei eine Liegenschaft aus dem Geschäftsvermögen der bisherigen einfachen Gesellschaft ausgelagert und in das Privatvermögen seines Vaters überführt worden. Dadurch sei sein steuerbares Einkommen stark angestiegen, was wiederum eine massive Steuerforderung ausgelöst habe. Diesen Umständen sei im Rahmen von § 14 lit. d und § 15 Abs. 4 VVzStipV gebührend Rechnung zu tragen.

d) Nach § 14 VVzStipV bilden folgende Kriterien Grundlagen der Stipendienbemessung: die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bewerbers, seiner Eltern und anderer gesetzlich Verpflichteter (lit. a), die Ausbildungskosten (lit. b), die Zahl der Geschwister und der Kinder des Bewerbers (lit. c), besondere persönliche Verhältnisse (lit. d). Besondere persönliche Verhältnisse des Bewerbers nach § 14 lit. d VVzStipV können ausnahmsweise dann berücksichtigt werden, wenn diese wesentliche und unabwendbare finanzielle Belastungen darstellen (§ 15 Abs. 4 VVzStipV). Zwar ist hier von den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers und nicht von denjenigen der Eltern bzw. der Elternteile die Rede. Eine besondere Situation bei den Eltern bzw. bei einem Elternteil kann jedoch ebenfalls eine solche für den Bewerber selbst sein, zumal die Stipendiengesetzgebung davon ausgeht, dass die Bewerber grundsätzlich von den Eltern unterhalten werden (§ 13 VVzStipV). Persönliche Verhältnisse können jedoch nur berücksichtigt werden, wenn sie aussergewöhnlich sind und den Bewerber in finanzieller Hinsicht belasten (RRB Nr. 1762 vom 13. Oktober 1992, RRB Nr. 1187 vom 5. Juli 1988).

e) Mit Schreiben vom 7. März 1995 ersuchte der Vater des Beschwerdeführers um einen Teilerlass der Kantons-, Bezirks- und Gemeindesteuern 1993 und 1994 (gemäss Veranlagungsverfügung vom 15. Dezember 1994). Zur Begründung wurde die bereits erwähnte Liegenschaftstransaktion angeführt, welche eine massive Steuerforderung ausgelöst habe, deren Begleichung nicht verkraftbar sei. Mit RRB Nr. 921 vom 23. Mai 1995 wies der Regierungsrat das Steuererlassgesuch ab. Begründet wurde dieser Entscheid insbesondere damit, dass der bevollmächtigte Steuervertreter die steuerrechtlichen Folgen der erwähnten Transaktion kannte und den Vater des Beschwerdeführers auch entsprechend orientierte.

f) Kannte der Vater des Beschwerdeführers die steuerrechtlichen Folgen des erwähnten Rechtsgeschäfts, mithin auch die damit verbundenen stipendienrechtlichen Auswirkungen, so stellt es nichts Aussergewöhnliches dar, dass der Beschwerdeführer, gestützt auf die aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seines Vaters bzw. seiner Eltern (steuerbare Einkommen der direkten Bundessteuer) derzeit keinen Anspruch mehr auf Ausrichtung von Stipendien geltend machen kann. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. Für die Finanzierung seines letzten Studienjahres kann im übrigen auf die in der Vernehmlassung der Vorinstanz erwähnten Möglichkeiten verwiesen werden (Aufnahme eines Ausbildungskredites bei einer Bank, Aufnahme eines Darlehens bei Angehörigen).

(RRB Nr. 2017 vom 21. November 1995).